Januar 1990
"Warum immer
ich?"
Liebe Gemeinde,
letztes Jahr habe ich von Herrn Dekan die oben abgebildete
Karte als Weihnachtsgruß bekommen: "Wen der liebe Gott einmal bei der
Arbeit erwischt hat, dem schickt er laufend neue...“. Die Wahrheit, die hinter
diesem Satz steckt, kennt jeder von uns. Es ist vielleicht die Antwort auf die
Frage von vielen: "Warum immer ich?" Unter den Aktiven heißt es:
Immer die Gleichen. Es stimmt beim Gemeindefest, bei einem Arbeitseinsatz oder
bei der Vorbereitung eines Feiertagsgottesdienstes. Auch in den Familien und
Vereinen können wir feststellen, dass es immer die Gleichen sind, die alles
machen.
Es gibt Menschen, die nur an sich denken. Sie haben nie Zeit
für andere. Was einige jedes Mal oder immer wieder sagen, kennt jeder:
"Wir sind nicht da", "Wir fahren fort", "Ich habe
etwas anderes vor" oder einfach "Ich habe keine Zeit". Ich kenne
aber in unserer Gemeinde auch Gemeindeglieder, die von Zeitmangel kaum reden,
die fast immer Zeit haben, für gemeinsame Aktivitäten in der Gemeinde oder für
die Nachbarn oder Menschen in Not. Das sind nicht immer Rentner oder
Arbeitslose, sondern solche, die wie fast jeder andere, berufstätig sind, die
eine Familie haben, auch mit kleinen Kindern.
Gott gibt uns noch ein Jahr -1990. Nicht alle, die das Jahr
1989 erlebt haben, erleben das neue Jahr. Die Jahre unseres Lebens sind ein
Geschenk Gottes, wofür wir immer dankbar sein sollten. Viele von uns haben
ihren Kalender schon voll. Man hat ein erfülltes Leben, nicht wenn alle
Eintragungen im Kalender erledigt sind - das kann man nie, denn jedes Jahr
kauft man neue und plant weiter -, sondern, wenn das getan ist, was Gott von
uns will. Ein Jahr, in dem Gott uns auch Arbeit gibt, die für das Wohl der
Mitmenschen dienen soll, wünsche ich uns allen. Zeit hat jeder, es geht nur
darum, wie man sie einteilt. Ein paar Stunden, - MINDESTENS ---???---
STUNDEN -, sollten wir für Gott und Gottes Sache Zeit haben. Gott segne uns
auch in diesem neuen Jahr.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Februar 1990
Drei wichtige
Entscheidungen
Liebe Gemeinde,
vom Morgen bis Abend treffen wir Entscheidungen, einige sind
klein und selbstverständlich, andere wichtig und zwar sehr, d.h. von Bedeutung.
Wenn man aufsteht, trifft man z. B. die Entscheidung, wie man sich bekleidet.
Wer weiß nicht, dass man vieles gewohnheitsmäßig tut, ohne eine Entscheidung bewusst
zu treffen. Auch im ganzen Leben ist es nicht anderes: Wir treffen viele
Entscheidungen. Einige sind lebenswichtig, andere wiederum klein und
unbedeutsam. Man kann sagen, dass das Leben eine Zusammenstellung von
Entscheidungen ist, und dass der Erfolg oder das Misslingen des Lebens von den
Entscheidungen abhängig ist. Eine richtige Entscheidung an der richtigen Stelle
und in der richtigen Zeit kann vieles erleichtern und zum Erfolg führen und
eine falsche kann alles kaputt machen.
Auch in vielen Bereichen, in denen wir alles automatisch und
selbstverständlich tun, können wir anders handeln. Darum gibt es verschiedene
Formen von Verhalten und Tun. Die verschiedenen Religionen bestätigen, dass
nicht alle das Gleiche glauben müssen; die verschiedenen Kulturen billigen, dass
es für das Leben viele Formen gibt.
Jeder trifft im Leben drei wichtige Entscheidungen: Religion,
Beruf und Berufung. Die Entscheidung in diesen drei wichtigen Bereichen des
Lebens ist die Grundlage für das Leben.
Bei einigen könnte es sein, dass sie diese Entscheidungen
nicht so bewusst gemacht haben oder jemand anderer für sie die Entscheidung
getroffen hat. Ein erwachsener Mensch trifft die Entscheidung selber oder
bestätigt die Entscheidung der anderen und übernimmt die Verantwortung.
