Januar 1998
Die Geschichte von drei Frauen und ihren Söhnen
Liebe
Gemeinde,
ich kenne
eine Familie, die hat drei Kinder; beide Eltern sind
berufstätig. Die Kinder
sind nicht so gut im Lernen,
vor allem die Älteste
hatte Schwierigkeiten in der
Schule. Die Mutter
schimpft immer wieder mit ihr,
weil sie kein Abitur geschafft hat. Jedes Mal wenn ich diese Familie besuchte,
hörte ich nichts anderes, als dass die
Mutter von den Kindern verlangt: Lernen, mehr lernen. Niemals sah ich diese
Frau zufrieden. Genug zum Leben hatte diese
Familie. Dass ihr
Mann nicht genug verdient,
darüber sagt sie
nichts, aber sie zeigt es, man merkt es ihr an. Dass die Kinder
lieb sind, dass sie
hilfsbereit und nett zu anderen sind, dass ihr Mann für
die Familie da ist, dass er sie liebt - das nimmt sie nicht
wahr, das ist für sie kein Thema.
Kein Einzelfall
- so werden Sie sagen. Auch
Sie kennen solche oder
ähnliche Fälle. Dass ein Vater oder eine Mutter über
die schlechten Noten ihrer Kinder traurig ist, das ist verständlich.
Aber, darf es soweit kommen, dass ein
Kind Angst hat, nach einer Klassenarbeit, die
nicht so gut ausfiel, nach Hause
zu gehen. Es ist
erfreulich, dass wir so viele Eltern
haben, die sagen können: "Mein
Kind ist nicht
das intelligenteste, nicht
das klügste, nicht
das hübscheste - aber
Gott hat mir dieses
Kind gegeben und
ich nehme es an, wie es ist".
Die
folgende Geschichte ist von Leo N. Tolstoj:
Drei Frauen wollten Wasser holen am Brunnen.
Nicht weit davon entfernt saß ein
Greis auf einer Bank und hörte
zu, wie
die Frauen ihre Söhne
lobten. "Mein Sohn", sagte die erste, "ist
ein geschickter und wendiger Junge. Er übertrifft an Behändigkeit
alle Knaben im Dorf." "Mein Sohn", sagte die zweite,
"hat die Stimme einer Nachtigall.
Wenn er singt, schweigen alle Leute still und bewundern ihn. Er wird einmal ein
großer Sänger werden." Die dritte Frau schwieg. "Warum sagst du gar
nichts über deinen Sohn?" fragten die beiden anderen. "Ich wüsste
nicht, womit ich ihn loben könnte", entgegnete diese. "Mein
Sohn ist nur ein gewöhnlicher Junge und
hat nichts Besonderes an
sich. Aber ich
hoffe, er wird
einmal im Leben seinen
Mann stehen!" Die Frauen füllten ihre Eimer
und gingen heim. Der Greis ging
langsam hinter ihnen her. Er sah, wie hart
es ihnen ankam, die schweren Eimer zu tragen, und er wunderte sich nicht,
dass sie nach einer Weile ihre Last absetzten, um ein
wenig zu verschnaufen. Da
kamen ihnen drei
Knaben entgegen. Der erste
stellte sich auf die Hände und
schlug Rad um Rad. "Welch ein geschickter Junge!" riefen die drei
Frauen. Der zweite stimmte in Lied
an, und die Frauen lauschten ergriffen mit Tränen
in den Augen. Der
dritte Junge lief zu seiner Mutter,
ergriff wortlos ihre beiden
Eimer und trug sie heim. Die drei Frauen wandten sich
zu dem Greis und fragten: "Was sagst du zu unseren Söhnen?"
"Eure Söhne?" sagte der Greis verwundert. "Ich sehe nur
einen einzigen Sohn!"
Und -
was halten wir von unseren
Kindern, oder anderen
Menschen, mit denen wir leben? Was ist für uns wichtig an ihnen?
