George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

Januar 1997

 

Nur für heute!

 

Liebe Gemeinde,

genau  gesehen, gibt es kaum mehr für das neue Jahr  zu  planen, denn fast alles ist schon vorgeplant. Schauen wir im  Terminkalender etwas genauer nach: die Feiertage, die Schultage, die  Arbeitstage,  die  Ferien  - alles ist schon  markiert.  Auch  die  Veranstaltungstermine  von Vereinen und anderen Gruppierungen  hat  man inzwischen  bekommen.  Die vielen Verpflichtungen  die  man  hat, sind auch schon festgelegt: die Geburtstagsbesuche, die Familienfeste  usw. - man braucht sie nur vom immerwährenden  Kalender zu  übernehmen. Und was will man im Neuen Jahr "neu"  machen? Das  Leben vor den Weihnachtsferien und danach wird  fast  gleich sein,   und  die  vielen  Wünsche?  Viele  davon  bleiben   unerfüllt, ausgenommen  die  formellen Wünsche für  ein  glückliches  neues Jahr,  was eigentlich kaum bedeutsam ist. Aber, merken  wir  nicht, dass  einiges  in unserem Leben doch anders  sein  sollte,  vielleicht mit  Beginn  des neuen Jahres? Aus Erfahrung weiß man,  dass  die vielen  Vorsätze nicht viel bringen, weil man sie nicht lange  durchhält.  "Ein  Jahr  oder  länger - das halte ich  nicht  durch"  -  diese Situation  kennt  man  doch! Bedeutet das,  dass  wir  nichts  Neues versuchen  sollten? Ein ganzes Jahr mit niemandem  streiten,  das werden wir vielleicht nicht schaffen; aber für heute, das werden wir doch schaffen. Das ganze Jahr durch, jeden Tag einige Zeit  beten -  das wird nicht so einfach sein; aber ein paar Minuten heute,  das werden  wir  doch  schaffen.  Also ist  mein  Wunsch  nicht  für  das ganze  Jahr 1997, sondern nur für heute, und um das  zu  formulieren, hole ich mir Hilfe von Papst Johannes XXIII:  

 

"Nur  für  heute  werde ich mich bemühen,  den  Tag  zu  erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.

 

Nur  für  heute  werde  ich  die  größte  Sorge  für  mein  Auftreten pflegen:  Ich  werden  niemanden  kritisieren,  ja,  ich  werde   nicht danach  streben, die anderen zu korrigieren oder  zu  verbessern... nur mich selbst.

Nur  für  heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein,  dass  ich für  das Glück geschaffen bin... nicht nur für andere, sondern  auch für diese Welt.

 

Nur  für  heute werde ich mich an die Umstände  anpassen,  ohne zu verlangen, dass sich die Umstände an mich und meine Wünsche anpassen.

 

Nur  für  heute  werde ich zehn Minuten  meiner  Zeit  einer  guten Lektüre   widmen.  Wie  die  Nahrung  für  das  Leben  des   Leibes notwendig  ist, so ist die gute Lektüre notwendig für das Leben  der Seele.

 

Nur  für heute werde ich eine gute Tat vollbringen, und  ich  werde es niemandem erzählen.

 

Nur  für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust  habe,  es zu tun; sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen,  werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.

 

Nur  für  heute werde ich ein genaues Programm  aufstellen.  Vielleicht halte ich mich nicht daran, aber ich werde es aufsetzen.  Und ich  werde  mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze  und  vor  der Unentschlossenheit.

 

Nur für heute werde ich fest glauben - selbst wenn die Umstände das  Gegenteil zeigen sollten - , dass die gütige Vorsehung  Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.

 

Nur  für  heute  werde  ich keine  Angst  haben.  Ganz  besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was  schön ist, und an die Güte zu glauben."

 

Das  Leben  ist  vielleicht lang; das neue Jahr hat  365  Tage;  aber das  "Heute"  -  das kann ich überblicken, und das  kann  ich  nach meinen Vorstellungen und Wünschen gestalten. Dass wir jeden Tag mit  dieser  Einstellung und Hoffnung beginnen können,  das  wünsche ich Ihnen und mir für das Jahr 1997.

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

Februar 1997

 

"Wir wollen dem Herrn dienen."

 

Liebe Gemeinde,

"Von da an verließen ihn viele von den Jüngern und begleiteten ihn nicht  mehr.  Da sagte Jesus zu den Zwölf: Wollt auch  ihr  weggehen?" (Joh 6, 66-67). An diesen Text aus dem Johannesevangelium  denke  ich, wenn ich höre, dass die Kirche oder  der  christliche Glaube  in  Frage  gestellt  wird. Man  fragt  auch:  Was  haben  wir falsch  gemacht,  dass  einige nicht mehr an  Jesus  glauben?  Was können wir anders machen, damit die Kirche attraktiver wird?

 

Viele  Verantwortlichen  der  Kirche  sind  bereit,  Kompromisse  zu schließen. Anstatt zu sagen was Gott will, versuchen sie, nach  der Meinung  der Mehrheit zu fragen und danach die Lehre der  Kirche zu  formulieren.  Wenn  sie  merken,  dass  die  Zahl  der  Anhänger geringer  wird, versuchen sie, etwas anderes anzubieten,  als  das, was  Jesus  angeboten  hat. Sie  wollen  die  "unerträgliche"  Lehre Jesu  erträglich  machen; sie sind bereit, Kompromisse  zu  schließen; sie schreiben die Lehre Jesu um, damit sie für alle  Menschen attraktiver wird, menschenfreundlicher, wie sie sagen. Viele wollen, dass  der Papst oder die Bischöfe die Lehre der Kirche zu  der  dem 21.  Jahrhundert  angepassten Form umschreiben,  in  dem  Abtreibung,  Scheidung,  Ausbeutung  der  Armen,  Krieg  für  die  Wohlstandsgarantie   usw.  zugelassen  wird,  damit  die  Menschen   so leben können, wie die meisten es haben möchten. Eines sollte uns klar  sein:  Wenn  Jesus  bereit  gewesen  wäre,  Kompromisse  zu schließen,  dann  hätte  er  nicht  am  Kreuz  sterben  müssen.  Die Frage  heute  lautet  nicht,  wie  wir  die  Lehre  Jesu  umschreiben können,  damit  alle konsumorientierten Menschen  sie  annehmen können,  sondern die Frage ist: Wollen wir die Lehre Jesu  annehmen? Jesus hatte eine Lehre zu verkünden, die eindeutig war  und er blieb dabei, auch wenn einige ihn verließen.