Menschen, welche die gleiche Entscheidung in Sache des
Glaubens getroffen haben, gehören zu einer bestimmten Religion. Die Christen,
bzw. Katholiken haben eine bestimmte Form des Lebens und wir als erwachsene und
zivilisierte Menschen sind verpflichtet, wenn wir zu dieser Entscheidung
stehen, diese Form des Lebens anzunehmen.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
März 1990
Wie man mit seiner
Schuld umgeht:
1. Man kann sie auf jemand anderen abwälzen..
2. Man kann seine Schuld eingestehen, sich zu ihr bekennen...
3. Man kann versuchen, seine Schuld zu beschönigen..
4. Man kann seine Schuld verbergen oder vertuschen...
(Auer - Ich bin da -Religionsbuch 4)
Liebe Gemeinde,
sich selbsterklärend sind die oben abgebildeten Zeichnungen.
Was wir bei den Menschen nach einer Sünde erleben, ist vielerlei. Einige suchen
nach Ausreden, um ihre Schuld zu mindern oder gar auszuradieren. Andere sehen
in ihren bösen Taten gar nichts Übles; nicht sie, sondern die Gesetzgeber sind
daran schuld, denken sie. Andere sehen die Schuld nur in anderen, sie selber
sind überhaupt nicht verantwortlich, denken sie.
Nun beginnt die Fastenzeit. Die Kirche bittet
uns, in uns zu schauen. Die ganze Zeit sind wir nach außen
orientiert. Was im Haus fehlt, das wird uns gleich klar; wir beobachten alles.
Was überall angeboten wird, sehen und hören wir auch. Was in der Welt allgemein
passiert, ist uns kaum unbekannt. Die Zeitungen, die Medien, die vielerlei
Werbesendungen zwingen unseren Blick nach außen. Wie es in meinem Haus oder in
meiner Wohnung aussieht - das kann man leicht erkennen und das tun wir auch.
Aber wie sieht es tatsächlich in mir aus? Das
entdecken wir nicht so schnell. Dazu brauchen wir scharfe Augen nach innen -
wir brauchen Besinnung. Die Fastenzeit, in der wir uns jetzt befinden, hilft
uns, in uns zu schauen und wenn etwas fehlt, alles wieder gut zu machen.
Der erste und wichtigste Schritt, um einen Fehler zu
korrigieren, ist das Eingestehen. Man ist versucht, Ausreden und
Entschuldigungen zu finden. Öfters sind
wir selber schuld, nicht Gott, der uns Anweisungen gegeben hat, oder die
Kirche, die die Gebote Gottes verkündet. Wer denkt schon, dass das Radar schuld
ist, dass man für die Überschreitung der Geschwindigkeitsgrenze Bußgeld
bezahlen muss?
Ein "Tut mir leid" hilft uns
eher als viele Ausreden. Ein Ausreden ist öfters
Zeitverschwendung; Ausreden kann man vor anderen Menschen vorbringen; aber, um
das eigene Gesicht zu retten, sind sie weder für sich selbst noch vor Gott
gültig. Bereuen beruhigt und rettet uns.
Die Fastenzeit hilft uns und gibt uns Anlass, nachzudenken.
Wir wollen in uns schauen und versuchen,
unsere Fehler einzugestehen, vor uns selber, vor
Gott und wenn es sein soll, vor unseren Mitmenschen. Prüfstand ist
die Anweisung Gottes. Keiner von uns ist vollkommen.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
April 1990
Ein ewiges Leben bei
Gott?
Liebe Gemeinde,
einige meinen, dass die Kirche es sich leicht macht, in dem
sie sagt: "Im Himmel wird alles anders"; "Nach dem Tod wird
alles Leid vergehen", oder "Das wahre Glück ist im Himmel". Ist
der Gedanke vom Himmel eine Ausrede oder eine Hoffnung?
1. Nicht nur die Christen, sondern alle Religionen der Welt
haben seit uralter Zeit ein schönes Leben nach dem Tod als ihr Hauptthema.
2. Es ist nicht leicht, mit Überzeugung über das Himmelreich
zu sprechen. Kein Mensch hat es gesehen, wir müssen auf die Verheißung Jesu
unsere Hoffnung aufbauen. Viel Glaube ist nötig, unser Leben nach dem Himmel zu
orientieren.
