Januar
1991
Mit Deiner
Hilfe
Liebe Gemeinde,
"Gott segne uns alle auch in dem neuen Jahr
1991" - so möchte ich meinen Wunsch für uns zusammenfassen und uns alle am
Beginn des neuen Jahres der Gnade Gottes empfehlen.
Mit vielen Wünschen und Plänen beginnen wir das
neue Jahr. Einige haben für die kommenden Monate etwas ganz Wichtiges vor und
andere werden Überraschungen erleben. "Immer dasselbe" ist der
Gedanke bei manchen an Silvester. Nicht wenige sind ängstlich - sie wissen
nicht, wie es weitergehen soll. Während einige alles besser haben möchten, sind
andere zufrieden, wenn alles so bleiben würde, wie sie es jetzt haben.
Einen Text aus dem Jakobusbrief möchte ich für uns
zur Besinnung zitieren: "Ihr aber, die ihr sagt: Heute oder morgen werden
wir in diese oder jene Stadt reisen, dort werden wir ein Jahr bleiben, Handel
treiben und Gewinne machen -, ihr wisst doch nicht, was morgen mit eurem
Leben sein wird. Rauch seid ihr, den man eine Weile sieht; dann
verschwindet er. Ihr solltet lieber sagen: Wenn der Herr will, werden wir
noch leben und dies und jenes tun."
Gott hat uns nicht alles fertig in die Hand
gegeben, wir müssen planen und arbeiten. Viele haben jetzt schon ihren
Terminkalender für 1991 voll. Aber das, was wir durch unsere Leistung
erreichen, ist nicht nur unser Verdienst, sondern auch die Gnade Gottes, für
die wir immer wieder bitten und dankbar sein sollten.
Darum möchte ich mit Ihnen beten: "Gott, unser
Vater, mit Dir wollen wir das neue Jahr beginnen. Erleuchte uns, damit wir
erkennen, was recht ist, und es mit Deiner Hilfe auch tun. Segne im
neuen Jahr unsere Arbeit; sei unser Schutz in Gefahr und unsere Zuflucht in
Angst. Herr bleibe bei uns."
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Februar
1991
Einsatzbereite
Leute im Gemeindeleben
Liebe Gemeinde,
sie kennen vielleicht das Sprichwort: "Wenn
der Engel nicht sitzt, wo er sitzen sollte, nimmt der Teufel seinen
Platz". Um diese Wahrheit festzustellen, brauchen wir nur mit offenen
Augen um uns herum zu schauen. Was alles geht schief, weil ungeeignete Leute in
den leitenden Positionen sitzen, unkompetente Menschen beraten oder
Unzuverlässige die Verantwortung übernehmen! Wenn es um eine Aufgabe geht, ist
es das Wichtigste, die geeigneten Leute zu finden. Wenn einer zurücktritt, der
geeignet und fähig ist, bekommt man vielleicht einen anderen, der nicht so
passend ist und dann könnte eventuell vieles schief gehen.
Sie haben schon von unserer Kirchengemeinderatswahl
am 17. März 1991 gehört. Es werden Leute gewählt, die für die nächsten fünf
Jahre in der Verwaltung und Seelsorge in unserer Gemeinde mitreden,
mitentscheiden und die Verantwortung mittragen. Die kommende Amtsperiode des
Kirchengemeinderates ist für unsere Gemeinde besonders wichtig, denn wir
beginnen bald mit dem Bau des Gemeindehauses. Dann haben wir die Möglichkeit,
einige außergottes-dienstliche Aktivitäten in der Gemeinde aufzubauen. Eine
große und sehr ernste Aufgabe für die neuen Kirchengemeinderäte.
Entweder muss man sich damit abfinden, dass die
Arbeit und die Aufgaben so erledigt werden, wie es zur Zeit ist, oder bereit
sein, mitzumachen, um manches besser zu gestalten. Schimpfen oder das Existierende
durch brutale Kritik kaputt machen kann jeder; dazu braucht man weder
Sachkenntnis, noch viel Einsatz. Aber um etwas aufzubauen, muss man Opfer
bringen und sich mit Geduld und Liebe einsetzen. Ein Haus in Brand setzen kann
ein Kind, aber ein Haus bauen verlangt kluge Planung und viel Arbeit.
