George
Chelappurath, Pfarrer
Januar 1997
Nur für heute!
Liebe
Gemeinde,
genau gesehen, gibt es kaum mehr für das neue
Jahr zu
planen, denn fast alles ist schon vorgeplant. Schauen wir im Terminkalender etwas genauer nach: die
Feiertage, die Schultage, die
Arbeitstage, die Ferien
- alles ist schon markiert. Auch
die Veranstaltungstermine von Vereinen und anderen Gruppierungen hat
man inzwischen bekommen. Die vielen Verpflichtungen die
man hat, sind auch schon
festgelegt: die Geburtstagsbesuche, die Familienfeste usw. - man braucht sie nur vom
immerwährenden Kalender zu übernehmen. Und was will man im Neuen Jahr
"neu" machen? Das Leben vor den Weihnachtsferien und danach
wird fast gleich sein,
und die vielen
Wünsche? Viele davon
bleiben unerfüllt, ausgenommen die
formellen Wünsche für ein glückliches
neues Jahr, was eigentlich kaum
bedeutsam ist. Aber, merken wir nicht, dass
einiges in unserem Leben doch
anders sein sollte,
vielleicht mit Beginn des neuen Jahres? Aus Erfahrung weiß man, dass
die vielen Vorsätze nicht viel
bringen, weil man sie nicht lange
durchhält. "Ein Jahr
oder länger - das halte ich nicht
durch" - diese Situation kennt
man doch! Bedeutet das, dass
wir nichts Neues versuchen sollten? Ein ganzes Jahr mit niemandem streiten,
das werden wir vielleicht nicht schaffen; aber für heute, das werden wir
doch schaffen. Das ganze Jahr durch, jeden Tag einige Zeit beten -
das wird nicht so einfach sein; aber ein paar Minuten heute, das werden
wir doch schaffen.
Also ist mein Wunsch
nicht für das ganze
Jahr 1997, sondern nur für heute, und um das zu
formulieren, hole ich mir Hilfe von Papst Johannes XXIII:
"Nur für heute werde ich mich bemühen, den
Tag zu erleben, ohne das Problem meines Lebens auf
einmal lösen zu wollen.
Nur für heute werde
ich die größte
Sorge für mein
Auftreten pflegen: Ich werden
niemanden kritisieren, ja,
ich werde nicht danach
streben, die anderen zu korrigieren oder
zu verbessern... nur mich selbst.
Nur für heute werde ich in der Gewissheit
glücklich sein, dass ich für
das Glück geschaffen bin... nicht nur für andere, sondern auch für diese Welt.
Nur für heute werde ich mich an die
Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass sich die Umstände an
mich und meine Wünsche anpassen.
Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner
Zeit einer guten Lektüre widmen.
Wie die Nahrung
für das Leben
des Leibes notwendig ist, so ist die gute Lektüre notwendig für
das Leben der Seele.
Nur für heute werde ich eine gute Tat
vollbringen, und ich werde es niemandem erzählen.
Nur für heute werde ich etwas tun, wozu
ich keine Lust habe, es zu tun; sollte ich mich in meinen Gedanken
beleidigt fühlen, werde ich dafür
sorgen, dass niemand es merkt.
Nur für heute werde ich ein genaues
Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht daran, aber
ich werde es aufsetzen. Und ich werde
mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze
und vor der Unentschlossenheit.
Nur für heute werde ich fest glauben - selbst wenn die Umstände
das Gegenteil zeigen sollten - , dass
die gütige Vorsehung Gottes sich um mich
kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.
Nur für heute werde
ich keine Angst haben.
Ganz besonders werde ich keine
Angst haben, mich an allem zu freuen, was
schön ist, und an die Güte zu glauben."
Das Leben
ist vielleicht lang; das neue
Jahr hat 365 Tage;
aber das "Heute" - das
kann ich überblicken, und das kann ich
nach meinen Vorstellungen und Wünschen gestalten. Dass wir jeden Tag
mit dieser Einstellung und Hoffnung beginnen
können, das wünsche ich Ihnen und mir für das Jahr 1997.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Februar 1997
"Wir wollen dem Herrn dienen."
Liebe
Gemeinde,
"Von
da an verließen ihn viele von den Jüngern und begleiteten ihn nicht mehr.
Da sagte Jesus zu den Zwölf: Wollt auch
ihr weggehen?" (Joh 6, 66-67).
An diesen Text aus dem Johannesevangelium
denke ich, wenn ich höre, dass
die Kirche oder der christliche Glaube in
Frage gestellt wird. Man
fragt auch: Was
haben wir falsch gemacht,
dass einige nicht mehr an Jesus
glauben? Was können wir anders
machen, damit die Kirche attraktiver wird?
Viele Verantwortlichen der
Kirche sind bereit,
Kompromisse zu schließen. Anstatt
zu sagen was Gott will, versuchen sie, nach
der Meinung der Mehrheit zu
fragen und danach die Lehre der Kirche
zu formulieren. Wenn
sie merken, dass
die Zahl der
Anhänger geringer wird, versuchen
sie, etwas anderes anzubieten, als das, was
Jesus angeboten hat. Sie
wollen die "unerträgliche" Lehre Jesu
erträglich machen; sie sind
bereit, Kompromisse zu schließen; sie schreiben die Lehre Jesu um,
damit sie für alle Menschen attraktiver
wird, menschenfreundlicher, wie sie sagen. Viele wollen, dass der Papst oder die Bischöfe die Lehre der
Kirche zu der dem 21.