3. Wenn man an das Versprechen Jesu glauben kann, ist der
Himmel kein billiges Versprechen oder Trost, es ist eine konkrete Antwort auf
viele unserer Fragen, die ohne Himmel keine Antwort bekommen können.
4. Ein ewiges Leben bei Gott gibt Sinn für Leid und Durchhalten
im Glauben, denn wir haben hier auf der Erde nicht das Schönste, wir sind
unterwegs, das Schönste zu bekommen.
Eine Garantie für den Himmel haben wir: Die Auferstehung
Jesu. Jesus Christus ist unser Garant. Wir glauben, dass Jesus von den Toten auferweckt
wurde. In wenigen Tagen feiern wir das Osterfest, die Erinnerung
an das größte Ereigniss der Welt. Der Apostel Paulus schreibt im Korintherbrief
"Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube
nutzlos" (1 Kor 15,17). Die Auferstehung Jesu ist das Zentrum unseres
Glaubens, denn davon ist alles andere abhängig. Unsere eigene Auferstehung ist
die wichtigste und größte Hoffnung unseres Lebens, die das Leben langfristig
sinnvoll macht. Wir sind unterwegs zu einem Leben mit Gott und werden auch
auferstehen - das wird uns in diesen Tagen von Ostern verkündet. "Wie
Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so
sollen auch wir als neue Menschen leben. Wenn wir nämlich Ihm gleich geworden
sind in seinem Tod, dann werden wir mit Ihm auch in seiner Auferstehung
vereinigt sein" Röm (6,4b-5).
Eine besinnliche Karwoche und ein hoffnungsvolles Osterfest
wünsche ich Ihnen allen.
George
chelappurath, Pfarrer
Mai 1990
Die
Grundüberzeugung
Liebe Gemeinde,
"Ich bete, wenn ich das Bedürfnis danach habe; ich gehe
in die Kirche, wenn ich mich dazu genötigt fühle", - hören wir nicht immer
wieder solche Denksprüche, die man als Ausrede bzw. Erklärung des Nicht-Betens
oder nicht-am-Gottesdienst-teilnehmens redet?
Viele sind der Meinung, dass man alles aus Überzeugung tun
soll, nicht einfach aus Tradition, Gewohnheit oder nur, damit die anderen Leute
es sehen.
Diese Leute haben recht, indem sie sagen: Man muss aus
Überzeugung beten, aus Überzeugung in die Kirche gehen; man muss das Bedürfnis haben, um zu beten,
man muss sich für das Gebet genötigt fühlen.
Der Mensch aber tut nicht alles aus Gefühl. Er hat auch
Verstand und Vernunft.
Geht man zur Arbeit, nur wenn man das Geld braucht? Aus der
Überzeugung, dass man Geld braucht, nimmt man eine Stelle an und arbeitet nach
Plan, nicht nach Bedürfnis und Gefühlen. Die Kinder gehen in die Schule, nicht,
wenn sie die Laune dazu haben, sondern nach einem festen Plan. Die
Grundüberzeugung für eine richtige Ausbildung ist entscheidend, nicht die
momentane Stimmung.
Wir sagen, dass ein wichtiges Merkmal der Menschen ist, dass
sie planen können. Der Mensch lernt seine Gefühle zu kontrollieren und wenn
nötig, zu unterdrücken und nach Verstand und Vernunft zu leben. Gilt das nicht
auch für das religiöse Leben?
Die Grundüberzeugung ist entscheidend, nicht die momentanen
Gefühle. Man ist überzeugt, dass man von Gott abhängig ist; man ist der
Meinung, dass man auch in der Gemeinschaft beten soll. Man hat das Bedürfnis
für Gebet. Aus dieser Grundeinstellung plant man sein Leben und die
alltäglichen Aktivitäten laufen nach der Planung, nicht nach Gefühl. Man legt
vorher fest, wann man beten soll, wann man am Gottesdienst teilnehmen soll, und
wie es geschehen soll. Sind unsere Ausreden immer logisch?
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Juni 1990
Die Glücklichere
Liebe Gemeinde,
vor vier Wochen war ich mit einer Gruppe aus unserer Gemeinde
in Rom. Als wir dort vor einem riesigen Gebäude standen, und die Führung uns
erklärte, wie schön dieses Gebäude ist, wie es gebaut wurde usw., habe ich
jemanden (nicht aus unserer Gruppe) gehört, der sagte: "Ein Monument der
Unterdrückung - wie viele Sklaven und Arme haben hier ihr Leben geopfert!"