 

Es  gibt auch andere, die es gerne hätten, dass der Papst  oder  die Bischöfe klare Linien ziehen. Viele wollen, dass sie geführt  werden. Sie  wollen,  dass sie gezwungen werden,  auch  unter  Strafandrohung,  ein  Leben  nach der Lehre Jesu zu  führen.  Dass  so  etwas geschehen  kann, können wir aus den Ländern erfahren, in  denen eine  bestimmte  Religion  als Stadtreligion anerkannt  ist  und  alle gezwungen  sind,  nach der Lehre dieser Religion  zu  leben.  Aber Jesus  will,  dass wir seiner Lehre folgen, aber  mit  freier  Entscheidung.  Wir  sollten nur dann nach der Botschaft Jesu  leben,  wenn wir überzeugt sind, dass so ein Leben unser Leben retten kann.

 

Was  wir  heute brauchen, sind nicht moderne  Theologen,  die  die Lehre  Jesu  der modernen Zeit anpassen,  sondern  Familien,  die wie Josua sagen können: "Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn  dienen". Die Geschichte kennen wir. Josua, der  Nachfolger des Mose,  hat  sein  Volk in das  Gelobte  Land  Kanaan  geführt. Vierzig  Jahre  lang  waren  die  Israeliten  durch  die  Wüste  Sinai gezogen.  Immer wieder haben sie die Hilfe Gottes  erfahren.  Gott gab  ihnen  in  der Wüste Brot und Wasser;  aus  den  Händen  der Feinde  hat er sie gerettet. Damit sie in Frieden leben  können,  hat Gott  ihnen  die Gebote gegeben. Aber sie waren mit  Jahwe  nicht ganz  zufrieden, die alten Baalsgötter Kanaans waren für sie  noch attraktiver. Viele wollten beide haben, Jahwe und den Baal.  Josua sieht  die Gefahr. Er ruft die Stämme Israels zusammen  und  stellt die  entscheidende  Frage: "Wenn es euch aber nicht  gefällt,  dem Herrn  zu  dienen,  dann entscheidet euch heute,  wem  ihr  dienen wollt:  den Göttern, denen eure Väter jenseits des Stroms  dienten, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt."  Eindeutig ist  seine Entscheidung: "Ich aber und mein Haus, wir  wollen  dem Herrn dienen."

 

Diese  Forderung  zur Entscheidung für oder gegen Gott  ist  keine alte  Geschichte, auch wir stehen vor der Entscheidung: Gott  oder die Götzen unserer modernen Zeit - Erfolg und Konsum.

 

Ich  wünsche  unserer  Gemeinde  noch  einige  Familien,  die   mit Josua  sagen  können:  "Ich aber und mein Haus,  wir  wollen  dem Herrn dienen".

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

März 1997

 

Unsere Rolle als Kinder Gottes!

 

Liebe Gemeinde,

vielleicht kennen Sie diesen Spruch: "In seinem Reich ist jeder  ein König". So gesehen, ist der ärmste Mann ein König, zumindest  für seine  Frau  und  Kinder,  die er  mit  seinen  "paar  Mark"  ernährt. Dieser Spruch sagt aber auch aus, dass keiner überall und über alle herrschen  kann;  nur  für einige  Menschen  ist  irgendjemand  der Mächtigste, der Reichste, der Berühmteste, der Wichtigste; für  die anderen,  und  zwar für Millionen, ist dieser  jemand  eigentlich  ein Niemand!

 

Das  Zusammenleben in einer Gemeinschaft wird schwierig,  wenn das  einzelne  Mitglied sich in seiner Rolle  nicht  richtig  einordnen kann. Wenn ein Firmenchef nach Hause kommt und dort mit seiner Frau  oder seinen Kindern so wie mit seinen Angestellten  umgeht, dann  ist  das  mehr als schlimm! Er sollte in der  Lage  sein,  seine "Chef-Rolle" in der Firma zu lassen und als Ehemann und  Familienvater  nach  Hause  zu  kommen. Dies  ist  nicht  so  einfach,  es funktioniert auch nicht so automatisch, wie man z.B. durch  Knopfdruck verschiedene Programme im Fernsehen abrufen kann.  Aber man sollte versuchen, die verschiedenen Rollen, wie z.B. als Vater oder  Mutter, Kind, Arbeiter, Vereinsmitglied,  Abteilungsleiter  usw. zu   unterscheiden  und  sich  dementsprechend  zu  verhalten,   je nachdem mit wem man es zu tun hat. So z.B. sollte ein  Geschäftsführer,  wenn  er  in eine  Vereinsversammlung  kommt,  dort  nicht alles  bestimmen  wollen, wie er es sonst in seiner  Firma  gewohnt ist; auch sollte er mit seinen Vereinsmitgliedern nicht so  sprechen, wie  er  mit seinen Angestellten in der Firma spricht;  auch  auf  der Straße  muss  er  nicht unbedingt  mit  ernster  Miene  herumlaufen, damit  man  ihm  den Chef gleich ansieht. Jeder  Mensch  steht  irgendwann,  irgendwo im Mittelpunkt, aber keiner kann überall  und immer  dort  stehen. Je mehr wir diese  Tatsache  erkennen,  desto leichter ist das Zusammenleben in der Gemeinschaft.