Ein
neues Jahr liegt vor uns. Wir beginnen es mit vielen Vorsätzen und
Wünschen. Einige werden in Erfüllung gehen,
einige nicht. Nicht die Erfüllung unserer Wünsche macht uns unbedingt
glücklich, sondern, sich das Richtige zu wünschen und zu
versuchen, das Mögliche zu
erreichen. Das wünsche ich uns allen
in diesem neuen Jahr: Das Richtige
zu wünschen und die Fähigkeit, mit dem
zufrieden zu sein, was wir erreichen können und wir
bitten Gott, uns auch im neuen
Jahr 1998 zu segnen.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Februar 1998
"Denn von der Größe und
Schönheit der Geschöpfe läßt sich auf ihren Schöpfer schließen" (13,5).
Liebe
Gemeinde,
wenn man es nicht von Bibelexperten und
Historikern erfahren hätte, könnte man
kaum glauben, dass der folgende Text über 2000 Jahre alt ist. Es
gibt immer noch Menschen, die der Meinung
sind, dass die Gottlosigkeit
ein Produkt der modernen Zivilisation
ist. Aber auch vor
Tausenden von Jahren gab es Menschen,
die über die Sichtbaren den
Unsichtbaren nicht erkennen konnten.
Das Buch der Weisheit
der Bibel bezeichnet
solche Menschen nicht
als aufgeklärt, sondern als töricht.
"Töricht waren von Natur alle Menschen, denen die Gotteserkenntnis fehlte.
Sie hatten die Welt in ihrer
Vollkommenheit vor Augen, ohne den wahrhaft Seienden erkennen zu können. Beim
Anblick der Werke erkannten sie
den Meister nicht, sondern hielten
das Feuer, den Wind, die flüchtige
Luft, den Kreis der Gestirne, die
gewaltige Flut oder die Himmelsleuchten für
weltbeherrschende Götter. Wenn
sie diese, entzückt über ihre Schönheit, als Götter
ansahen, dann hätten sie auch erkennen
sollen, wie viel besser
ihr Gebieter ist;
denn der Urheber der Schönheit
hat sie geschaffen. Und wenn sie über
ihre Macht und ihre Kraft in Staunen gerieten, dann hätten sie auch
erkennen sollen, wie viel
mächtiger jener ist,
der sie geschaffen hat;
denn von der
Größe und Schönheit
der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen.
Dennoch verdienen jene nur geringen
Tadel. Vielleicht suchen sie Gott und
wollen ihn finden, gehen aber dabei in die Irre. Sie verweilen bei
der Erforschung seiner Werke und lassen
sich durch den Augenschein
täuschen; denn schön ist, was sie
schauen. Doch auch sie
sind unentschuldbar: Wenn sie
durch ihren Verstand schon
fähig waren, die Welt zu
erforschen, warum fanden sie dann nicht eher den Herrn der Welt?" (Weis
13,1-9).
Die moderne Wissenschaft hat durch Entwicklung
und Forschung viel für
das Wohl der Menschheit erreicht.
Sie vermittelt den Menschen nicht nur Wissen, sie befreit
sie auch von vielerlei Ängsten, die durch
Unwissenheit verursacht
werden. Auch für
den Glauben hat die
moderne Entwicklung und
Forschung einen großen Beitrag
geleistet. Die Fehler in der Lehre und
die falsche Vorstellung der
Religionen konnten durch moderne
Entdeckungen und Analysen korrigiert werden. So wissen die Menschen,
dass die Sonne, der
Mond, das Feuer usw. keine Götter,
sondern nur ein Teil
der Natur und Naturereignisse
sind. Vieles was für die Menschen der Antike Wunder waren, sind für
die modernen, aufgeklärten Menschen
Naturereignisse. Aber das bedeutet
nicht, dass es nur das gibt, was man sehen und hören
kann.
Es gibt Menschen, die alles als
selbstverständlich hinnehmen: die
schöne Natur, das
herrliche Wetter, den
reich gedeckten Tisch, gesunde
Kinder, Arbeit, Freizeit, Wohlstand usw. Sie machen sich keine Gedanken darüber, wer alles was
tut, wer für was zuständig ist. Sie
suchen sich das Schönste aus und nehmen sich, was zu
nehmen ist.