Jeder von uns hat eine einmalige Rolle, in der
Familie und in der Gemeinde. Es könnte sein, dass das kaum ersetzt wird, was
wir versäumen. Einsatzbereite Leute im Gemeindeleben können wir nie genug
haben. Gottes Beistand wünsche ich unserer Gemeinde bei allen Entscheidungen
bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
März 1991
Die Gnade
des Heiligen Geist
Liebe Gemeinde,
aus unserer Gemeinde haben sich 35 Jugendliche für
die heilige Firmung angemeldet. Sie werden am 2. März um 15 Uhr in der
St.-Lioba-Kirche von Herrn Abt Hoheisel aus Bad Wimpfen gefirmt. Was die Eltern
bei der Taufe für diese Firmlinge bekannt haben, tun die Firmlinge nun vor der
Gemeinde persönlich. Sie bekennen ihren Glauben an Gott, seinen Sohn Jesus
Christus und den Heiligen Geist und bekennen sich auch zu der Lehre der
katholischen Kirche. Sie empfangen den Heiligen Geist und wollen Zeugen Jesu
sein in unserer Zeit und in unserer Umgebung.
Darf ich Sie, liebe Angehörige und Bekannte der
Firmlinge auf Ihre Rolle zur Bewahrung und Entfaltung des Glaubens der
Firmlinge aufmerksam machen? Von einem Missionar wurde erzählt, dass er die
Einwohner einiger Dörfer für Christus gewinnen
und sie taufen konnte, weil er über Jesus so überzeugend erzählen und
predigen konnte. Von dem gleichen Missionar wird auch gesagt, dass sein
Chauffeur, sein Koch und Gärtner, die früher schon Christen waren, ihren Glauben
verloren haben, weil sie das Leben des Missionars näher gekannt haben. Mit ein
bisschen Geld einen Katecheten oder Priester in der dritten Welt für die
Missionierung der "Heiden" ausbilden zu lassen, ist viel leichter,
als das eigene Kind oder den Enkel zum Glauben zu führen, denn das Eine braucht
nur Geld und für das Andere ist ein Leben nach der Botschaft Jesu notwendig.
Früher haben die Christen alle Menschen außerhalb
der Kirche "Ungläubige" genannt. Wie fühlen wir uns, wenn eine andere
Religion uns Christen nun als "Ungläubige" bezeichnet? Wissen Sie,
was viele von uns über den Glauben wissen? Wie viel Christen wissen, was ein
Christ glauben soll? Warum nennen die Anderen uns ungläubig: Weil wir an Gott
nicht glauben oder weil wir unseren Glauben nicht leben? Oder weil die Anderen
uns nicht kennen oder weil sie uns gut kennen?
Unseren Firmlingen wünsche ich viel Freude in einem
christlichen Leben und uns allen die Gnade des Heiligen Geistes, um die Zeichen
der Zeit zu erkennen und unseren Glauben in unserer Zeit überzeugend zu leben,
auch wenn die Umstände nicht so günstig sein sollten.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
April 1991
Mit Geduld
und Liebe
Liebe Gemeinde,
Sie haben am 17. März einen neuen
Kirchengemeinderat gewählt. Zunächst darf ich mich bei allen ganz herzlich
bedanken, die sich bereit erklärt haben, die Verantwortung in der Gemeinde mit
zu tragen und die bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl mitgeholfen
haben, vor allem dem Wahlausschuss. Die konstituierende Sitzung des neuen
Kirchengemeinderates findet wegen der Feiertage erst nach den Osterferien
statt.
Aus den 12 Kirchengemeinderatsmitgliedern gehörten
vier dem bisherigen Kirchengemeinderat an und acht sind "neue
Gesichter". Unser neuer Kirchengemeinderat hat einige sehr wichtige
Aufgaben in seiner Amtsperiode zu erfüllen. Bevor der neue Rat seine Tätigkeit
übernimmt, darf ich Sie, liebe Gemeindeglieder, um ihre Unterstützung bitten:
1. Bitte, haben Sie Geduld. Erwarten
Sie kein Wunder von heute auf morgen. Wir wollen keine "Show"
darbieten. Die neuen Mitglieder brauchen Zeit, sich einzuarbeiten und die
Zukunft zu planen.