 

Einen  Bogen  hält  man nicht immer gespannt - das  tut  man  nur, wenn  man  einen  Pfeil  abschießen  will,  sonst  verliert  er   seine Spannkraft.  Die  verschiedenen Rollen, die wir in  unserem  Leben zu  spielen  haben,  sind  für  uns eine  große  Hilfe,  uns  von  dem Stress,  den  die Arbeitsstelle mit sich bringt,  zu  entspannen.  Aber was  nützten einem die abwechselnden Rollen, wenn  man  überall mit der gleichen Spannung auftritt?

 

Diese  Fastenzeit, in der wir uns gerade befinden, hilft uns,  unsere eigentliche,  überall gültige Rolle zu entdecken - unsere  Rolle  als Kinder  Gottes.  Das  Gefühl,  dass wir  zur  großen  Familie  Gottes gehören,  dass wir nach seinen Anweisungen leben dürfen,  dass  er uns  behütet  und  uns ans Ziel führt, dieses  Gefühl  kann  uns  die beste  Entspannung geben - und dieses Gefühl können  wir  durch ein  Gebet, durch ein Gespräch mit Gott, durch  Nachdenken  über unsere  Position in der Familie Gottes vertiefen. Wie schön  ist  es, dass wir auch die Rolle eines Kindes übernehmen dürfen, vor allem vor  unserem  Gott.  "Wenn  ihr nicht umkehrt  und  wie  die  Kinder werdet,  könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer  so  klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte"   (Mt 18,3-4).

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

April 1997

 

Wir sollten das tun, was für unser Leben wichtig ist.

 

Liebe Gemeinde,

wenn   es   um  das  Lernen  bestimmter  Fächer   geht,   reagieren manche  Kinder  mit  der Bemerkung:  "Das  macht  keinen  Spaß"! darf die Antwort der Eltern darauf sein: "Du kannst aufhören, wenn Du nicht lernen möchtest", oder - "Du musst selber wissen, was Du tust,  entscheide selber"? Geht es dabei um wichtige  Dinge,  dann könnten  die  Folgen gravierend sein, denn im Leben gibt  es  nicht nur angenehme und erfreuliche Ereignisse, sondern auch unangenehme  und  harte, und damit man mit allen fertig  wird,  muss  man dementsprechend vorbereitet sein. Die Kinder sollten deshalb nicht nur das tun, was Spaß macht, sondern auch das, was für ihr Leben wichtig ist.

 

Es  war vor einigen Jahren. Als ich mit den  Erstkommunionkindern einen   Kindergottesdienst  planen  wollte,  und  als  es   um   einen Termin  für  die Probe ging, konnte ich mit ihnen  keinen  vereinbaren,  denn jeder hatte etwas anderes vor: Hobbys, oder  Entfaltung dieses  oder  jenes  Talentes. Ich erinnere mich  an  ein  Mädchen, das  auf meine Frage: "Wann hast Du überhaupt Zeit"  geantwortet hat:  "Nie".  Ihre  Mutter  hat sie  von  einem  Termin  zum  anderen gehetzt - ja, schließlich muss aus ihr einmal etwas werden.  Dieses Mädchen  kam  dann  später  zum  Firmunterricht.  Als   15-jährige Jugendliche hat sie mir erzählt: "In meiner Freizeit gehe ich herum, treffe  meine  Freunde  hier und dort." Auf  meine  Frage,  was  aus ihren  Hobbys und Talenten geworden ist, lautete die Antwort:  "Ich hatte  keine Lust mehr gehabt, ich habe mit allem aufgehört."  Jetzt hat  sie  weder eine religiöse Erziehung,  noch  eine  künstlerische. Die  Talente sollte man früh genug erkennen und sie fördern.  Aber man  muss  unterscheiden, was für das Leben wichtig  ist  und  was man für die Freizeitbeschäftigung braucht.

 

Man  merkt,  dass eine Entscheidung über dies oder jenes  nicht  so einfach  ist,  denn  die  Angebote sind  nicht  zu  überblicken,  jeder wirbt  für  seine Sache. Jede Gruppierung freut sich, wenn  sie  bei ihrer  Veranstaltung  ein "volles Haus" hat. "Du bist immer  bei  uns willkommen";  "Dein Sohn/Deine Tochter kann zu uns  kommen"  - solche  Einladungen  gibt  es genug. Eine  der  meist  verwendeten Tricks  bei einer Aufführung oder Veranstaltung ist: man  gibt  einer einflussreichen  Person  eine  Rolle oder  Aufgabe,  dann  heißt  es: "Wenn er/sie dabei ist, kommt auch der "Anhang". Was würden Sie über  ein  Kind sagen, das vielleicht die Nachbarin  mehr  liebt,  als die  eigene  Mutter.  Die  Nachbarin ist sehr nett  und  lieb;  sie  hat immer  ein  nettes und lobendes Wort oder ein  Stück  Schokolade. Die   Mutter  aber  schimpft  über  jede  Kleinigkeit.  Bei   dreckigen Schuhen  z.B.  schimpft  die Mutter, aber die  Nachbarin  sagt:  "Es macht  nichts,  komm  nur herein". Wir wissen  aber,  dass  es  nicht lange  dauert,  bis  das Kind merkt, wer es wirklich  liebt.  Sollte  es einmal krank werden, wer nimmt sich dann Zeit für das Kind? 