Jahrhundert angepassten Form
umschreiben, in dem
Abtreibung, Scheidung, Ausbeutung
der Armen, Krieg
für die Wohlstandsgarantie usw.
zugelassen wird, damit
die Menschen so leben können, wie die meisten es haben
möchten. Eines sollte uns klar
sein: Wenn Jesus
bereit gewesen wäre,
Kompromisse zu schließen, dann
hätte er nicht
am Kreuz sterben
müssen. Die Frage heute
lautet nicht, wie
wir die Lehre
Jesu umschreiben können, damit
alle konsumorientierten Menschen
sie annehmen können, sondern die Frage ist: Wollen wir die Lehre
Jesu annehmen? Jesus hatte eine Lehre zu
verkünden, die eindeutig war und er
blieb dabei, auch wenn einige ihn verließen.
Es gibt auch andere, die es gerne hätten, dass
der Papst oder die Bischöfe klare Linien ziehen. Viele
wollen, dass sie geführt werden.
Sie wollen, dass sie gezwungen werden, auch
unter Strafandrohung, ein
Leben nach der Lehre Jesu zu führen.
Dass so etwas geschehen kann, können wir aus den Ländern erfahren,
in denen eine bestimmte
Religion als Stadtreligion
anerkannt ist und
alle gezwungen sind, nach der Lehre dieser Religion zu leben. Aber Jesus
will, dass wir seiner Lehre folgen,
aber mit
freier Entscheidung. Wir
sollten nur dann nach der Botschaft Jesu
leben, wenn wir überzeugt sind, dass
so ein Leben unser Leben retten kann.
Was wir
heute brauchen, sind nicht moderne
Theologen, die die Lehre
Jesu der modernen Zeit
anpassen, sondern Familien,
die wie Josua sagen können: "Ich aber und mein Haus, wir wollen dem
Herrn dienen". Die Geschichte
kennen wir. Josua, der Nachfolger des Mose, hat
sein Volk in das Gelobte
Land Kanaan geführt. Vierzig Jahre
lang waren die
Israeliten durch die
Wüste Sinai gezogen. Immer wieder haben sie die Hilfe Gottes erfahren.
Gott gab ihnen in der
Wüste Brot und Wasser; aus den
Händen der Feinde hat er sie gerettet. Damit sie in Frieden
leben können, hat Gott
ihnen die Gebote gegeben. Aber
sie waren mit Jahwe nicht ganz
zufrieden, die alten Baalsgötter Kanaans waren für sie noch attraktiver. Viele wollten beide haben,
Jahwe und den Baal. Josua sieht die Gefahr. Er ruft die Stämme Israels
zusammen und stellt die
entscheidende Frage: "Wenn
es euch aber nicht gefällt, dem Herrn
zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem
ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter jenseits des
Stroms dienten, oder den Göttern der
Amoriter, in deren Land ihr wohnt."
Eindeutig ist seine Entscheidung:
"Ich aber und mein Haus, wir
wollen dem Herrn dienen."
Diese Forderung
zur Entscheidung für oder gegen Gott
ist keine alte Geschichte, auch wir stehen vor der
Entscheidung: Gott oder die Götzen unserer
modernen Zeit - Erfolg und Konsum.
Ich wünsche
unserer Gemeinde noch
einige Familien, die
mit Josua sagen können:
"Ich aber und mein Haus,
wir wollen dem Herrn dienen".
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
März 1997
Unsere Rolle als Kinder Gottes!
Liebe
Gemeinde,
vielleicht
kennen Sie diesen Spruch: "In seinem Reich ist jeder ein König". So gesehen, ist der ärmste
Mann ein König, zumindest für seine Frau
und Kinder, die er
mit seinen "paar
Mark" ernährt. Dieser Spruch
sagt aber auch aus, dass keiner überall und über alle herrschen kann;
nur für einige Menschen
ist irgendjemand der Mächtigste, der Reichste, der
Berühmteste, der Wichtigste; für die
anderen, und zwar für Millionen, ist dieser jemand
eigentlich ein Niemand!
Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft wird
schwierig, wenn das einzelne
Mitglied sich in seiner Rolle nicht richtig
einordnen kann. Wenn ein Firmenchef nach Hause kommt und dort mit seiner
Frau oder seinen Kindern so wie mit
seinen Angestellten umgeht, dann ist
das mehr als schlimm! Er sollte
in der Lage sein,
seine "Chef-Rolle" in der Firma zu lassen und als Ehemann
und Familienvater nach
Hause zu kommen. Dies
ist nicht so
einfach, es funktioniert auch
nicht so automatisch, wie man z.B. durch
Knopfdruck verschiedene Programme im Fernsehen abrufen kann. Aber man sollte versuchen, die verschiedenen
Rollen, wie z.B. als Vater oder Mutter,
Kind, Arbeiter, Vereinsmitglied,
Abteilungsleiter usw. zu unterscheiden und
sich dementsprechend zu
verhalten, je nachdem mit wem
man es zu tun hat. So z.B. sollte ein
Geschäftsführer, wenn er in
eine Vereinsversammlung kommt,
dort nicht alles bestimmen
wollen, wie er es sonst in seiner
Firma gewohnt ist; auch sollte er
mit seinen Vereinsmitgliedern nicht so
sprechen, wie er mit seinen Angestellten in der Firma
spricht; auch auf
der Straße muss er
nicht unbedingt mit ernster
Miene herumlaufen, damit man
ihm den Chef gleich ansieht.