Als wir Andenken kaufen wollten, konnten wir Hunderte von
Geschäften sehen, die religiöse Gegenstände verkauften. Wunderschöne Sachen
konnte man dort kaufen. Aber auch dort konnte man die Kritik der Menschen
hören: "Mit Gottes Sache macht man Geschäfte. Alles ist
Geldmacherei."
In den Katakomben konnte man Touristen sehen, für die nur das
System der Beerdigung in den ersten Jahrhunderten interessant war. Die Hunderte
von Märtyrern, die dort begraben wurden, hatten für sie keine Bedeutung.
Was wir erlebten, ist die Tatsache. Man kann Wunder der
Architektur und Kunst sehen, aber nicht alles ist durch gerechte Mittel
erreicht worden. Dass man mit der Religion Geschäfte macht, kann man nicht
übersehen, aber wie ist es, wenn keiner Geschäfte macht? Wo können wir dann z.
B eine Bibel kaufen, wenn keiner sie druckt und verkauft?
Kritik hört man nicht nur in Rom, sondern auch bei uns hier.
Wie ist es mit den Mitarbeitern unserer Gemeinde? Einige sehen schon die
geleistete Arbeit und sind dafür dankbar. Andere sehen nur die Fehler der
Arbeit und schimpfen darüber.
Wenn die Kirche etwas Schönes baut, fragt man: Warum
verschwendet man so viel Geld? Könnte man nicht das Geld den Armen geben? Wenn
man Paläste bauen will, gibt man die Antwort, dass man dadurch Arbeit schafft
und das Geld doch zu den einfachen Arbeitern kommt, die bei dieser oder jener
Firma tätig sind.
Die Meinungen und Einstellungen sind unterschiedlich und ob
eine Beurteilung falsch oder richtig ist, kann man schwer sagen. Irgendwo habe
ich etwa folgendes gelesen: "Glücklicher ist der, der aus den Fehlern von
anderen lernen kann (denn er braucht selbst nichts riskieren); gescheiter, wenn
er aus eigenen Fehlern etwas lernt und dumm, wenn er weder von den Fehlern von
anderen noch von den eigenen etwas lernt." Zu welchen gehören wir?
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Juli 1990
Zeit der Ruhe
Liebe Gemeinde,
als Kind hatte ich einen Geschäftsmann gut gekannt. Er kam
jeden Tag (auch am Sonntag) früh morgens in seinen Laden und ging spät abends
nach Hause. Sein Geschäft ging gut, und er hatte viel Geld. (Er lebt immer noch
und ist einer der Reichsten, den ich persönlich kenne.) Am Anfang habe ich ihn
bewundert, aber nach einiger Zeit, als ich etwas nachdenken konnte, habe ich
mich immer wieder gefragt: Wozu braucht er soviel Geld? Ich habe ihn immer
wieder in seinem Laden gesehen, stehend seinen Kaffee trinkend und
"vespernd", weil er keine Pause machen konnte. Er hatte keine Zeit,
etwas ruhig zu essen oder etwas Lustiges zu unternehmen. Ein großes Haus hatte
er, aber in dem Haus war er selten - immer unterwegs, selbstverständlich
geschäftlich.
Was ist besser? Ein kleines Haus und Zeit, darin zu wohnen
oder ein großes Haus und keine Zeit, darin zu wohnen? Was ist besser: Fünf
schöne Stühle im Wohnzimmer und keine Zeit, darauf zu sitzen oder ein Stuhl und
genug Zeit, darauf zu ruhen? Es gibt Menschen, die, um ein großes Auto zu
finanzieren, die ganze Freizeit arbeiten, aber sie haben keine Zeit, mit diesem
Auto zu fahren. Hätten sie ein kleines Auto gekauft, hätten sie wohl mehr
Freizeit gehabt.
Man sollte einfach Mitleid haben mit den Menschen, die für
sich keine Zeit haben. Jeden Tag einige
Stunden der Ruhe, jede Woche ein oder zwei Tage für die Familie und Hobbys und
jedes Jahr ein paar Wochen für Erholung und Besinnung sollte jeder Mensch
haben. Arbeit und Geld sind für das Leben, nicht umgekehrt. Ein Schicksal kann
das Leben durcheinander bringen, aber wenn man selbst entscheiden kann, sollte
man das Leben auch mit Freizeit planen.