Es gibt
aber auch andere, die hinter die Kulissen schauen
möchten, sie wollen wissen, wer hinter all dem steht. So sehen sie nicht nur
die schöne Natur, sondern auch den Herrn der Natur. Obwohl sie
über die Naturgesetze informiert
sind, obwohl sie in der Lage sind,
vieles, was in
dieser Welt geschieht,
nicht als Wunder, sondern als
Ereignisse der Natur erklären zu
können, geben sie sich damit nicht zufrieden; sie wollen
den finden, der für die Gesetze
der Natur zuständig
ist. Solche Menschen
haben es nicht schwer, Gott zu entdecken, so meint
der Verfasser des Buches der Weisheit: "Denn von der Größe und Schönheit
der Geschöpfe lässt sich auf ihren
Schöpfer schließen" (13,5).
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
März 1998
Nicht Mehrheit sondern Wahrheit
Liebe
Gemeinde,
wenn es darum geht, was man essen soll, schaut man
nicht nach dem, was die Mehrheit isst. Man sucht sich das
aus, was für einen selber gut ist, denn
was für die eigene Gesundheit gut ist, kann man
nicht von der Mehrheit
bestimmen lassen. Was
für einen gut
oder schlecht ist, das
muss man selber
herausfinden, oder sich von
Fachleuten beraten lassen. Ein Lebensmittel, das für die Gesundheit schädlich
ist, wird dadurch nicht besser, wenn es von vielen gegessen wird. Es
wird noch deutlicher, wenn
man als Beispiel "Gift" nimmt: Unabhängig von der Zahl, ob Mehrheit oder Minderheit,
müssen alle, die
Gift zu sich nehmen,
sterben. So gibt
es vieles, was wir nicht nach demokratischer Mehrheit
entscheiden können. Wenn wir
unser Leben nach
den "meisten" richten, werden wir
das erleben, was die meisten
erleben. So wird
man unglücklich sein, wenn man
den Lebensstil der meisten Leute, die
unglücklich sind, übernimmt, auch wenn in der Öffentlichkeit so ein Lebensstil
gepriesen wird.
In einigen
Bereichen kann man durch
das Gegenhandeln Gewohnheitsrechte erreichen
und dadurch veranlassen, bestimmte Anweisungen abzuschaffen.
Können wir Gewohnheitsrechte von Gott
erzwingen? Können wir
durch Gegenpraktiken bestimmte Gebote Gottes
abschaffen? Kann man
sagen, dass in
Zukunft Mord, Ehebruch, Lüge,
Raub usw. erlaubt sind, weil viele
Menschen seit Jahren so etwas
tun? Eine Lüge wird nie zur Wahrheit,
gleichgültig wie oft
man sie wiederholt.
Raub oder Mord
wird immer eine Sünde
bleiben, obwohl man
- seit die
Geschichte besteht - so etwas
immer wieder getan hat. Dass man für längere Zeit ein falsches Leben führte, ist
kein Grund, so weiterzumachen, oder dass
man etwas Gutes bisher noch nicht
getan hat, ist
kein Grund, nichts Neues
anzufangen. Wenn es um das Richtige
geht, sollte man jederzeit bereit sein, etwas Neues anzufangen; wenn es
um etwas
Falsches geht, sollte man
möglichst früh davon
wegkommen. Vor Gott gibt es keine Gewohnheitsrechte. Umkehren, und
das möglichst schnell, ist das Gebot der Zeit,
wenn wir auf dem
falschen Weg sind.
Die Kirche lädt uns ein
-vor allem in dieser
Fastenzeit- unser Leben
zu überprüfen: richte
ich mein Leben nach den Geboten Gottes und nach den Anweisungen
der Kirche oder ist das, was die meisten tun, für mich maßgebend?
Wenn
es um Gesundheit, oder Erfolg im Beruf geht, dann schauen wir nicht
nach der Mehrheit
oder nach Gewohnheiten.
Um im Leben weiterzukommen, sind wir bereit, gegen
Mehrheiten oder Gewohnheiten
anzukämpfen. Wie schön wäre es, wenn es um
die Religion geht, wenn es um die Rettung unseres
ganzen Lebens geht, dass
wir uns nicht nach der Mehrheit oder
Gewohnheit richten, sondern
nach der Wahrheit. Die Wahrheit ist
nicht das, was wir
Menschen uns zusammenbasteln, sondern das, was Gott uns offenbart hat. Versuchen wir, unser Leben
nach dieser Wahrheit zu richten.