Jeder Mensch steht
irgendwann, irgendwo im
Mittelpunkt, aber keiner kann überall
und immer dort stehen. Je mehr wir diese Tatsache
erkennen, desto leichter ist das
Zusammenleben in der Gemeinschaft.
Einen Bogen
hält man nicht immer gespannt -
das tut
man nur, wenn man
einen Pfeil abschießen
will, sonst verliert
er seine Spannkraft. Die
verschiedenen Rollen, die wir in
unserem Leben zu spielen
haben, sind für
uns eine große Hilfe,
uns von dem Stress,
den die Arbeitsstelle mit sich
bringt, zu entspannen.
Aber was nützten einem die
abwechselnden Rollen, wenn man überall mit der gleichen Spannung auftritt?
Diese Fastenzeit, in der wir uns gerade befinden,
hilft uns, unsere eigentliche, überall gültige Rolle zu entdecken - unsere Rolle
als Kinder Gottes. Das
Gefühl, dass wir zur
großen Familie Gottes gehören, dass wir nach seinen Anweisungen leben
dürfen, dass er uns
behütet und uns ans Ziel führt, dieses Gefühl
kann uns die beste
Entspannung geben - und dieses Gefühl können wir durch
ein Gebet, durch ein Gespräch mit Gott,
durch Nachdenken über unsere
Position in der Familie Gottes vertiefen. Wie schön ist
es, dass wir auch die Rolle eines Kindes übernehmen dürfen, vor allem
vor unserem Gott.
"Wenn ihr nicht umkehrt und wie
die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.
Wer so
klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der
Größte" (Mt 18,3-4).
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
April 1997
Wir sollten das tun, was für unser Leben wichtig
ist.
Liebe
Gemeinde,
wenn es
um das Lernen
bestimmter Fächer geht,
reagieren manche Kinder mit
der Bemerkung: "Das macht
keinen Spaß"! darf die
Antwort der Eltern darauf sein: "Du kannst aufhören, wenn Du nicht lernen
möchtest", oder - "Du musst selber wissen, was Du tust, entscheide selber"? Geht es dabei um
wichtige Dinge, dann könnten
die Folgen gravierend sein, denn
im Leben gibt es nicht nur angenehme und erfreuliche
Ereignisse, sondern auch unangenehme
und harte, und damit man mit
allen fertig wird, muss
man dementsprechend vorbereitet sein. Die Kinder sollten deshalb nicht
nur das tun, was Spaß macht, sondern auch das, was für ihr Leben wichtig ist.
Es war vor einigen Jahren. Als ich mit den Erstkommunionkindern einen Kindergottesdienst planen
wollte, und als es um
einen Termin für die Probe ging, konnte ich mit ihnen keinen
vereinbaren, denn jeder hatte
etwas anderes vor: Hobbys, oder
Entfaltung dieses oder jenes
Talentes. Ich erinnere mich
an ein Mädchen, das auf meine Frage: "Wann hast Du überhaupt
Zeit" geantwortet hat: "Nie". Ihre
Mutter hat sie von
einem Termin zum
anderen gehetzt - ja, schließlich muss aus ihr einmal etwas werden. Dieses Mädchen kam
dann später zum
Firmunterricht. Als 15-jährige Jugendliche hat sie mir erzählt:
"In meiner Freizeit gehe ich herum, treffe
meine Freunde hier und dort." Auf meine
Frage, was aus ihren
Hobbys und Talenten geworden ist, lautete die Antwort: "Ich hatte keine Lust mehr gehabt, ich habe mit allem
aufgehört." Jetzt hat sie
weder eine religiöse Erziehung,
noch eine künstlerische. Die Talente sollte man früh genug erkennen und
sie fördern. Aber man muss
unterscheiden, was für das Leben wichtig
ist und was man für die Freizeitbeschäftigung
braucht.
Man merkt,
dass eine Entscheidung über dies oder jenes nicht
so einfach ist, denn
die Angebote sind nicht
zu überblicken, jeder wirbt
für seine Sache. Jede Gruppierung
freut sich, wenn sie bei ihrer
Veranstaltung ein "volles
Haus" hat. "Du bist immer
bei uns willkommen"; "Dein Sohn/Deine Tochter kann zu uns kommen"
- solche Einladungen gibt
es genug. Eine der meist
verwendeten Tricks bei einer
Aufführung oder Veranstaltung ist: man
gibt einer einflussreichen Person
eine Rolle oder Aufgabe,
dann heißt es: "Wenn er/sie dabei ist, kommt auch
der "Anhang". Was würden Sie über
ein Kind sagen, das vielleicht
die Nachbarin mehr liebt,
als die eigene Mutter.
Die Nachbarin ist sehr nett und
lieb; sie hat immer
ein nettes und lobendes Wort oder
ein Stück Schokolade. Die Mutter
aber schimpft über
jede Kleinigkeit. Bei
dreckigen Schuhen z.B. schimpft
die Mutter, aber die
Nachbarin sagt: "Es macht nichts,
komm nur herein". Wir wissen aber, dass es
nicht lange dauert, bis
das Kind merkt, wer es wirklich
liebt. Sollte es einmal krank werden, wer nimmt sich dann
Zeit für das Kind?