 

Wir sollten schlau genug sein, zu unterscheiden, wer uns mag  und uns   helfen  möchte  und  wer  uns  nur  ausnützt.  Und  dass   man ausgenützt   wurde,  merkt  man  dann,  wenn  es   plötzlich   heißt:  "Zutritt nur für Mitglieder" oder "Nur für Geladene". Maßgebend  für unsere  Entscheidung ist nicht der Wortlaut der Angebote, sondern das, was wir brauchen und uns leisten können.

 

Klug  sein  sollten wir, nicht nur um das zu erreichen, was  wir  wollen,  sondern  um uns auch das als Ziel zu setzen, was  wir  unbedingt  brauchen. Vieles brauchen wir nur für ein paar  Jahre,  anderes brauchen wir für das ganze Leben.

Es Grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

Mai 1997

 

Christi  Himmelfahrt,  Pfingsten  und  Fronleichnam

 

Liebe Gemeinde,

drei  wichtige  Feste  des christlichen Lebens feiern  wir  im  Monat Mai:  Christi  Himmelfahrt,  Pfingsten  und  Fronleichnam.   Obwohl einige unter uns nur Weihnachten und Ostern als christliche  Feste ansehen, sind die kommenden Feiertage mit unserem  christlichen Leben  so verbunden, dass wir über ihren Sinn nachdenken  sollten. Verteidigen sollten wir das Beibehalten dieser Feste, nicht nur zum Zweck einige freie Tage, sondern als Erhalt der christlichen  Tradition und Kultur.

 

Das  Fest  Christi  Himmelfahrt sagt uns nicht  nur  etwas  über  die Heimkehr  Jesu zu seinem Vater im Himmel, sondern es stellt  uns unser Ziel vor Augen, das endgültige Ziel: Auch wir sind unterwegs zu unserem Vater im Himmel. Dieser Gedanke weckt in uns Gefühle von Schutz und Geborgenheit, von Glück und Erfüllung zusammen  mit  lieben Menschen, und dieses Zuhause wird  dann  unser allerletztes sein und wird es für immer bleiben.

 

Es  kann  sein, dass diese Wohnung bei Gott für  einen  Sterbenden oder  Toten unmittelbar bevorsteht, aber dieser Gedanke  ist  auch für  die  Lebenden sehr wichtig, denn diese Wohnung  bei  Gott  ist das  Ziel  unseres  Lebens  und  je  deutlicher  wir  dieses  Ziel  vor Augen   haben,   desto  konsequenter  können   wir   unser   Leben diesem Ziel entgegensteuern.

 

Jeder,  der  irgendwo hin möchte, will unbedingt  wissen,  wie  man dort ankommen kann, er will den Weg schon im Voraus kennen. Er macht  sich  Notizen darüber, er erkundigt sich, wie der  Weg  aussieht  -  in der heutigen Zeit muss er auch  über  Staugefahren  und Umleitungen informiert sein. Der Klügere plant alles im Voraus.  So soll  es  auch  in unserem Leben sein. Das Ziel  kennen  wir  -  die Wohnung bei unserem Vater. Den Weg dorthin kennen wir auch  - das ist Jesus selber. Seine Anweisungen sind für uns Kompass und Straßenkarte.  Zieht  man  Parallelen  zum  Straßenverkehr,   dann haben  auch  wir einen "Bordcomputer" in uns, der  uns  über  alles rechtzeitig  informiert  und  warnt - unser  Gewissen.  Wenn  es  in Ordnung  ist,  wenn  alles richtig programmiert  und  eingestellt  ist, nämlich  mit  dem  Programm Gottes, dann  können  wir  auch  den Bordcomputer   benützen,  wir  können  uns  auf  unser   Gewissen verlassen.  Es sagt uns auch, wie es weitergehen soll -  aber  bitte nur,  wenn  es in Ordnung ist, sonst kann es nämlich sein,  dass  es uns  falsche  Angaben  gibt,  welche uns  vom  Ziel  entfernen.  Wir haben immer wieder von Flugzeugabstürzen gehört. Meistens liegt der  Fehler  an  den Geräten, die falsche Angaben  von  Höhe  und Geschwindigkeit übermitteln, die dann zwangsläufig zur  Katastrophe  führen. Damit wir uns auf unser Gewissen verlassen  können, muss  es korrekt, d.h. nach der Lehre Jesu und der  Kirche  geformt sein. Wenn nicht, werden wir irgendwo unterwegs abstürzen.

 

Um unser endgültiges Ziel zu erreichen, sind wir nicht  alleingelassen  - so sagt uns das Pfingstfest. Der Heilige Geist steht  zu  uns, der  Geist der Weisheit, Einsicht, des Rates, der Erkenntnis,  Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht.

 

Das  Fronleichnamsfest zeigt uns, dass wir auf unserem  Weg  zum Ziel  mit  der Stärkung des Leibes Christi  rechnen  können.  Jesus bleibt bei uns als lebendiges Brot unseres Lebens.

 

Unterstützt von den Gaben des Heiligen Geistes, gestärkt mit  dem Brot des Lebens, sind wir unterwegs zu unserem Vater im Himmel. 

 

Ich  wünsche  mir und Ihnen, dass wir alle einmal  in  dieser  ewigen Heimat,   die  Gott  uns  schenkt,  zusammenkommen.  Dort   sollte keiner  von  uns  fehlen, auch die nicht, die wir oder  die  uns  nicht gerne haben.

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

Juni 1997

 

Mit Gott kann man glücklicher leben!

 

Liebe Gemeinde,

ein Jugendlicher sagte mir vor kurzem: "Mein Vater betet nie,  aber dass  ihm  dadurch  irgendetwas fehlt, das merke ich  nicht!"  Es  ist klar,  auch  wenn man nicht an Gott glaubt, auch  wenn  man  nicht betet  -  die  anderen  müssen es  nicht  gleich  merken.  Aber  die Frage ist, wie lange bleibt es unbemerkt?