Jesus hat
nicht gefragt, was
die meisten Menschen
denken, sondern was sein Vater im Himmel will. Um seinen Willen zu erfüllen
war er bereit, bis zum Kreuz zu
gehen. Und die
Belohnung? Das letzte war
nicht der Karfreitag, sondern
der Ostersonntag; nicht Leiden,
sondern Auferstehung.
Ein
bisschen Zeit, über das Leben nachzudenken, das wünsche ich uns allen in dieser Fastenzeit!
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
April 1998
Ein geplantes Religionsleben
Liebe
Gemeinde,
am Weißen
Sonntag gehen dieses Jahr bei uns
36 Kinder zur Erstkommunion. Jedes
Jahr fragt man ein paar
Tage nach der Erstkommunion: Wo
sind unsere Erstkommunionkinder? Was bedeutet diese Frage? Dass die Kinder in
unserer Gemeinde weiterleben ist selbstverständlich; dass sie immer noch
in der katholischen Kirche Mitglieder sind, ist auch
klar. Was bedeutet dann die Frage: "Wo
sind die Kinder?" Hier sehen wir, dass
nicht nur die Kirchenleitung sondern
auch das Kirchenvolk als
maßgebend für ein christlichen
Leben die Feier der Gemeindemesse
sieht. Die Eucharistiefeier ist für uns das Zentrum unseres Glaubenslebens. Das zweite vatikanische
Konzil lehrt uns: "Als Werk Christi und des hierarchisch gegliederten
Volkes Gottes ist die Feier
der heiligen Messe für
die Welt- und Ortskirche wie auch für
jeden einzelnen Gläubigen Mitte
des ganzen christlichen Lebens"
(Liturgiekonstitution Art. 41). Dass die Leute das wissen, zeigt
sich darin, dass
sie z.B. bei einer Beerdigung solche Bemerkungen
machen wie: "Er war katholisch? Das wusste ich
nicht. In der Kirche habe ich ihn nie
gesehen".
Die
Kinder sagen mir immer wieder: "Ich kann nicht jeden Sonntag in
die Kirche gehen, meistens fahre
ich mit den Eltern weg".
Die Jugendlichen sind der Meinung: "Jede Woche
ein Gottesdienst, das ist
zuviel". Wenn ich provozierend frage: "Kannst du einmal im Leben
zum Gottesdienst kommen", dann sagen sie: "Das
ist zu wenig". Zweimal
im Leben - das ist auch wenig;
oder einmal im Jahr,
auch das finden sie zuwenig. Aber wenn ich frage,
ob es einmal im Monat geht (d.h.
die Ferien ausgenommen, ca. zehnmal im
Jahr) ist die Antwort: "Das müsste gehen; so etwas ist
angemessen." Aber wie sieht es in
der Praxis aus? Wir sind schon im April.
Wie viel Zeit hatten wir in den letzten drei Monaten
für Gott? Was also ist angemessen und was ist machbar?
Immer wieder
kann ich in
unserer Gemeinde beobachten,
dass Leute, die am Sonntag nicht
die Möglichkeit haben, zum Gottesdienst
zu kommen, dies
an Werktagen tun, eventuell
mit ihren Kindern. Wir dürfen die
Sonntagspflicht nicht abschaffen, aber man sollte das
tun, was man kann; lieber
einen Werktagsgottesdienst
als keinen. Was ich hier meine,
praktizieren wir sonst in unserem alltäglich Leben auch:
wer denkt z.B.
wenn ich eine
Mahlzeit nicht wahrnehmen kann,
dann esse ich überhaupt
nicht? Wir können, wenn es sein muss, eine Alternative
finden, wir sind anpassungsfähig.
Der Mensch lebt
nicht zufällig, er lebt
nicht nach Lust
und Laune, er plant und lebt nach seinem Plan. Auch unser religiöses
Leben muss geplant sein: Was möchte ich wann - was will ich unbedingt
tun, damit ich in meinem Glauben gestärkt werde? Zuviel oder zuwenig
- Hauptsache zumindest
das tun, was wir können,
was wir für angemessen halten.