Wir
sollten schlau genug sein, zu unterscheiden, wer uns mag und uns
helfen möchte und wer uns
nur ausnützt. Und dass man ausgenützt wurde,
merkt man dann,
wenn es plötzlich
heißt: "Zutritt nur für
Mitglieder" oder "Nur für Geladene". Maßgebend für unsere
Entscheidung ist nicht der Wortlaut der Angebote, sondern das, was wir
brauchen und uns leisten können.
Klug sein
sollten wir, nicht nur um das zu erreichen, was wir
wollen, sondern um uns auch das als Ziel zu setzen, was wir
unbedingt brauchen. Vieles
brauchen wir nur für ein paar
Jahre, anderes brauchen wir für
das ganze Leben.
Es
Grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Mai 1997
Christi
Himmelfahrt, Pfingsten und
Fronleichnam
Liebe
Gemeinde,
drei wichtige
Feste des christlichen Lebens
feiern wir im
Monat Mai: Christi Himmelfahrt,
Pfingsten und Fronleichnam. Obwohl einige unter uns nur Weihnachten und
Ostern als christliche Feste ansehen,
sind die kommenden Feiertage mit unserem
christlichen Leben so verbunden, dass
wir über ihren Sinn nachdenken sollten.
Verteidigen sollten wir das Beibehalten dieser Feste, nicht nur zum Zweck
einige freie Tage, sondern als Erhalt der christlichen Tradition und Kultur.
Das Fest
Christi Himmelfahrt sagt uns
nicht nur etwas
über die Heimkehr Jesu zu seinem Vater im Himmel, sondern es
stellt uns unser Ziel vor Augen, das
endgültige Ziel: Auch wir sind unterwegs zu unserem Vater im Himmel. Dieser
Gedanke weckt in uns Gefühle von Schutz und Geborgenheit, von Glück und
Erfüllung zusammen mit lieben Menschen, und dieses Zuhause wird dann
unser allerletztes sein und wird es für immer bleiben.
Es kann
sein, dass diese Wohnung bei Gott für
einen Sterbenden oder Toten unmittelbar bevorsteht, aber dieser
Gedanke ist auch für
die Lebenden sehr wichtig, denn
diese Wohnung bei Gott
ist das Ziel unseres
Lebens und je
deutlicher wir dieses
Ziel vor Augen haben,
desto konsequenter können
wir unser Leben diesem Ziel entgegensteuern.
Jeder, der
irgendwo hin möchte, will unbedingt
wissen, wie man dort ankommen kann, er will den Weg schon
im Voraus kennen. Er macht sich Notizen darüber, er erkundigt sich, wie
der Weg
aussieht - in der heutigen Zeit muss er auch über
Staugefahren und Umleitungen
informiert sein. Der Klügere plant alles im Voraus. So soll
es auch in unserem Leben sein. Das Ziel kennen wir
- die Wohnung bei unserem Vater.
Den Weg dorthin kennen wir auch - das
ist Jesus selber. Seine Anweisungen sind für uns Kompass und Straßenkarte. Zieht
man Parallelen zum
Straßenverkehr, dann haben auch
wir einen "Bordcomputer" in uns, der uns
über alles rechtzeitig informiert
und warnt - unser Gewissen.
Wenn es in Ordnung
ist, wenn alles richtig programmiert und
eingestellt ist, nämlich mit
dem Programm Gottes, dann können
wir auch den Bordcomputer benützen,
wir können uns
auf unser Gewissen verlassen. Es sagt uns auch, wie es weitergehen soll
- aber
bitte nur, wenn es in Ordnung ist, sonst kann es nämlich
sein, dass es uns
falsche Angaben gibt,
welche uns vom Ziel
entfernen. Wir haben immer wieder
von Flugzeugabstürzen gehört. Meistens liegt der Fehler
an den Geräten, die falsche
Angaben von Höhe
und Geschwindigkeit übermitteln, die dann zwangsläufig zur Katastrophe
führen. Damit wir uns auf unser Gewissen verlassen können, muss
es korrekt, d.h. nach der Lehre Jesu und der Kirche
geformt sein. Wenn nicht, werden wir irgendwo unterwegs abstürzen.
Um
unser endgültiges Ziel zu erreichen, sind wir nicht alleingelassen - so sagt uns das Pfingstfest. Der Heilige
Geist steht zu uns, der Geist der Weisheit, Einsicht, des Rates, der
Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit und
Gottesfurcht.
Das Fronleichnamsfest zeigt uns, dass wir auf
unserem Weg zum Ziel
mit der Stärkung des Leibes
Christi rechnen können.
Jesus bleibt bei uns als lebendiges Brot unseres Lebens.
Unterstützt
von den Gaben des Heiligen Geistes, gestärkt mit dem Brot des Lebens, sind wir unterwegs zu
unserem Vater im Himmel.
Ich wünsche
mir und Ihnen, dass wir alle einmal
in dieser ewigen Heimat, die
Gott uns schenkt,
zusammenkommen. Dort sollte keiner von
uns fehlen, auch die nicht, die
wir oder die uns
nicht gerne haben.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Juni 1997
Mit Gott kann man glücklicher leben!
Liebe
Gemeinde,
ein
Jugendlicher sagte mir vor kurzem: "Mein Vater betet nie, aber dass
ihm dadurch irgendetwas fehlt, das merke ich nicht!"
Es ist klar, auch
wenn man nicht an Gott glaubt, auch
wenn man nicht betet
- die anderen
müssen es nicht gleich
merken. Aber die Frage ist, wie lange bleibt es unbemerkt?