In wenigen Wochen beginnen die Schulferien. Viele haben ihren
Urlaub schon geplant. Wie ist es, wenn man auch in die Ferien mit dem
Terminkalender geht, immer unter Zeitdruck bleibt? Was ist besser: Weniger
sehen und ruhig bleiben oder Vieles sehen und hektisch werden? Irgendwann
sollte man sagen können: Es genügt mir. Man kann immer nach besseren
Lebensbedingungen streben, aber man sollte dadurch das Leben selber und die
Familie nicht kaputt machen.
Von Jesus lesen wir im Lukasevangelium: "Sein Ruf
verbreitete sich immer mehr, sodass die Menschen von überall herbeiströmten.
Sie alle wollten ihn hören und von ihren Krankheiten geheilt werden. Doch er
zog sich an einen einsamen Ort zurück, um zu beten" (Lk 5,15-16). Wir
werden kaum fertig mit den vielerlei Aufgaben, die wir erfüllen wollen.
Trotzdem müssen wir auch eine Zeit der Stille finden.
Immer wieder eine Zeit der Ruhe und Besinnung wünsche ich uns
allen.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
September 1990
Maßstäbe für unsere
Entscheidungen
Liebe Gemeinde,
wer ist daran schuld, dass einer etwas Unnötiges kauft: die
Firma, die diese Ware produziert oder der, der die Entscheidung, so etwas zu
kaufen, getroffen hat? Wer ist daran schuld, dass einer in der Karwoche, vor
allem am Karfreitag eine Vergnügungsreise macht: der Reiseunternehmer, der
diese Reise organisiert oder der, der diese heiligen Tage nur als Urlaub sieht?
Wer ist daran schuld, dass man am Sonntagvormittag, in der Zeit des
Gottesdienstes zu einer Freizeit-Veranstaltung geht: die Vereine oder die
Organisation, die so etwas veranstalten oder der, für den der Sonntag kein
FEIER-Tag, sondern nur ein freier Tag ist?
Wenn man eine Arbeit sucht, denkt man nach, ob diese Arbeit
zu einem passt, im Hinblick auf Fähigkeiten, Ausbildung, Familienstand usw. Für
die Entscheidung ist auch maßgebend, wie diese Arbeit zu den anderen Aufgaben
und Interessen passt? Man nimmt nicht jedes Angebot gedankenlos an.
Auch wenn man einen Freund oder eine Freundin sucht, fragt
man sich, ob er oder sie zu einem passt? Wenn man einen Mitarbeiter oder eine
Mitarbeiterin braucht, sucht man auch sorgfältig aus. Wie sorgfältig sucht man
passende Gardinen, Tapeten, Teppiche, Möbel und anderes aus!
Auch als Christen sollten wir ab und zu überlegen, ob eine
Arbeit, eine Freizeitbeschäftigung oder eine Bekanntschaft zum eigenen
christlichen Leben passt. Eine Vergnügungsfahrt in der Karwoche kann jemand von
anderen Religionen unternehmen, aber nicht ein Christ. Alle Angebote von
Geschäftsleuten und Vereinen sind nicht für jedermann. Wenn man eine Stelle
sucht oder in einen Verein eintritt, muss man sich Gedanken machen, wie es zu
einem als Christ, als Vater oder Mutter usw. passt. Es gibt viele Maßstäbe für
unsere Entscheidungen und je vernünftiger
und intelligenter ein Mensch ist, desto besser kann er die verschiedenen
Maßstäbe in Betracht ziehen, wenn er etwas unternimmt. Wenn wir nun nach den
Ferien bzw. dem Urlaub ein neues Arbeitsjahr planen, sollten wir auch unsere
Berufung, unseren Familienstand, Beruf und Religion und andere besondere
Aufgaben berücksichtigen, sonst planen wir falsch.
Viel Freude in den vielen Aufgaben, und den Mut und die
Bereitschaft, die Tätigkeitsbereiche einzuschränken, wünsche ich uns allen.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Oktober 1990
"WELTMISSIONSSONTAG"
Liebe Gemeinde,
"Ein Baum "Ja", aber nicht vor meinem
Haus", im Herbst will ich kein Laub zusammenfegen. Der Baum sollte vor dem
Haus des Nachbarn stehen! Ist Christentum auch so etwas?