In wenigen
Tagen sind wir in der
Karwoche. In diesen
Tagen werden wir an den zentralen Gedanken unseres Glaubens
erinnert: Stiftung der
Eucharistie, Kreuzestod und Auferstehung
Jesu. Nehmen wir uns Zeit, auch unseren Glauben zu stärken, und bitten
darum, dass der auferstandene Herr uns segnet.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Mai 1998
Weisheit
Liebe
Gemeinde,
"Du hast
einen Wunsch frei" -
Märchen, mit solchen Aussagen hört man gerne. Was hätten wir uns
gewünscht, wenn man zu uns gesagt hätte:
"Du hast einen Wunsch
frei"? Stellen wir uns
vor: Weil wir nicht genau wissen, was wir für uns erbitten sollen, fragen wir andere, wir erkundigen uns bei
unseren Mitmenschen.
"Hauptsache Gesundheit"
- sagen die einen; andere hätten uns
empfohlen, Geld und den großen Gewinn zu wünschen;
jemand aus der Kosmetik-Branche hätte uns Jugend und
Schönheit, möglichst auf Dauer, vorgeschlagen. Wäre jemand von uns auf die Idee
gekommen, Weisheit zu wünschen? Das Buch
der Könige aus der Bibel erzählt
uns, dass der König Salomo um Weisheit gebeten hat.
Für ihn war es
wichtig, ein guter König zu sein
und das Wichtigste dabei war für ihn, die richtige Entscheidung an der
richtigen Stelle zu treffen.
Darum hat er bei
Gott um
die Gnade der
Weisheit gebeten.
Wenn wir
das hören, dann könnte der eine oder
andere denken, dass die
Weisheit eher etwas für
Regierende oder Verwalter
ist. Aber, so eine Weisheit, die nur Gott uns geben kann, brauchen wir
alle. Auch um ein ordentliches Familienleben zu
führen, braucht man diese
Weisheit, diese Unterscheidungskraft, sonst nimmt man das nicht
so Wichtige als Allerwichtigstes. Alle
von uns haben beobachtet, wie ein Kind weint, wenn
seine Puppe oder Spielzeug kaputt geht.
Es weint, als ob es alles in der Welt verloren hätte. Es kann
nicht wissen, dass es nicht das Entscheidende war. So ist es bei vielen von uns, desöfteren können wir
nicht unterscheiden, was für unser Leben
wichtig ist und was nicht; ohne diese
Unterscheidungsfähigkeit werden
wir an Dingen hängen, die vielleicht
kaputt gehen können und wir dann
enttäuscht und traurig sind. Wenn wir
auf Unvergängliches setzen, dann brauchen wir nicht
enttäuscht sein, denn dann
verlieren wir das, was wir
hoch schätzen, nie! Was einen traurig macht, ist meistens
Unwissenheit: "Das nicht so
Wichtige als wichtig schätzen".
Unterscheidungsfähigkeit, die
Gabe, das Nebensächliche vom Wichtigen zu unterscheiden, bedeutet
nicht, dass man das Nebensächliche verachten
soll. Nirgends in der Bibel werden
die Güter dieser Erde als etwas
Schlechtes dargestellt, im Gegenteil,
überall werden alle Güter dieser
Erde - Geld, Besitz, Gesundheit, Macht,
Schönheit usw. - als Gabe Gottes für die
Menschen dargestellt, die sie benützen und genießen sollten. Aber
immer wieder mahnt uns
die Bibel, dass wir die Prioritäten nicht durcheinander
bringen sollen. Wir dürfen
das irdische Leben lieben, aber
mit dem Bewusstsein, dass es sterblich ist. Gemeint
ist damit nur, dass man das ganze Leben
im Blickfeld haben
soll und jedem
Ereignis oder Gegenstand oder
Person den richtigen Wert beimessen muss, nicht mehr und auch nicht weniger.
Unsere Welt hat genug Techniker, genug
Wissenschaftler, genug
Wirtschaftsexperten, genug Mediziner,
viele Forscher, viele Sportler, viele Künstler. Hat unsere Welt genug Weise,
die das
Dauerhafte vom Vorläufigen
unterscheiden können. Es ist nicht
unser Verdienst, es ist
eine Gabe Gottes, dass
wir diese Unterscheidungsfähigkeit haben.