 

Ohne  Luft  kann  man leben, aber nur  ein  paar  Sekunden;  ohne Wasser  kann  man leben, aber nur ein paar  Stunden;  ohne  Nahrung  kann  man  leben, aber nur ein paar Tage;  ohne  Sport  kann man  leben, aber nur einige Jahre. Die Frage ist nicht nur, ob  man lebt, sondern auch wie man lebt.

 

Wenn man an Gott nicht glaubt, ist man ernster, denn die  Verantwortung  für  alles  hängt an einem selber;  man  muss  alles  selber planen,  alles selber entscheiden, für alles selber sorgen.  Je  mehr Verantwortung, desto ernster wird der Mensch.

 

Glaubt  man an Gott, dann ist die Sache anders. Nicht man  selbst, sondern  Gott  ist für alles verantwortlich; er lenkt und  waltet  alles, der  Mensch braucht nur mitmachen; er hat zwar eine  große  Verantwortung, aber nicht die Haupt-Verantwortung! Er soll alles  tun, was Gott von ihm erwartet und dann kann er alles Gott überlassen. Das  gibt  ihm  dann eine Freiheit, die ihn  glücklich  machen  kann. Solche  Freiheit  kann  man  z.B. bei  den  Kindern  sehen,  welche sorgenfrei  und  glücklicher leben, weil die Eltern alles für  sie  verantworten.

 

Wie  wir  uns Gott vorstellen, auch das hat eine  große  Wirkung  in unserem  Leben.  Stellen  wir  uns  Gott  als  Tyrannen  vor,   dann können  wir  vor  ihm  nur in Angst leben; stellen  wir  uns  Gott  als jemanden  vor,  der  für das Leben  der  Menschen  kein  Interesse zeigt,  der nur für sich lebt und von den Menschen  Opfer  verlangt, dann  ist das Leben für uns hart und mühevoll; stellen wir uns  Gott als  unseren  Vater  vor, dann haben wir die  Freiheit  und  die  Lebenseinstellung eines Kindes.

 

Ohne Gebet, ohne konkrete und bewusste Beziehung zu Gott  kann man  leben  (obwohl wir ohne Gott überhaupt  kein  Leben  hätten), aber  was  ist das für ein Leben? Die Mönche aus  früheren  Zeiten erzählten  den  Menschen, die über Gott nichts hören  wollten:  "Du darfst ohne Gott leben, aber lebe so, dass Du immer lachen kannst" d. h. man sollte sein Leben so planen, dass man immer fröhlich sein kann.  Das  haben sie gesagt, weil sie sicher waren, dass  ein  fröhliches  Leben auch ein gläubiges Leben ist.  Klar, fröhlich sein  kann man, nur wenn man ein ordentliches Leben führt, wenn die  Beziehung  stimmt,  wenn man keine Angst hat; Angst  vor  der  Zukunft, Angst  vor  dem Tod, Angst vor dem Leben nach  dem  Tod.  Unsicherheit  bringt  Angst mit sich. Als wir in  der  Jugendgruppe  über dieses Thema sprachen, hat ein Junge spontan gesagt: "Mein Opa kann  lachen!"  Warum  erwähnte er nur den Opa?  Wie  ist  es  mit dem   Vater  und  der  Mutter?  Hat  dieser  Junge  sie  nie   lachen gesehen?  Es  geht  nicht um das Lachen, es geht  um  ein  zufrieden stellendes  Leben.  Lachen  können, ist nur  die  Frucht  davon. Ohne  Beziehung  zu  Gott, ohne Gebet  und  Gottesdienste,  kann man leben, aber mit einer Beziehung zu Gott kann man noch glücklicher leben.

 

Ich  wünsche mir und ihnen, dass wir sagen können, nicht  nur  jetzt sondern  immer, bis ans Ende unseres Lebens, nicht in der  Einbildung sondern wirklich: "Mir fehlt nichts, ich bin glücklich!" 

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

Juli 1997

 

Bei uns soll es anders sein

 

Liebe Gemeinde,

haben  Sie Schwierigkeiten, mit Ihren Kindern über Gott,  über  die 10  Gebote,  über die Weisungen der Kirche,  über  die  Teilnahme am  Gottesdienst  am Sonntag, über ein Leben nach  dem  Tod  zu sprechen?  Haben  Sie Angst davor, dass  Sie  ausgelacht  werden, wenn   Sie  so  etwas  tun?  Die  heutige  Jugend,   die   modernen Menschen, die studierte Generation, die aufgeklärten Menschen  - so  wird  unsere  Gesellschaft  bezeichnet  und  vor  ihr  will   kaum jemand  über  Gott reden. Über Themen, die in früherer  Zeit  Tabu waren, redet man heutzutage ohne Hemmung in der  Öffentlichkeit und  religiösen Themen werden nun in den  Hintergrund  gedrängt. Wer  nicht  mit der Zeit geht, wird nicht ernst genommen,  wird  aus der Gesellschaft ausgestoßen. Es sollte uns klar sein, dass wir nicht alles  und  überall  mitmachen können,  nicht  immer  modern  sein können.  Wir  sollten den Mut haben, auch einmal  nein  zu  sagen, nein zum Modernsein, denn Jesus lädt uns ein, ein anderes Leben zu führen, als das, was die Welt von uns erwartet.