2. Haben Sie bitte Verständnis. Ein
großes Problem bei der Arbeit in der Gemeinde sind die Grenzen der
Möglichkeiten. "Wollen" können
wir jede Menge, aber verwirklichen können wir nur einen Teil. Wir können nicht
alles haben, was wir gerne haben möchten. Der neue Rat soll das tun, was
möglich ist, und damit zufrieden sein.
3. Geben Sie dem neuen Kirchengemeinderat Freiheit.
Er soll die Möglichkeit haben, einiges neu anzufangen und wenn es sein soll,
auch als Experiment, einiges abzuschaffen, was bis jetzt üblich war. Was bisher
selbstverständlich war, sollte nicht immer selbstverständlich sein.
4. Durch Anerkennung, Anregung und auch durch
Kritik unterstützen Sie die Arbeit der Räte. Ehrliche Demokratie
ist schwer zu praktizieren. Überlassen Sie Entscheidungen der Mehrheit. Ein
Vorschlag darf nie als Entscheidung erzwungen werden und Kritik nicht als
Vorwurf. Die Räte sind ehrenamtliche Mitarbeiter der Gemeinde, nicht
Angestellte.
Eine lebendige Gemeinde wollen wir gemeinsam
erreichen, aber nur mit Geduld und Liebe. Dem neuen Kirchengemeinderat
wünsche ich eine gute, harmonische Zusammenarbeit und viel Freude in seinem
Amt.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Mai 1991
Ein ganz
herzliches "Vergelt's Gott"
Liebe Gemeinde,
am 19. April wurde der neue Kirchengemeinderat
konstituiert. Die Verabschiedung des "alten" Kirchengemeinderats fand
am 24. April in einem kleinen, gemütlichen Zusammensein des alten und neuen
Rates statt; es war nämlich der Wunsch des ausscheidenden Kirchengemeinderats,
sie wollten keine formelle, öffentliche Verabschiedung. Darum möchte ich diesen
Brief zum Anlass nehmen, den ausscheidenden Räten im Namen unserer Gemeinde
ganz herzlich zu danken.
In der Gemeinde, wie auch in der Familie, besteht
das Leben nicht immer aus außerordentlichen Ereignissen, sondern viel mehr aus
alltäglichen Kleinigkeiten. So kann kaum jemand die Arbeit des
Kirchengemeinderats aufzählen. Aber es gibt auch wichtige und einmalige
Ereignisse, die das Gemeindeleben unvergesslich machen.
Bei der Renovierung der ST.Lioba-Kirche und des
Pfarrhauses, in der Planung und Durchführung von vielen Veranstaltungen, die
das Gemeindeleben bereichert haben, in
den Entscheidungen für vielerlei Anschaffungen war der Rat in den letzten fast
fünf Jahren voll beschäftigt. Er hatte viele wichtige Entscheidungen zu
treffen, einige davon werden das Gemeindeleben auch in der Zukunft
beeinflussen. Mit Stolz konnte der "alte" Kirchengemeinderat dem
neuen die fertige Planung des Gemeindehauses und des Anbaues der
Pankratiuskirche überreichen. Schon in der ersten Sitzung des neuen
Kirchengemeinderates konnte man sich mit der Ausschreibung beschäftigen.
Inzwischen ist es allen bekannt, dass die Arbeit
des "alten" Kirchengemeinderats nicht einfach und problemlos war. Die
Arbeit hat nicht nur viel Zeit, sondern auch viel Kraft gekostet. Im Namen
unserer Gemeinde möchte ich Herrn Gottfried Fyrnys (2. Vorsitzender), Herrn Hans-Peter Eppelt, Frau Margot Fritz,
Frau Inge Guth, Herrn
Es ist keine Verabschiedung von ihrer Tätigkeit und
ihrem Einsatz in unserer Gemeinde; sie werden, wie sie uns zugesagt haben, auch in der Zukunft in vielen
Bereichen mitarbeiten. Ein ganz herzliches "Vergelt's Gott" für
alles, was sie für uns alle getan haben.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Juni 1991
"Herz-Jesu-Monat"
Liebe Gemeinde,
die meisten von uns werden sich wundern, wenn sie
vom "Herz-Jesu-Monat" hören. Marienmonat Mai oder Rosenkranzmonat
Oktober sind nicht so fremd wie "Herz-Jesu-Monat" Juni. Vom
"Herz-Jesu-Fest" am ersten Freitag in Juni wird heutzutage kaum
gesprochen.