Versuchen wir, von
Gott diese Gabe
zu erbitten.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Juni 1998
"Was
ist das für so viele?"
Liebe
Gemeinde,
"Was ist
das für so viele?" Diese Frage
des Andreas im Johannesevangelium, im Zusammenhang mit
der Brotvermehrung, ist eine der
Fragen, die wir immer wieder hören.
Wenn man vor großen
Problemen steht und die Mittel
oder die
Möglichkeit eine Lösung zu
finden, gering ist, fragt man:"Was ist das für so viele?"
Die Brotvermehrung ist
eine der beliebtesten Wunder Jesu, die man gerne erzählt. Wenn man
über die Geschichte Jesu Filme dreht, wird meistens darin die Brotvermehrung
dargestellt - das ist eine größere Sensation, hier sind
fünftausend Männer und viele Frauen
und Kinder beteiligt.
Bei diesem Wunder
gibt es etwas zu
zeigen, was die Aufmerksamkeit der
Zuschauer weckt. Aber es
gibt in der Geschichte
etwas, was meistens
übersehen wird: Ein Kind
mit fünf Broten und
zwei Fischen. "Einer
seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist
ein Kind, das fünf Gerstenbrote und zwei Fische hat" (Joh 6,9), aber
er ist der Überzeugung, dass man
damit nicht viel
anfangen kann, darum seine
Frage: "Was ist das für so
viele?" Aber der Junge
in der Geschichte ist bereit, das abzugeben,
was er hat. Und was dann geschah, das kennen wir:
etwa fünftausend Männer und dazu viele
Frauen und Kinder haben davon
gegessen und sind satt geworden.
Dieser
kleine Junge in der Geschichte der Brotvermehrung sollte für uns Vorbild sein. Er denkt nicht, dass er
und seine kleine Gabe,
angesichts der Menschenmenge, bedeutungslos sind, sondern er ist
bereit, das abzugeben, was er hat. Probleme
hat jeder Mensch, jede
Familie. Auch berichten
uns die Zeitungen täglich von den Problemen der Welt:
Hungersnot, Umweltvernichtung, Naturkatastrophen, Probleme
bei der Abfallbeseitigung, Kinderkrankheiten, Kindesmißbrauch, Religionslosigkeit usw. Meistens lautet unsere Frage:
"Was kann ich dafür - was kann ich
dagegen tun"? Und
wir sind der Meinung, dass wir
kaum etwas dagegen tun können.
Es ist
eine Tatsache, dass wir den großen
Problemen der Gesellschaft und Wirtschaft gegenüber machtlos sind.
Alle Hungernden können wir nicht speisen, alle Einsamen
können wir nicht betreuen, aber
dem einen oder anderen können wir
doch helfen. Man erzählt, wenn
man eine weite Strecke vor sich hat, dann sollte man nicht die ganze Strecke
sehen, sonst könnte es vielleicht sein, dass
man aus Panik die Reise nicht antreten kann; man sollte
nur das sehen, was man vor sich
hat und Schritt für Schritt tun, dann schafft
man auch die ganze Strecke. Es gibt Kinder, die vor
einer Klassenarbeit, wenn sie zuviel zu lernen haben, sagen: Das schaffe
ich nie - und
sie lernen dafür überhaupt nicht.
Aber es gibt andere, die fangen zu lernen an -
Schritt für Schritt - und langsam schaffen
sie es doch, vielleicht nicht alles, aber einen großen
Teil davon. "Das schaffe
ich nie" - so denken auch
wir ab und
zu. Aber, wenn wir
beginnen, das zu
tun, was wir
können, dann werden wir merken, dass wir doch einiges bewältigen.
Wenn wir in unserem Leben
zurückblicken, dann werden
wir feststellen, dass wir,
obwohl wir keine großen Persönlichkeiten in der
Gesellschaft sind, in unserem
Leben tatsächlich viel
geleistet und erreicht haben.