 

"Ich  habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat  sie  gehasst, weil  sie  nicht  aus der Welt sind, wie auch ich nicht  aus  der  Welt bin" (Joh 17,14). Wir Christen sind zwar in der Welt, aber nicht aus der  Welt. Viele von den so genannten Christen haben  inzwischen so  viele Kompromisse gemacht, die Worte Jesu soweit  umgedeutet,  dass sie sich von gottlosen Menschen nicht viel  unterscheiden. Woran  können die Menschen in unserer Umgebung  merken,  dass jemand  an  Jesus glauben? Indem man nach Lust  und  Laune  ab und  zu in die Kirche geht, weil an diesem Sonntag das  Wetter  zu schlecht ist, um einen Spaziergang oder eine Radtour zu  machen; oder  keine Vereine da sind, die für diese oder  jene  Veranstaltung einladen?  In welchen Bereichen unseres Lebens sind  wir  konsequent?  Wo und wann können wir sagen, und sagen auch  tatsächlich,  dass  wir  Christen sind und weshalb wir dies  und  jenes  nicht mitmachen  können.  Welche  Eltern  haben  heutzutage  den  Mut, ihren Kindern zu sagen: so etwas könnte ein "Nichtchrist" tun, aber uns paßt so etwas nicht, weil wir an Jesus glauben?

 

Wir,  die  Gläubigen, haben ein anderes Leben zu  führen,  als  die, die  nicht an Jesus glauben. Unser Glaube bringt uns Nachteile;  z. B.   können   wir  nicht  den   Sonntagsgottesdienst   mitfeiern   und gleichzeitig  eine Veranstaltung eines Vereines, welche  nur  Sonntagvormittags stattfindet, mitmachen. Wir werden auch ausgelacht, wenn  wir  ein  anders Leben führen als  die  anderen.  Ein  anders Leben  bedeutet nicht, dass wir für Weltflucht sind. Das Gebet  Jesu lautet: "Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern vor dem Bösen bewahrst"(Joh 17, 15). Also - wir bleiben hier in dieser Welt,  unter  den  Menschen, mit denen  wir  zusammenleben.  Wir suchen  unser Heil heute und nicht erst wenn dieser oder jener  tot ist oder erst wenn eine neue Weltordnung gekommen ist.

 

Die  Kinder,  die  von der Schule kommen  fragen  die  Eltern:  "Die anderen  Kinder  dürfen  dies  und  jenes  tun,  warum  darf  ich  es nicht?"  Jugendliche, die von ihren Kumpels kommen,  ärgern  sich über  ihre  Eltern mit dem Vorwurf: "Andere dürfen  es,  warum  ich nicht?" Es gibt eine Antwort auf die Frage "Warum wir einiges nicht dürfen, was die anderen tun, oder warum wir einiges müssen,  was die anderen nicht tun". Diese Antwort heißt: Bei uns soll es  anders sein.  Wir  haben  andere Maßstäbe. Das  bedeutet  nicht,  dass  wir Christen etwas Besonderes sind, wie vielleicht die Mitglieder einiger  Sekten  denken.  Wir  sind  nichts  Besonderes,  aber  wir   sind anders;  wir  Christen  müssen  uns  anders  verhalten.  Wir  haben Maßstäbe  für  unser Leben und Verhalten, Maßstäbe, die  wir  von Jesus  bekommen  haben. Ohne anders zu sein  als  die  anderen, ohne  anders zu handeln als die anderen, ohne anders  zu  denken als die anderen, können wir nicht Christen sein.

 

Es ist möglich und es lohnt sich, dass wir ab und zu "nein" sagen zu den vielen Angeboten und Einladungen dieser Welt, die ohne  Gott leben möchten. Wir müssen nicht immer und überall modern sein.

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

Oktober 1997

 

"Danken und Teilen"

 

Liebe Gemeinde,

die beiden Feste, die wir im Monat Oktober feiern - das Erntedankfest  am ersten Sonntag im Oktober und den  Weltmissionssonntag am   letzten  Oktober-Sonntag  -  bringen  uns  mit zwei wichtigen Einstellungen unseres christlichen Lebens "Danken und Teilen" zur Besinnung.

 

Es  ist  eine alte Tradition, dass wir einmal im  Jahr,  am  Erntedankfest, besonders für die Ernte der menschlichen Arbeit Gott danken. Diese  unsere  Dankbarkeit  für alles, was Gott  uns  gegeben  hat, sollten wir in die Tat umsetzen - und dazu lädt uns der  Weltmissionssonntag  ein. Danken verpflichtet uns zu teilen. Der  Weltmissionssonntag   erinnert  uns  daran,  dass  wir  für  das  Heil   anderer Menschen   Verantwortung   tragen.   Verantwortung   für    andere Menschen  -  das ist etwas, was viele nicht gerne hören,  denn  sie meinen:  Jeder  ist  für  sich selbst  verantwortlich,  und  wenn  das schief  geht,  dann  heißt  es:  "Selber  schuld".  Aber  wir  Christen werden  immer  wieder  daran  erinnert,  dass  wir  auch  für  andere Menschen,  vor allem für deren Wohl -materiell und  geistig-  verantwortlich sind.

 

In  diesem  Jahr wird beim Gottesdienst  am  Weltmissionssonntag aus  dem  Markusevangelium  die Heilung  des  blinden  Bartimäus vorgelesen.  Der  Blinde  sitzt vor  Jericho  allein  am  Straßenrand. Eine  große Menschenmenge geht an ihm vorbei und  er  bekommt mit,  dass  Jesus in die Stadt kommt. Von ihm hat er viel  gehört;  er will  die  Gelegenheit  nützen und ruft  laut:  "Sohn  Davids,  Jesus, erbarme  dich  meiner!"  Damals, als die Menge  um  Jesus  diesen Schrei  von dem Blinden hörte, versuchten sie zuerst, ihn  mundtot zu  machen.  Auch  heute sitzen  Menschen  am  Straßenrand  des Lebens,  Blinde  und  Lahme,  Arme und  Verzweifelte  -  auch  sie schreien  um Hilfe. Sie bitten um Brot, rufen nach Liebe  und  Freiheit,  schreien nach Gesundheit und Heil. Aber auch heute  gibt  es Menschen,  die den um Hilfe schreienden Menschen sagen:  "Bitte schrei  nicht  so laut; irgendwann wirst du gerettet;  irgendwie  wirst du  gerettet; hab nur Geduld." Der Weltmissionssonntag  sagt  uns, dass wir diese Menschen fragen sollten: "Was willst du, was soll ich für dich tun?"