Man hat in den letzten Jahren einige Kirchenfeste
und die dazugehörende Frömmigkeit abgeschafft, vor allem nach dem 2.
Vatikanischen Konzil. Einige davon hat die Kirche offiziell abgeschafft, weil
sie nicht sinnvoll oder historich begründet waren; andere sind in der Praxis
aus dem Leben der Kirche einfach so verschwunden. Man will den Glauben in der
Bibel und in der Geschichte begründet haben und die Einstellungen und
Aktivitäten wissenschaftlich verständlich wissen. Auch die Wissenschaftler und
Akademiker sollten sich für den Glauben interessieren.
Ist aber solch eine rein intellektuelle Frömmigkeit
in der Religion möglich? Was für eine Rolle spielt der Verstand in den
familiären Beziehungen? Gibt es eine rein intellektuelle Liebe zwischen den
Mitgliedern der Familie? Wenn Gefühle in dem zwischenmenschlichen Bereich eine
große Rolle spielen, warum darf es nicht in der Religion sein, in der
Mensch-Gottbeziehung?
Die Liebe Gottes zu uns Menschen ist ein
entscheidender Faktor unseres Glaubens. "Gott hat die Welt so sehr
geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt,
nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Joh 3,16). "Es
gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde
hingibt" (Joh 15, 13). Wenn wir von "Herz-Jesu" sprechen, meinen
wir die Liebe Jesu zu uns Menschen. Man sollte in der Kirche nicht nur von
sozialen Aufgaben und Taten der Nächstenliebe sprechen, sondern auch von der
Liebe Gottes. In dem Hauptgebot heißt es auch: "Du sollst den Herrn,
deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen
Gedanken" (Mt 22,37). Wir wollen Gott lieben, nicht weil wir von ihm etwas
erwarten, sondern weil er uns geliebt hat. "Nicht darin besteht die Liebe,
dass wir Gott geliebt haben, sondern dass Er uns geliebt und seinen Sohn als
Sühne für unsere Sünden gesandt hat" (1 Joh 4,10).
Wenn eine bestimmte Form der Frömmigkeit, eine bestimmte
Form des Gebetes oder die Formulierung eines Gebetes oder Liedtextes nicht
wissenschaftliche Grundlagen haben, bedeutet es nicht, dass sie sinnlos sind.
Wenn wir ein bestimmtes Fest nicht wieder haben möchten, wenn wir uns im Monat
Juni nicht besonders an die Liebe Gottes erinnern wollen, können wir andere
Tage und Gelegenheiten finden - Hauptsache ist, dass wir Gott lieben, uns immer
wieder an seine Liebe erinnern und dafür dankbar sind.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Juli 1991
Gemeindehäuser
Liebe Gemeinde,
es freut mich sehr, Ihnen die endgültigen Pläne
unseres Bauvorhabens vorstellen zu können. Auf den nächsten Seiten dieses
Gemeindebriefes können Sie ersehen, wie unser Gemeindehaus bei der St.
Lioba-Kirche und der Anbau bei der St. Pankratius-Kirche aussehen. Bis jetzt
sind die Plan- und Genehmigungsverfahren nach Zeitplan gelaufen und wir können
im August mit dem Bau beginnen. Der erste Spatenstich des Gemeindehauses ist am
Sonntag, den 25. August um 11.00 Uhr, wozu ich Sie jetzt schon herzlich
einlade.
Ich hoffe, dass der Plan Ihnen gefällt. Ein noch
größeres Gemeindehaus könnte der Eine oder Andere sich wünschen, aber der
Kirchengemeinderat kam zu dieser Entscheidung, denn als Maßstab für seine
Entscheidung hatte er vor sich nicht nur die Wünsche, sondern auch die Grenzen
der Möglichkeiten unserer Gemeinde. Unsere Anweisung an den Architekten ist: er
soll im Aussuchen von Bau-Materialien und bei Anschaffungen bei den mittleren
Qualitäten bleiben.