Man hört: "Christ sein "Ja", aber nicht bei
mir und in meiner Familie". Gibt es Menschen in unserer Umgebung, die so
denken und sich so verhalten? Es wäre gut, dass alle Menschen Christen wären,
denn sie könnten diese Erde wirklich zum Paradies machen! Wer sonst verkündet
so radikal und konsequent die Gleichheit und die Geschwisterlichkeit aller
Menschen? Ganz toll, kann man sagen und allen begeistert zu empfehlen, Christ
zu sein. Aber wenn es einen persönlich betrifft, hat man viele Einschränkungen.
Geschwisterlichkeit ist ein tolles Wort, aber wenn man vom eigenen Gehalt
teilen soll, ist es nicht so einfach. Wer hat etwas gegen Nächstenliebe? Wenn
es um Teilung der Freizeit geht, ist sie nicht so leicht.
Die Apostel konnten das Christentum mit Begeisterung annehmen
und mit Martyrium erfüllen, was ihr Herr ihnen gesagt hatte: "Geht hinaus
in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen" (Mk
16,15).
In einigen Tagen feiern wir den "WELTMISSIONSSONTAG".
An diesem Tag erinnern wir uns an den Auftrag Jesu, das Evangelium allen
Menschen zu verkünden. Obwohl einige diesen Auftrag Jesu als für andere
Menschen sehen, wenn für sie das Christentum nur eine EXPORTWARE ist, sollte
man auch verstehen können, dass es andere Menschen gibt, die ihren Glauben und
ihre Einstellung unter uns verbreiten wollen.
Obwohl einige sich schämen, zu Hause oder in der Familie über
Gott zu reden, gibt es Menschen auch in unserer Umgebung, die keine Hemmung
haben, von Haus zu Haus und am
Marktplatz zu predigen oder stillschweigend
in der Öffentlichkeit Menschen einzuladen, an Gott zu denken.
Wenn man sich selber keine Zeit nimmt, mindestens einmal am
Tag ein paar Minuten zu beten, muss man sehen und verstehen können, dass es
Menschen gibt, die mehrmals am Tag in der Öffentlichkeit zu beten bereit sind.
Es geht nicht darum, ob man religiös sein soll oder nicht,
sondern was für eine Religion man haben möchte. Die Sehnsucht nach etwas
Größerem bleibt in jedem Menschen. Kein Wunder, dass einige Jugendliche in den
Sekten und Glaubensgemeinschaften, in der Bhagavanbewegung und Satansanbetung
ihre Ruhe und Erfüllung suchen. Was wir versäumen, erledigen andere, aber
vielleicht in einer Form, die wir uns kaum vorstellen können. Gleichgültigkeit
hat keine Chance auf die Dauer. Wenn wir nicht versuchen, unseren Glauben in
unseren Familien und in unserer Gemeinde zu leben und zu verbreiten, wird die
nächste Generation andere Formen finden. Ist es uns gleichgültig, was unsere
Kinder und Kindeskinder glauben und wie sie leben werden? Der Weltmissionssonntag
ist eine Einladung auch an uns alle, unseren Glauben in unserer Umgebung zu
bezeugen und zu verbreiten.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
November 1990
Heimkehr zu Gott
unserem Vater
Liebe Gemeinde,
seit wir das Fest Allerheiligen und Allerseelen letztes Jahr
gefeiert haben, sind 26 Gemeindeglieder von uns in die ewige Heimat gegangen.
Obwohl alle dieser Verstorbenen davon wussten, dass der Tod jederzeit bei ihnen
eintreffen könnte, können wir uns vorstellen, dass kaum jemand damit gerechnet
hat, dass sie dieses Jahr diese Feste nicht mit uns feiern werden. Bei einer
Beerdigung beten wir jedes Mal "besonders für den aus unserer Mitte, der
als erster dem Verstorbenen vor das Angesicht Gottes folgen wird". Dabei
denken die meisten, dass das Gebet für jemand anderen ist; es ist sehr schwer
zu denken, dass das Gebet für einen selbst sein könnte.