Es
gibt vieles was wir können und Gott rechnet damit, dass wir
das tun, was wir können und wir können sicher sein, dass
Gott auch in unserer Zeit Wunder wirkt, vor allem bei dem, was wir tun, auch
wenn es noch so gering sein sollte, in
unserer Familie, in unserer Gemeinde, in unserer Welt.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Juli 1998
Kennen wir Gott?
Liebe
Gemeinde,
in wenigen
Wochen beginnen die
Sommerferien. Die Urlaubsstimmung ist
überall zu spüren. Viele nehmen
diese Gelegenheit wahr, in den
Ferien neue Länder und Kulturen
kennen zu lernen. Dabei
stellt man immer wieder fest: wenn
die Umgebung ganz fremd
ist, fühlt man sich nicht wohl; versteht man die Sprache der anderen
nicht, ist die Unterhaltung langweilig und wenn man nicht weiß,
wie man sich verhalten soll, dann
ist man unsicher und will möglichst schnell
raus aus dieser Situation.
Dieses Unwohlsein gibt es nicht nur im Ausland, solche Situationen
kann es auch bei uns
geben, z.B. wenn man zu einem
Fest eingeladen ist und die anderen
Gäste nicht kennt.
Viele gehen nicht
zu bestimmten
Veranstaltungen, nicht weil sie nicht
daran interessiert sind, sondern
weil sie unsicher sind, wie dort alles abläuft, z. B. wohin man sich setzen soll, wen man als
Tischnachbar bekommt usw.
Diese Situation
spielt sich auch im
kirchlichen Leben ab:
viele kommen nicht zum Gottesdienst, nicht weil sie den
Gottesdienst nicht mögen, nicht weil sie den Glauben nicht haben,
sondern weil sie sich in dieser Gottesdienstgemeinschaft nicht
wohl fühlen. Sie wissen zwar
wo die Kirche ist, aber wie es darin abläuft, wo man
Platz finden kann,
wie man sich verhalten soll
- das ist
ihnen fremd. Wenn man dies alles nicht weiß, dann entscheidet man sich
lieber zuhause zu bleiben.
Diese Erfahrungen sollten uns nachdenklich machen.
Eine Einladung zu einem Fest kann man ablehnen,
wenn man diese Gesellschaft nicht gut kennt - hierfür eine Ausrede zu
finden ist nicht so schwer; von einem Gottesdienst kann man fern
bleiben. Aber wie ist es mit der Einladung von Gott? Kennen
wir Gott, bei dem wir für immer leben sollten? Das ewige Leben ist ein Leben
bei Gott - so haben wir
gelernt. Können sich alle Menschen
bei Gott wohlfühlen?
Wie ist es mit denen, die sich während ihres
Lebens keine Mühe gemacht haben,
ihn kennen zu lernen? Gott wird ihnen
fremd vorkommen, wenn sie sich in
ihrem Leben über ihn keine Gedanken
gemacht haben; seine Sprache, die Sprache der
Nächstenliebe, wird fremd
bleiben, wenn sie
in ihrem Leben
nur an sich gedacht haben.
Wenn es darum geht, eine Reise in ein fremdes Land
zu machen, dann geben
die Reiseveranstalter darüber
Vorbereitungskurse. Viele versuchen, die Sprache des Zielortes zumindest
ein bisschen zu lernen.
Man erkundigt sich über die
dortigen Sitten und
Gebräuche. Fern bleiben ist eine Möglichkeit, aber sich
vorbereiten und sich der Situation stellen, etwas Neues zu wagen,
ist etwas anderes. Das gilt auch
für unser Leben als Ganzes. Unser
jetziges Leben ist auch die Vorbereitung auf das kommende. Je
besser wir uns vorbereiten,
je mehr wir schon hier auf dieser Erde
von Gott erfahren, je mehr wir die Sprache Gottes, die
Sprache der Nächstenliebe, durch unser Leben lernen,
desto besser ist die Vorbereitung auf die endgültige Reise.
Ein
paar besinnliche Stunden, um über unser Leben mit all seinen Dimensionen nachzudenken, wünsche
ich uns allen
in den kommenden Ferien bzw. im
Urlaub.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Oktober 1998
Kirche, der Ort, an dem wir uns zuhause fühlen
Liebe
Gemeinde,
mit Ihnen freue ich mich über unsere
renovierte Pankratius-Kirche, die
Arbeiten sind fertig. Der neue Altar
wird am 18. Oktober
von Herrn Weihbischof Dr.