Darf ich Sie nun um Spenden bitten. Mit den
Steuermitteln wird der große Teil der Arbeit finanziert. Wenn wir Einiges durch
Spenden dazu beitragen, können wir alles ein bisschen schöner gestalten und die
Arbeit schneller fertig haben. 100.000,00 DM Spenden (so ist es
in dem Finanzierungsplan vorgesehen. Die Gesamtfinanzierung beträgt 1.6
Millionen) wollen wir zusammenbringen. Nach den Sommerferien werden Sie
Überweisungsvordrucke bekommen. Denken Sie auch an die Sonntagskollekten für
diesen Zweck in beiden Kirchen.
Wir müssen uns jetzt schon Gedanken machen, wie wir
unsere neuen Räume mit Leben füllen wollen. Bringen Sie bitte ihre Ideen und
Wünsche dem Kirchengemeinderat vor, der sollte dann mit allen Betreffenden
Möglichkeiten finden, sie in der Gemeinde zu verwirklichen.
Haben Sie einen Vorschlag, wie unser Gemeindehaus
heißen sollte? Wenn sie einen Namen haben, schlagen Sie im Pfarramt vor. Bald
will der Kirchengemeinderat sich für einen Namen entscheiden.
Bevor wir mit allem beginnen, wollen wir zunächst
ein paar Wochen ausruhen. Die kommenden Sommerferien sollen uns dabei helfen.
Ein paar ruhige und erholsame Tage in den Ferien wünsche ich uns allen.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
September
1991
Lass die
Kinder "Kinder" sein
Liebe Gemeinde,
nach den Ferien befinden wir uns nun wieder
inmitten des Alltags, und der Terminkalender wird langsam voller. Die meisten haben
kaum Einfluß bei der Planung ihrer Zeit, ihnen wird einfach zugeteilt, was und
wann es was zu tun gibt. Es bleibt nichts anderes übrig, als dass wir einfach
mitmachen.
Aber man hat kein Verständnis, wenn der
Terminkalender der Kinder voll ist. Wenn man von der Kinderarbeit in bestimmten
Ländern hört, ist man empört, nicht nur, weil die Kinder körperliche
Anstrengung über ihre Kräfte ertragen müssen, sondern eher, weil sie von der
schönen "Kindheit" nicht viel haben. Was sagen wir über die Kinder,
die nach der Schule von einer Weiterbildung zur anderen unterwegs sind, die
"keine Zeit" haben, um mit anderen Kindern einfach zu spielen, oder
einfach zu faulenzen. Wenn ein Kind nicht als Kind leben kann, sind die Eltern
daran schuld, nicht die vielerlei Angebote der Früherziehung in Hobbys und
Freizeitgestaltungen.
Wenn man in einen Laden geht, kauft man nicht
alles, was da angeboten wird, man sucht aus. Warum können die Eltern, besonders
die Eltern von den Grundschulkindern bestimmte Freizeitgestaltungsmöglichkeiten
für ihre Kinder nicht aussuchen? Die Eltern sollten für die Früherziehung in
der Entfaltung der verschiedenen Begabungen der Kinder sorgen, aber die Kinder
sollten keinesfalls das Opfer der Interessen der verschiedenen Gruppierungen
oder der Privatleute werden. Kein Kind kann alles erreichen, darum sollte
Einiges ausgesucht werden. Man sollte Hobbys haben, aber eine Überforderung von
Hobbys kann auch das Leben kaputt machen. Ein chinesisches Sprichwort lautet
etwa so: "Auch wenn eine Nadel aus Gold ist, kann sie die Augen blind
machen, wenn sie in die Augen reingesteckt wird."
In dem gerade begonnenen Schuljahr wünsche ich
unseren Kindern, vor allem den Kindern der Grundschule ein Leben mit allen
Freuden der "Kindheit". Liebe Eltern, sorgen Sie bitte dafür, dass
der Terminkalender Ihrer Kinder nicht zu voll wird.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Oktober
1991
Gemeindezentrum
Liebe Gemeinde,
es ist verständlich, dass man sich mit seinem Haus,
vor allem, wenn es selbst gebaut ist, mit seinem Geburtsort, mit bestimmten
Personen usw. verbunden fühlt und an ihnen hängt. Es ist verständlich,
dass viele in unserer Gemeinde an ihrer Pankratius-Kirche oder Lioba-Kirche
hängen und sich mit ihr identifizieren. Viele unserer Gemeindeglieder haben die
Kirchen mitgebaut oder mitrenoviert, einen Teil von ihrem gesparten Geld für
sie gespendet. Es ist auch verständlich, dass man sich zu einer bestimmten
Kirche zugehörig fühlt.