Der Monat November mit seinen Feiertagen macht uns wieder bewusst,
dass unsere Lebenszeit jeden Tag kürzer wird. Der Mensch will leben, aber ihm
wird gesagt, dass er auf der Erde nur noch ein paar Jahre hat oder vielleicht
nur noch ein paar Monate oder Stunden. Die grauen Haare kann man einfärben und
Falten im Gesicht mit verschiedenen Mitteln verstecken. Mit Schminken und
modischer Kleidung kann man das richtige Alter auch verstecken und man kann
versuchen, keinen Anlass zu geben, über das richtige Alter zu sprechen. Durch
Gymnastik und Sport kann man, auch im fortgeschrittenen Alter, in guter Form
bleiben. Gibt es etwas gegen "Älterwerden"?
Wie ernst machen wir uns Gedanken darüber, wie es sein
könnte, wenn der Tod zu uns unerwartet kommen sollte? Wenn ein Gast unerwartet
kommt, kann man schon sagen: "Tut mir leid, ich habe jetzt etwas ganz
Wichtiges vor." Aber wenn der Tod vor uns steht, müssen wir ohne
"Wenn" und "Aber" "Ja" sagen, alles liegen lassen
und dieses Leben hier verlassen.
Der Gedanke an den Tod sollte uns nicht ängstlich machen,
sondern uns helfen, sich auf ihn vorzubereiten. Denn der Tod ist für uns
Christen nicht nur das Verlassen dieser Welt, sondern auch Heimkehr zu Gott
unserem Vater. Jesus, der
Auferstandene, steht vor uns, uns zu empfangen. Die Menschen, deren wir im
diesem Monat gedenken, sind schon bei Ihm und wir sind unterwegs zu ihnen und
zu unserem Gott.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Dezember 1990
Damit es Weihnachten
wird
Liebe Gemeinde,
wenn man in diesen Tagen in die Läden geht, bekommt man schon
den Eindruck, dass für die Geschäftsleute Weihnachten fast vorbei ist. - Von
den schönen Weihnachtssachen gibt es fast nichts mehr, und eine Nachbestellung
wird kaum mehr angenommen. Vielleicht ist es nicht ganz übertrieben, dass die
Leute vor dem ersten Adventsonntag ihre Weihnachtsgeschenke aussuchen und die
Grußkarten fertig haben, denn man hat nun Zeit für die innerliche Vorbereitung
auf das Kommen des Herrn. Ich möchte Sie einladen, durch mehr Gebet und
Besinnung sich auf Weihnachten vorzubereiten und vor allem sich mehr Zeit zu nehmen,
den Kindern oder den Enkeln etwas von der Geburt Jesu zu erzählen.
In der Weihnachtslesung aus dem Buch Jesaja heißt es:
"Das Volk, das im Dunkel lebt, schaut ein großes Licht; über denen, die im
Land der Finsternis wohnen, erstrahlt ein Licht" (Jes 9,1).
Dass Menschen in Finsternis leben, ist uns nicht mehr
unbekannt. Die Folgen der Finsternis sind uns bewusst: man sieht nicht, wo man
steht, hat keine Ahnung von der Umgebung und weiß nicht, welche Richtung man
gehen soll. Jesus, der Gottessohn, der in die Welt kam, und dessen Geburtsfest
wir am 25. Dezember feiern, erhellt unsere Herzen. Er zeigt uns unsere
Eigenart, dass wir Kinder Gottes sind. Jesus zeigt uns, wer um uns herum lebt -
alle sind unsere Geschwister. Er zeigt uns, wo wir stehen. Die wunderschöne
Natur ist die Gabe des himmlischen Vaters an seine Kinder, damit sie sich
freuen. Als Orientierung gibt er uns das Himmlische Jerusalem, wo es keine
Trauer mehr gibt. Das Licht, das in die Welt kam, erstrahlt nicht nur ein paar
Kilometer über uns, sondern über die ganze Welt und alle, die darin wohnen. Es
gibt uns einen Überblick über uns und über die ganze Wahrheit. Den Menschen,
die in unserer Zeit unter Zugehörigkeitskrisis und Orientierungslosigkeit
leben, ist Weihnachten ein Fest der Hoffnung und ein Tag der Wegweisung. Sie
sollen aber die Einstellung der Hirten sich zu Eigen machen: "Komm, wir
gehen nach Bethlehem, um dieses Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan
hat" (Lk 2,15).
Das wünsche ich uns allen, dass wir das Ereignis der Geburt
Jesu neu entdecken. Ein paar besinnliche Stunden in der Adventszeit und ein
gesegnetes Weihnachtsfest wünsche ich uns allen.
George
chelappurath, Pfarrer