Ohne Luft
kann man leben, aber nur ein
paar Sekunden; ohne Wasser
kann man leben, aber nur ein
paar Stunden; ohne
Nahrung kann man
leben, aber nur ein paar Tage;
ohne Sport kann man
leben, aber nur einige Jahre. Die Frage ist nicht nur, ob man lebt, sondern auch wie man lebt.
Wenn
man an Gott nicht glaubt, ist man ernster, denn die Verantwortung
für alles hängt an einem selber; man muss alles
selber planen, alles selber
entscheiden, für alles selber sorgen. Je mehr Verantwortung, desto ernster wird der
Mensch.
Glaubt man an Gott, dann ist die Sache anders. Nicht
man selbst, sondern Gott
ist für alles verantwortlich; er lenkt und waltet
alles, der Mensch braucht nur
mitmachen; er hat zwar eine große Verantwortung, aber nicht die
Haupt-Verantwortung! Er soll alles tun,
was Gott von ihm erwartet und dann kann er alles Gott überlassen. Das gibt
ihm dann eine Freiheit, die
ihn glücklich machen
kann. Solche Freiheit kann
man z.B. bei den
Kindern sehen, welche sorgenfrei und
glücklicher leben, weil die Eltern alles für sie
verantworten.
Wie wir
uns Gott vorstellen, auch das hat eine
große Wirkung in unserem
Leben. Stellen wir
uns Gott als
Tyrannen vor, dann können
wir vor ihm
nur in Angst leben; stellen
wir uns Gott
als jemanden vor, der
für das Leben der Menschen
kein Interesse zeigt, der nur für sich lebt und von den
Menschen Opfer verlangt, dann ist das Leben für uns hart und mühevoll;
stellen wir uns Gott als unseren
Vater vor, dann haben wir
die Freiheit und
die Lebenseinstellung eines
Kindes.
Ohne
Gebet, ohne konkrete und bewusste Beziehung zu Gott kann man
leben (obwohl wir ohne Gott
überhaupt kein Leben
hätten), aber was ist das für ein Leben? Die Mönche aus früheren
Zeiten erzählten den Menschen, die über Gott nichts hören wollten:
"Du darfst ohne Gott leben, aber lebe so, dass Du immer lachen
kannst" d. h. man sollte sein Leben so planen, dass man immer fröhlich
sein kann. Das haben sie gesagt, weil sie sicher waren, dass ein fröhliches Leben auch ein gläubiges Leben ist. Klar, fröhlich sein kann man, nur wenn man ein ordentliches Leben
führt, wenn die Beziehung stimmt,
wenn man keine Angst hat; Angst
vor der Zukunft, Angst vor
dem Tod, Angst vor dem Leben nach
dem Tod. Unsicherheit
bringt Angst mit sich. Als wir
in der
Jugendgruppe über dieses Thema
sprachen, hat ein Junge spontan gesagt: "Mein Opa kann lachen!"
Warum erwähnte er nur den Opa? Wie
ist es mit dem
Vater und der
Mutter? Hat dieser
Junge sie nie
lachen gesehen? Es geht
nicht um das Lachen, es geht
um ein zufrieden stellendes Leben.
Lachen können, ist nur die
Frucht davon. Ohne Beziehung
zu Gott, ohne Gebet und
Gottesdienste, kann man leben,
aber mit einer Beziehung zu Gott kann man noch glücklicher leben.
Ich wünsche mir und ihnen, dass wir sagen können,
nicht nur jetzt sondern
immer, bis ans Ende unseres Lebens, nicht in der Einbildung sondern wirklich: "Mir fehlt
nichts, ich bin glücklich!"
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Juli 1997
Bei uns soll es anders sein
Liebe
Gemeinde,
haben Sie Schwierigkeiten, mit Ihren Kindern über
Gott, über die 10
Gebote, über die Weisungen der
Kirche, über die
Teilnahme am Gottesdienst am Sonntag, über ein Leben nach dem
Tod zu sprechen? Haben
Sie Angst davor, dass Sie ausgelacht
werden, wenn Sie so
etwas tun? Die
heutige Jugend, die
modernen Menschen, die studierte Generation, die aufgeklärten
Menschen - so wird
unsere Gesellschaft bezeichnet
und vor ihr
will kaum jemand über
Gott reden. Über Themen, die in früherer
Zeit Tabu waren, redet man
heutzutage ohne Hemmung in der
Öffentlichkeit und religiösen Themen
werden nun in den Hintergrund gedrängt. Wer
nicht mit der Zeit geht, wird
nicht ernst genommen, wird aus der Gesellschaft ausgestoßen. Es sollte
uns klar sein, dass wir nicht alles
und überall mitmachen können, nicht
immer modern sein können.
Wir sollten den Mut haben, auch
einmal nein zu
sagen, nein zum Modernsein, denn Jesus lädt uns ein, ein anderes Leben
zu führen, als das, was die Welt von uns erwartet.
"Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt
hat sie
gehasst, weil sie nicht
aus der Welt sind, wie auch ich nicht
aus der Welt bin" (Joh 17,14). Wir Christen sind
zwar in der Welt, aber nicht aus der Welt.