 

Wir   wissen,  was  sie  von  uns  erwarten,  nämlich  unsere   Hilfe. Dieses  kann  vielerlei  bedeuten: dass wir  sie  in  unsere  Fürbitten einschließen, dass wir sie annehmen, wie sie sind. Der Sonntag der Weltmission ist auch ein Anlass dafür, sie finanziell zu unterstützen. Viele Missionare und Entwicklungshelfer erwarten unsere finanzielle Hilfe, ohne welche sie nicht weiterkommen können. Jesus öffnet uns  die  Augen,  wir  sollten  sie  nun  nicht  wieder   verschließen, sondern  sie  offen lassen, damit wir die Nöte  anderer  sehen  und ihnen helfen können.

 

Teilen  sollten  wir  auch  unseren Glauben.  "Jesus  ruft  dich"  das wollen   wir   anderen  Menschen  weitererzählen,   nicht   nur   den Menschen in den sogenannten Missionsländern, sondern auch  die bei  uns,  die von Jesus noch nichts gehört haben, die  Jesus  nicht so  gut kennen. Die Nöte der Menschen sind nicht  nur  finanzieller Art,  viele hungern nach dem Sinn des Lebens und  nach  Lebensorientierungen, dieses kann ihnen Jesus geben.

 

Auch wenn wir an Jesus glauben, kommt es immer wieder vor, dass wir  nicht  wissen,  wie  es weitergehen soll.  Dann  wird  auch  uns gesagt: "Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich."

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

November 1997

 

Höheres  Glück - Glücklich sein hier und nach  dem Tod

 

Liebe Gemeinde,

wer z.B. ein Aquarium besitzt kann beobachten, dass das Verhalten der  Fische  unterschiedlich  ist: bei einer  Sorte  frisst  der  Mutterfisch seine  Jungen  gleich  nach der Geburt und wir  vermuten,  dass  es diesem Fisch Spaß macht, dies zu tun. Bei einer anderen  Fischart kann  man beobachten, dass der Mutterfisch tagelang hungert,  weil er  seine Jungen im Maul großzieht. In der Tierwelt kann man  also beobachten:  je  entwickelter ein Tier desto höher sind  die  "Werte", die  sie in ihrem Verhalten zeigen. Ein Schwein fühlt sich im  Dreck wohl,  während  eine  Katze  laufend ihr Fell  putzt,  um  sauber  zu sein.  Ohne Schwierigkeiten kann man ein Ferkel von  der  Muttersau  wegnehmen,  aber  um ein Junges von  Elefanten  oder  Affen wegzunehmen,  dazu muss man sein Leben riskieren. Lieber für  ihr Kind  sterben  als es sich wegnehmen zu lassen, das ist  für  diese Tierart  wichtig.  Nicht  nur bei den Tieren,  sondern  auch  bei  uns Menschen  kann man feststellen, dass die Kriterien und  Voraussetzungen, welche glücklich machen, unterschiedlich sind und dass es niedere und höhere Stufen gibt.

 

"Ich  bin  glücklich" - das hört man überall. Aber  das  Interessante dabei ist, dass man so etwas von Leuten mit unterschiedlichen oder sogar  gegensätzlichen Lebenseinstellungen und Aktivitäten  hören kann.

 

Wenn  ein  Kind auf der Straße spielen kann, ist  es  glücklich  darüber,   auch   wenn  es  in  dieser   Zeit   eigentlich   Hausaufgaben machen  sollte; ein anderes dagegen ist glücklich, wenn  es  zuerst seine  Arbeiten erledigen kann. Jemandem macht es  Spaß,  wenn er   sich  betrinken  und  danach  stundenlang  schlafen  kann,   ein anderer hat Spaß daran, den ganzen Tag zu arbeiten. Glücklich ist jemand,  wenn  er sein schwerverdientes Geld sparen und  für  das Alter  zurücklegen  kann,  während ein  anderer,  der  alles  kaufen kann, was ihm gefällt, auch wenn er dabei Schulden macht,  glücklich  ist.  Nach getaner Arbeit kommt man gerne  nach  Hause  und freut  sich,  dass  man  bei der Familie  sein  kann;  die  Freude  von anderen besteht darin, dass man den Feierabend mit den  Kumpels auf  der Straße oder in einer Wirtschaft verbringen kann.  Glücklich ist einer, wenn er zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist,  und so  etwas  zur  Rettung  der Umwelt  beitragen  kann,  während  es einem anderen Spaß bereitet, wenn er einen Rennwagen fährt und den  Umweltschutz nicht berücksichtigt. Einem macht es  Spaß  zu stehlen,  der  andere  ist glücklich,  wenn  er  mit  selbstverdientem Geld  einkaufen kann, auch wenn der Einkaufskorb nicht voll  wird. Beispiele  solcher  Erfahrungen kann man endlos  fortsetzen  -  wir kennen sie alle.

 

Was   wir   bei  solchen  glücklichen   Menschen   noch   feststellen können, ist die Tatsache, dass immer einer den anderen  überreden will, seinen jeweiligen Lebensstil zu übernehmen, weil er denkt: die anderen  können  nicht glücklich sein; glücklich ist man  nur,  wenn man so lebt, wie er selbst.