Man hat aber kein Verständnis, wenn
man die geschichtliche Entwicklung seiner Umgebung nicht wahrnimmt. Im Jahr
1976 wurden unsere beiden Kirchengemeinden Großgartach und Schluchtern
zusammengeschlossen und aus ihnen eine Kirchengemeinde gemacht. Für das
Zusammenwachsen der Gemeinden St. Lioba und St. Pankratius hat man sich
wirklich Zeit gelassen und in den letzten fünfzehn Jahren hat man versucht, die
Gefühle der Menschen nicht zu verletzen (vielleicht nicht immer mit Erfolg).
Nun ist es aber langsam Zeit, dass wir für das
Zusammenwachsen der Gemeinden etwas mehr tun. In dem Zusammenhang müssen wir in
der Zukunft auf Einiges, was wir bis jetzt gewohnt waren, verzichten und uns an
Neues gewöhnen. Es tut uns vielleicht weh, aber für die Zukunft, für die
kommende Generation müssen wir das tun.
Wer nur an die schöne alte Zeit denkt, kann kaum
etwas Neues erreichen. Sie werden jammern und schimpfen und immer traurig sein;
wer aber mit der Zeit geht, wer bereit ist, Einiges zu vergessen, kann mit Hoffnung
leben und sich über alles freuen, was in der Gegenwart Gutes geschieht..
Das jetzt zu bauende Gemeindezentrum soll
uns Anlass sein, Einiges von der Vergangenheit zu vergessen und einen neuen
Anfang zu wagen. Ich habe dieses Thema jetzt schon angesprochen, damit Sie
unsere Planung über einzelne Veranstaltungen in der Zukunft mit einer neuen
Einstellung der Gemeinschaft der einen Katholischen
Kirchengemeinde in Leingarten betrachten. Die Entwicklung in unserer
Gemeinde kann der Eine oder der Andere bremsen oder schwierig machen, aber die
Geschichte zurückdrehen - das kann keiner. Also machen wir alle mit, damit das
Gemeindeleben in Leingarten auch für die kommende Generation angenehm wird.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
November
1991
Heimkehren
zu unserem Vater im Himmel.
Liebe Gemeinde,
wenn man in Miete wohnt, ist man sich immer
bewusst, dass man eventuell aus der Wohnung ausziehen muss. Jederzeit kann eine
Kündigung des Vermieters kommen. Wenn man aber eine eigene Wohnung oder ein
eigenes Haus hat, denkt man normalerweise, dass man dort immer wohnen kann. Es
gibt auch Arbeitsplätze, wo man keine Kündigung zu fürchten hat. Der Monat November
aber sagt uns, dass wir alle nur Übergangswohnheime haben, auch wenn wir ein
Haus als Eigentum besitzen und dass wir jederzeit mit dem Aufhören der Arbeit
rechnen müssen, denn der Tod kann uns jederzeit überraschen.
Wenn wir in den Ferien irgendwo Urlaub machen, ist
es uns immer bewusst, dass wir nach einigen Tagen heimkehren müssen. Auch wenn
das Leben dort interessant ist, auch wenn wir noch genug Geld haben, dort
vielleicht für immer zu bleiben, denken
wir ständig an das Heimgehen. Der Monat November erinnert uns, dass wir eines
Tages heimkehren müssen zu unserem Gott und Vater im Himmel.
In diesem November denken wir an die Toten, die wir
gekannt und geliebt haben, nach einiger
Zeit werden wir an ihrer Stelle stehen.
Es gehört zur Natur der Menschen, dass sie am Leben
hängen, an allem, was sie besitzen und haben. Es tut ihnen weh, wenn sie alles
verlassen müssen. Aber jeder Mensch ist bereit, etwas Schönes und Wertvolles
abzugeben, wenn er etwas noch Schöneres und Wertvolleres bekommen kann.