Viele von den so genannten Christen haben
inzwischen so viele Kompromisse
gemacht, die Worte Jesu soweit
umgedeutet, dass sie sich von
gottlosen Menschen nicht viel
unterscheiden. Woran können die
Menschen in unserer Umgebung
merken, dass jemand an
Jesus glauben? Indem man nach Lust
und Laune ab und
zu in die Kirche geht, weil an diesem Sonntag das Wetter
zu schlecht ist, um einen Spaziergang oder eine Radtour zu machen; oder
keine Vereine da sind, die für diese oder jene
Veranstaltung einladen? In
welchen Bereichen unseres Lebens sind
wir konsequent? Wo und wann können wir sagen, und sagen
auch tatsächlich, dass
wir Christen sind und weshalb wir
dies und
jenes nicht mitmachen können.
Welche Eltern haben
heutzutage den Mut, ihren Kindern zu sagen: so etwas könnte
ein "Nichtchrist" tun, aber uns paßt so etwas nicht, weil wir an
Jesus glauben?
Wir, die
Gläubigen, haben ein anderes Leben zu
führen, als die, die
nicht an Jesus glauben. Unser Glaube bringt uns Nachteile; z. B.
können wir nicht
den Sonntagsgottesdienst mitfeiern
und gleichzeitig eine
Veranstaltung eines Vereines, welche
nur Sonntagvormittags
stattfindet, mitmachen. Wir werden auch ausgelacht, wenn wir
ein anders Leben führen als die
anderen. Ein anders Leben
bedeutet nicht, dass wir für Weltflucht sind. Das Gebet Jesu lautet: "Ich bitte nicht, dass du
sie aus der Welt nimmst, sondern vor dem Bösen bewahrst"(Joh 17, 15). Also
- wir bleiben hier in dieser Welt,
unter den Menschen, mit denen wir
zusammenleben. Wir suchen unser Heil heute und nicht erst wenn dieser
oder jener tot ist oder erst wenn eine
neue Weltordnung gekommen ist.
Die Kinder,
die von der Schule kommen fragen
die Eltern: "Die anderen Kinder
dürfen dies und
jenes tun, warum
darf ich es nicht?" Jugendliche, die von ihren Kumpels
kommen, ärgern sich über
ihre Eltern mit dem Vorwurf:
"Andere dürfen es, warum
ich nicht?" Es gibt eine Antwort auf die Frage "Warum wir
einiges nicht dürfen, was die anderen tun, oder warum wir einiges müssen, was die anderen nicht tun". Diese
Antwort heißt: Bei uns soll es anders
sein. Wir haben
andere Maßstäbe. Das
bedeutet nicht, dass
wir Christen etwas Besonderes sind, wie vielleicht die Mitglieder
einiger Sekten denken.
Wir sind nichts
Besonderes, aber wir
sind anders; wir Christen
müssen uns anders
verhalten. Wir haben Maßstäbe für unser
Leben und Verhalten, Maßstäbe, die
wir von Jesus bekommen
haben. Ohne anders zu sein
als die anderen, ohne
anders zu handeln als die anderen, ohne anders zu
denken als die anderen, können wir nicht Christen sein.
Es
ist möglich und es lohnt sich, dass wir ab und zu "nein" sagen zu den
vielen Angeboten und Einladungen dieser Welt, die ohne Gott leben möchten. Wir müssen nicht immer
und überall modern sein.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Oktober 1997
"Danken und Teilen"
Liebe
Gemeinde,
die
beiden Feste, die wir im Monat Oktober feiern - das Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober und den Weltmissionssonntag am letzten
Oktober-Sonntag - bringen
uns mit zwei wichtigen Einstellungen
unseres christlichen Lebens "Danken und Teilen" zur Besinnung.
Es ist
eine alte Tradition, dass wir einmal im
Jahr, am Erntedankfest, besonders für die Ernte der
menschlichen Arbeit Gott danken. Diese
unsere Dankbarkeit für alles, was Gott uns
gegeben hat, sollten wir in die
Tat umsetzen - und dazu lädt uns der
Weltmissionssonntag ein. Danken
verpflichtet uns zu teilen. Der
Weltmissionssonntag erinnert uns
daran, dass wir
für das Heil
anderer Menschen
Verantwortung tragen. Verantwortung für
andere Menschen - das ist etwas, was viele nicht gerne
hören, denn sie meinen:
Jeder ist für
sich selbst verantwortlich, und
wenn das schief geht,
dann heißt es:
"Selber schuld". Aber
wir Christen werden immer
wieder daran erinnert,
dass wir auch
für andere Menschen, vor allem für deren Wohl -materiell und geistig-
verantwortlich sind.
In diesem
Jahr wird beim Gottesdienst
am Weltmissionssonntag aus dem
Markusevangelium die Heilung des
blinden Bartimäus
vorgelesen. Der Blinde
sitzt vor Jericho allein
am Straßenrand. Eine große Menschenmenge geht an ihm vorbei
und er
bekommt mit, dass Jesus in die Stadt kommt. Von ihm hat er
viel gehört; er will
die Gelegenheit nützen und ruft laut:
"Sohn Davids, Jesus, erbarme dich
meiner!" Damals, als die
Menge um
Jesus diesen Schrei von dem Blinden hörte, versuchten sie zuerst,
ihn mundtot zu machen.
Auch heute sitzen Menschen
am Straßenrand des Lebens,
Blinde und Lahme,
Arme und Verzweifelte - auch sie schreien
um Hilfe. Sie bitten um Brot, rufen nach Liebe und
Freiheit, schreien nach
Gesundheit und Heil. Aber auch heute
gibt es Menschen, die den um Hilfe schreienden Menschen
sagen: "Bitte schrei nicht
so laut; irgendwann wirst du gerettet;
irgendwie wirst du gerettet; hab nur Geduld." Der
Weltmissionssonntag sagt uns, dass wir diese Menschen fragen sollten:
"Was willst du, was soll ich für dich tun?"