 

Früher  hat man versucht, den Menschen höhere Werte zu  vermitteln  (das machen heute einige immer noch!): sauber sein,  korrekt, pünktlich  usw. - in der Sprache der Religion heißt das,  ein  Leben nach  den  Geboten Gottes zu führen. Man lehrt dabei,  dass  durch Verzicht  auf einiges Interessantes etwas Höheres - mehr Glück  - erreicht  werden  kann.  Aber was ist,  wenn  einer  kein  "Höheres" sucht, oder vom "Höheren" nichts wissen möchte? Es ist auch eine Tatsache,  dass  nicht  alle Menschen alles können.  Sollen  wir  die anderen  in  Ruhe  lassen, damit sie ihr Glück dort finden,  wo  sie  es haben  können,  oder  sollen  wir ihnen  helfen,  ihr  höheres  Glück durch  höheren  Werte zu erreichen? Die Heiligen,  deren  Fest  wir am  1.  dieses  Monates feiern, lehren uns,  dass  wir  immer  etwas Besseres erreichen können, wenn wir auf Geringeres verzichten.

 

Ich  wünsche  uns,  dass wir versuchen,  immer  nach  Höherem  zu streben, damit wir glücklich sind, hier und auch nach dem Tod.

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

Zurück

 

Dezember 1997

 

Gott  hat uns geschaffen, er liebt uns und er  kommt zu uns

 

Liebe Gemeinde,

was  erwarten die Eltern von ihren Kindern? Sind sie damit  zufrieden,  dass  ihre  Kinder  wissen  und  zugeben:  "Ich  weiß,  dass  mir meine  Eltern das Leben geschenkt haben". Was dürfen die  Eltern von  den  Kindern  erwarten, die  von  zuhause  ausgezogen  sind? Sind  sie  damit  zufrieden, dass sich ihre Kinder  ab  und  zu  daran erinnern:  "Meine Eltern leben noch". Nur dieses Wissen  oder  das Zugeben  ist  viel weniger als das Minimum, was  man  von  seinen Kindern  erwarten  soll.  Man wird es vielleicht  lustig  finden,  wenn man  sagt, dass nur so ein Wissen in  einer  zwischenmenschlichen Beziehung in der Familie genüge.

 

Wie  ist es in unserer Beziehung zu Gott? Die Zahl der  Menschen, die  nur  mit  einem  "Ich glaube schon"  zufrieden  sind,  wächst  in unserer  Umgebung.  Was  bedeutet:  "Ich  glaube  schon"?  Ist  es nicht  zuwenig,  dass jemand weiß, dass Gott existiert,  dass  alle  von Gott  abstammen,  dass  Gott auch mit  dem  Leben  der  Menschen etwas  zu  tun  hat?  Was kann  man  mit  so  einem  "Nur-Wissen" anfangen?  Auch  die Dämonen wissen, dass Gott existiert.  Es  war nicht Petrus, der sich als erster zu der Gottheit Christi bekannt hat, sondern   die  Dämonen,  wie  wir  im   Markus-Evangelium   lesen können: "Als er Jesus von weitem sah, lief er zu ihm hin, warf  sich vor ihm nieder und schrie laut: Was habe ich mit dir zu tun,  Jesus, Sohn  des  höchsten Gottes?" (Mk 5,6-7). Dass es einen  Gott  gibt, dass er mächtig ist, dass er alles geschaffen hat, um das zu  wissen, braucht   man  nicht  unbedingt  ein  Christ zu sein,  das  wissen   alle Menschen,  die ein bisschen logisch denken können.  Gott  erwartet von  uns  nicht nur dieses Wissen, sondern ein Leben, in  dem  die Liebe  zu Gott eine große Rolle spielt, denn Gott hat uns  nicht  nur geschaffen, sondern er liebt uns.

 

Wir  sind  in der Adventszeit und bereiten uns auf  das  große  Fest Weihnachten  vor. Dieses Fest erinnert uns daran, dass unser  Gott nicht  ein Gott in der Ferne ist, sondern ein Gott zum Anfassen;  es erzählt  uns, dass es nicht um einige Informationen über  Gott  geht, sondern  um seine Liebe zu uns Menschen. Aus  dem  Familienleben  kennen  wir,  dass - nur zu wissen, wie  einer  mit  dem  anderen verwandt ist, oder wie die Lebensverhältnisse, der Gesundheitszustand  oder  das  Berufsleben der  anderen  aussieht,  zuwenig  ist. Mehr Zuneigung, Liebe, Verständnis, Kontakt und Zeit  füreinander - das ist es, was man von den anderen braucht und erwartet. Oder was  meinen  Sie? Sind wir nicht enttäuscht, wenn wir  zu  unseren Freunden  gehen,  und von denen, wenn wir ihnen  unsere  Sorgen mitteilen,  nur  zu  hören bekommen: Ich habe  alles  verstanden  - und sonst keine weitere andere Reaktion?

 

Ich wünsche uns allen, dass wir in den kommenden Tagen des Advents  mehr  Zeit finden, über unsere Beziehung zu  Gott  nachzudenken: Was erwartet er von mir und wie reagiere ich ihm  gegenüber?  Ein  nur "Ich glaube schon" ist zuwenig. Von  Gott  erwarten wir  viel  mehr,  als  ein "Ich weiß schon",  oder  gibt  es  Menschen unter  uns,  die meinen, dass es genüge, dass Gott  alles  weiß,  was um  uns herum geschieht? Bestimmt nicht. Wir erwarten von  Gott, dass  er uns hilft. "Ich weiß schon, ich glaube schon, ich  habe  verstanden"  ist  nicht das, was wir brauchen. Wir  haben  einen  Gott, der  mit einem "Ich weiß schon" nicht zufrieden ist. Er hilft uns  und wirbt  um unsere Liebe. Gott kommt zu uns - das ist  Weihnachten und wir suchen ihn, in unserem alltäglichen Leben.

Besinnliche Adventstage und ein gesegnetes Weihnachtsfest wünscht Ihnen

George Chelappurath, Ihr Pfarrer

Zurück