Wenn man traurig ist, weil man mit dem Tod alles
verlassen muss, bedeutet das, dass man auf ein schöneres Leben bei Gott nicht
hofft. Für den Gläubigen ist der Tod mit Hoffnung verbunden, einer Hoffnung auf
ein viel schöneres Leben bei Gott. "Was kein Auge gesehen und kein Ohr
gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist; das Große, das Gott
denen bereitet hat, die ihn lieben" (1 Kor 2,9).
Auch wenn der Tod mit Hoffnung verbunden ist, ist
er nicht frei von Angst und Sorgen. Für die Zurückbleibenden ist der Verlust
eines Menschen unwiderruflich. Aber wir versuchen, den Tod im Zusammenhang mit
dem ewigen Lebens zu sehen. Der Tod macht uns ängstlich, aber das ewige Leben,
das Leben bei Gott gibt uns eine Hoffnung, die alle Trauer und Angst überwinden
kann. Was viele in der Todesanzeige schreiben: "Gott hat ihn/sie
heimgeholt", ist auch unsere Antwort auf die Frage nach dem Tod: Heimkehren
zu unserem Vater im Himmel.
Es grüßt
Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Dezember
1991
Menschwerdung
Gottes
Liebe Gemeinde,
die Advents- und Weihnachtszeit bringt uns wieder
in Erinnerung, worum es eigentlich in unserem Glauben geht, nämlich um die Menschwerdung
Gottes. Die Geschichte von der Geburt Jesu in Bethlehem ist die größte
Attraktion in dieser Zeit. Die Erzählungen von der Herbergsuche, dem Engel und
den Hirten und von den drei Königen werden gerne gehört.
Aber Weihnachten ist auch nicht ohne Fragen. Nicht
nur kritische, sondern auch nachdenkliche Menschen stellen die Frage, wie es
möglich ist, dass Gott Mensch wird? Diese Frage ist keine Erfindung der
modernen Wissenschaftler, sondern schon vor der Geburt Jesu hat Maria diese
Frage gestellt: wie soll es geschehen? "Für Gott ist nichts
unmöglich", war die Antwort, die sie von dem Engel bekommen hatte.
Weihnachten ist das Fest der Gläubigen, die an die unbegrenzten Möglichkeiten Gottes, die alle unsere
Vorstellungen übersteigen, glauben können.
Es ist verständlich, dass die modernen Menschen
nach Beweisen fragen. Wie und Warum wollen sie beantwortet haben. Aber es ist
auch wichtig, dass man die Antwort sucht? Fragen kann jeder, aber auf die
Antwort warten oder eine Antwort suchen, ist wieder etwas anderes. Eine Antwort
auf die Frage nach der Liebe Gottes müssen wir selber finden. Beweise für die
Liebe Gottes, die in Jesus sichtbar wurde, müssen wir aus den Spuren entdecken.
Gott hinterlässt die Spuren seiner Liebe in jedem von uns. Die Geschichte der
Menschheit ist die Geschichte der Fürsorge Gottes für uns.
Durch die Spuren Gottes in der Welt und auch in
unserem eigenen Leben können wir erkennen, dass Gott uns liebt und dass diese
Liebe keine Grenzen kennt. Wer diese Liebe Gottes im eigenen Leben nicht
erkennen kann, kann kaum die Spuren Gottes in der Welt sehen; wie soll man dann
die Menschwerdung Gottes verstehen? Es geht nicht darum, ob alle glauben,
sondern es geht darum, ob wir es glauben können.
Weihnachten wird von vielen Menschen gefeiert mit
Geschenken, Festessen und Besuch, auch von einigen Ungläubigen. Ich wünsche uns
allen, dass der Glaube an die Menschwerdung Gottes im Mittelpunkt all unseres
Feierns steht. In den Sorgen um Geschenke und Dekoration sollten die Eltern
nicht vergessen, ihren Kindern einige Geschichten von der Geburt Jesu zu
erzählen.
Eine besinnliche Adventszeit und gesegnete
Weihnachten wünsche ich Ihnen allen.
George
chelappurath, Pfarrer