Wir wissen,
was sie von
uns erwarten, nämlich
unsere Hilfe. Dieses kann
vielerlei bedeuten: dass wir sie
in unsere Fürbitten einschließen, dass wir sie
annehmen, wie sie sind. Der Sonntag der Weltmission ist auch ein Anlass dafür,
sie finanziell zu unterstützen. Viele Missionare und Entwicklungshelfer
erwarten unsere finanzielle Hilfe, ohne welche sie nicht weiterkommen können.
Jesus öffnet uns die Augen,
wir sollten sie
nun nicht wieder
verschließen, sondern sie offen lassen, damit wir die Nöte anderer
sehen und ihnen helfen können.
Teilen sollten
wir auch unseren Glauben. "Jesus
ruft dich" das wollen
wir anderen Menschen
weitererzählen, nicht nur
den Menschen in den sogenannten Missionsländern, sondern auch die bei
uns, die von Jesus noch nichts
gehört haben, die Jesus nicht so
gut kennen. Die Nöte der Menschen sind nicht nur
finanzieller Art, viele hungern
nach dem Sinn des Lebens und nach Lebensorientierungen, dieses kann ihnen Jesus
geben.
Auch
wenn wir an Jesus glauben, kommt es immer wieder vor, dass wir nicht
wissen, wie es weitergehen soll. Dann wird auch
uns gesagt: "Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich."
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
November 1997
Höheres
Glück - Glücklich sein hier und nach
dem Tod
Liebe
Gemeinde,
wer
z.B. ein Aquarium besitzt kann beobachten, dass das Verhalten der Fische
unterschiedlich ist: bei
einer Sorte frisst
der Mutterfisch seine Jungen
gleich nach der Geburt und wir vermuten,
dass es diesem Fisch Spaß macht,
dies zu tun. Bei einer anderen Fischart
kann man beobachten, dass der
Mutterfisch tagelang hungert, weil er seine Jungen im Maul großzieht. In der
Tierwelt kann man also beobachten: je
entwickelter ein Tier desto höher sind
die "Werte", die sie in ihrem Verhalten zeigen. Ein Schwein
fühlt sich im Dreck wohl, während
eine Katze laufend ihr Fell putzt,
um sauber zu sein.
Ohne Schwierigkeiten kann man ein Ferkel von der
Muttersau wegnehmen, aber
um ein Junges von Elefanten oder
Affen wegzunehmen, dazu muss man
sein Leben riskieren. Lieber für ihr
Kind sterben als es sich wegnehmen zu lassen, das ist für
diese Tierart wichtig. Nicht
nur bei den Tieren, sondern auch
bei uns Menschen kann man feststellen, dass die Kriterien
und Voraussetzungen, welche glücklich
machen, unterschiedlich sind und dass es niedere und höhere Stufen gibt.
"Ich bin
glücklich" - das hört man überall. Aber das
Interessante dabei ist, dass man so etwas von Leuten mit
unterschiedlichen oder sogar
gegensätzlichen Lebenseinstellungen und Aktivitäten hören kann.
Wenn ein
Kind auf der Straße spielen kann, ist
es glücklich darüber,
auch wenn es
in dieser Zeit
eigentlich Hausaufgaben
machen sollte; ein anderes dagegen ist
glücklich, wenn es zuerst seine
Arbeiten erledigen kann. Jemandem macht es Spaß,
wenn er sich betrinken
und danach stundenlang
schlafen kann, ein anderer hat Spaß daran, den ganzen Tag
zu arbeiten. Glücklich ist jemand,
wenn er sein schwerverdientes
Geld sparen und für das Alter
zurücklegen kann, während ein
anderer, der alles
kaufen kann, was ihm gefällt, auch wenn er dabei Schulden macht, glücklich
ist. Nach getaner Arbeit kommt
man gerne nach Hause
und freut sich, dass
man bei der Familie sein
kann; die Freude
von anderen besteht darin, dass man den Feierabend mit den Kumpels auf
der Straße oder in einer Wirtschaft verbringen kann. Glücklich ist einer, wenn er zu Fuß oder mit
dem Fahrrad unterwegs ist, und so etwas
zur Rettung der Umwelt
beitragen kann, während
es einem anderen Spaß bereitet, wenn er einen Rennwagen fährt und
den Umweltschutz nicht berücksichtigt.
Einem macht es Spaß zu stehlen,
der andere ist glücklich, wenn
er mit selbstverdientem Geld einkaufen kann, auch wenn der Einkaufskorb
nicht voll wird. Beispiele solcher
Erfahrungen kann man endlos fortsetzen - wir
kennen sie alle.
Was wir
bei solchen glücklichen
Menschen noch feststellen können, ist die Tatsache, dass
immer einer den anderen überreden will,
seinen jeweiligen Lebensstil zu übernehmen, weil er denkt: die anderen können
nicht glücklich sein; glücklich ist man
nur, wenn man so lebt, wie er
selbst.
Früher hat man versucht, den Menschen höhere Werte
zu vermitteln (das machen heute einige immer noch!): sauber
sein, korrekt, pünktlich usw. - in der Sprache der Religion heißt
das, ein
Leben nach den Geboten Gottes zu führen. Man lehrt dabei, dass
durch Verzicht auf einiges
Interessantes etwas Höheres - mehr Glück
- erreicht werden kann.
Aber was ist, wenn einer
kein "Höheres" sucht,
oder vom "Höheren" nichts wissen möchte? Es ist auch eine
Tatsache, dass nicht
alle Menschen alles können.
Sollen wir die anderen
in Ruhe lassen, damit sie ihr Glück dort finden, wo sie es haben
können, oder sollen
wir ihnen helfen, ihr
höheres Glück durch höheren
Werte zu erreichen? Die Heiligen,
deren Fest wir am
1. dieses Monates feiern, lehren uns, dass
wir immer etwas Besseres erreichen können, wenn wir auf
Geringeres verzichten.
Ich wünsche
uns, dass wir versuchen, immer
nach Höherem zu streben, damit wir glücklich sind, hier
und auch nach dem Tod.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Dezember 1997
Gott hat uns
geschaffen, er liebt uns und er kommt zu
uns
Liebe
Gemeinde,
was erwarten die Eltern von ihren Kindern? Sind
sie damit zufrieden, dass
ihre Kinder wissen
und zugeben: "Ich
weiß, dass mir meine
Eltern das Leben geschenkt haben". Was dürfen die Eltern von
den Kindern erwarten, die
von zuhause ausgezogen
sind? Sind sie damit
zufrieden, dass sich ihre Kinder
ab und zu
daran erinnern: "Meine
Eltern leben noch". Nur dieses Wissen
oder das Zugeben ist
viel weniger als das Minimum, was
man von seinen Kindern erwarten
soll. Man wird es vielleicht lustig
finden, wenn man sagt, dass nur so ein Wissen in einer
zwischenmenschlichen Beziehung in der Familie genüge.
Wie ist es in unserer Beziehung zu Gott? Die Zahl
der Menschen, die nur
mit einem "Ich glaube schon" zufrieden
sind, wächst in unserer
Umgebung. Was bedeutet:
"Ich glaube schon"?
Ist es nicht zuwenig,
dass jemand weiß, dass Gott existiert,
dass alle von Gott
abstammen, dass Gott auch mit
dem Leben der
Menschen etwas zu tun
hat? Was kann man
mit so einem
"Nur-Wissen" anfangen?
Auch die Dämonen wissen, dass
Gott existiert. Es war nicht Petrus, der sich als erster zu der
Gottheit Christi bekannt hat, sondern
die Dämonen, wie
wir im Markus-Evangelium lesen können: "Als er Jesus von weitem
sah, lief er zu ihm hin, warf sich vor
ihm nieder und schrie laut: Was habe ich mit dir zu tun, Jesus, Sohn
des höchsten Gottes?" (Mk
5,6-7). Dass es einen Gott gibt, dass er mächtig ist, dass er alles
geschaffen hat, um das zu wissen,
braucht man nicht
unbedingt ein Christ zu sein, das
wissen alle Menschen, die ein bisschen logisch denken können. Gott
erwartet von uns nicht nur dieses Wissen, sondern ein Leben,
in dem
die Liebe zu Gott eine große
Rolle spielt, denn Gott hat uns nicht nur geschaffen, sondern er liebt uns.
Wir sind
in der Adventszeit und bereiten uns auf
das große Fest Weihnachten vor. Dieses Fest erinnert uns daran, dass
unser Gott nicht ein Gott in der Ferne ist, sondern ein Gott
zum Anfassen; es erzählt uns, dass es nicht um einige Informationen
über Gott geht, sondern
um seine Liebe zu uns Menschen. Aus
dem Familienleben kennen
wir, dass - nur zu wissen,
wie einer mit
dem anderen verwandt ist, oder
wie die Lebensverhältnisse, der Gesundheitszustand oder
das Berufsleben der anderen
aussieht, zuwenig ist. Mehr Zuneigung, Liebe, Verständnis,
Kontakt und Zeit füreinander - das ist
es, was man von den anderen braucht und erwartet. Oder was meinen
Sie? Sind wir nicht enttäuscht, wenn wir
zu unseren Freunden gehen,
und von denen, wenn wir ihnen
unsere Sorgen mitteilen, nur
zu hören bekommen: Ich habe alles
verstanden - und sonst keine
weitere andere Reaktion?
Ich
wünsche uns allen, dass wir in den kommenden Tagen des Advents mehr
Zeit finden, über unsere Beziehung zu
Gott nachzudenken: Was erwartet
er von mir und wie reagiere ich ihm
gegenüber? Ein nur "Ich glaube schon" ist zuwenig.
Von Gott
erwarten wir viel mehr,
als ein "Ich weiß
schon", oder gibt
es Menschen unter uns,
die meinen, dass es genüge, dass Gott
alles weiß, was um
uns herum geschieht? Bestimmt nicht. Wir erwarten von Gott, dass
er uns hilft. "Ich weiß schon, ich glaube schon, ich habe
verstanden" ist nicht das, was wir brauchen. Wir haben
einen Gott, der mit einem "Ich weiß schon" nicht
zufrieden ist. Er hilft uns und
wirbt um unsere Liebe. Gott kommt zu uns
- das ist Weihnachten und wir suchen
ihn, in unserem alltäglichen Leben.
Besinnliche
Adventstage und ein gesegnetes Weihnachtsfest wünscht Ihnen
George
Chelappurath, Ihr Pfarrer