Kreidler geweiht. Zu
diesem Festgottesdienst lade ich Sie alle herzlich ein.
In
unserer Gemeinde haben wir mehrere Gebäude, welche für das Fördern des
Gemeinschaftslebens gebaut worden sind.
Für Bildung und Ausbildung dienen die einen, für Freizeitgestaltung die
anderen, auch für die Dienstleistung gibt es
Räumlichkeiten. Zu einigen der
ältesten Bauten gehören die
Kirchen in Leingarten. Hier treffen sich Menschen, um in
Gemeinschaft Gott zu loben und ihm zu danken.
Hierher kommen Menschen, nicht um
ihr eigenes Interesse zu pflegen,
sondern um die Interessen Gottes zu verstehen
und zu verwirklichen. Obwohl wir nicht mit Gewissheit
sagen können, wie alt
unsere Pankratius-Kirche ist,
ist sie bestimmt eines der ältesten Gebäude hier in
Leingarten. Sie wird vom Staat
geschützt, vielleicht nicht als Gebetshaus, sondern
vielmehr als Denkmal. Aber für uns ist unsere Pankratius-Kirche Gotteshaus, indem wir uns versammeln, um
unserem Gott zu begegnen.
Bei der
Renovierung hatten wir
zwei Möglichkeiten:
entweder mit etwas
Farbe und Leim das
Gesamtbild der Kirche oberflächlich zu verschönern - das wäre eine sehr billige
Lösung gewesen. Aber unser
Kirchengemeinderat und das
bischöfliche Bauamt haben sich
für eine gründliche Renovierung
entschieden. Diese gründliche Renovierung sehe ich als Symbol für das
christliche Leben und wenn es um das christliche Leben geht, sollte man nicht
mit "Flickarbeiten" zufrieden sein. Jesus erzählt im
Mathäusevangelium:
"niemand setzt ein Stück
neuen Stoff auf ein
altes Kleid; denn das
aufgenähte Stück reißt
das Kleid ein,
und es entsteht ein
noch größerer Riss" (Mt
9,16). Damit will
Jesus uns lehren, dass die Menschen, die ihm nachfolgen
wollen, von Grund auf zu erneuern sind. "Was wir
machen, machen wir richtig" - dies
war der Leitgedanke bei der
Kirchenrenovierung. Dies sollte auch
für unser christliches
Leben gültig sein.
Die Gründlichkeit und Genauigkeit bei
den Arbeiten -worüber wir
stolz sind- müssen sich
auch in unserem
christlichen Leben wiederspiegeln. Alles, was
nicht in Ordnung
ist, sollte in
Ordnung gebracht werden, Unnötiges oder
Schädliches muss man entfernen,
auch wenn es weh tut, sich von Gewohntem zu trennen.
Diesen
Gemeindebrief und die Einweihung unserer
Kirche möchte ich zum Anlass nehmen, Sie zu bitten, unsere Kirche
als Gebetsraum zu nutzen, denn es geht nicht nur darum, anderen zu zeigen, dass wir eine schöne Kirche haben,
sondern darum, dass wir uns dort versammeln. Wir sind alle eingeladen, nicht von
irgendjemandem aus unserer
Mitte, sondern von Gott.
Nach unseren eigenen vier Wänden
sollte unsere Kirche der Ort sein, an dem wir uns zuhause
fühlen. Es ist schön, dass
es in
unserer Gemeinde viele Menschen gibt, die dies erfahren dürfen. Der
Psalmist betet: "Nur eines
erbitte ich vom Herrn, danach verlangt mich: Im
Haus des Herrn zu wohnen alle Tage meines Lebens, die Freundlichkeit des Herrn zu schauen und nachzusinnen in seinem Tempel"
(Ps. 27,4).
Ich freue
mich, dass wir
in diesem Haus
immer wieder zusammenkommen können,
sonntags wie werktags,
damit wir gemeinsam Gott
loben und danken
können. "Wohl denen,
die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben" (Ps, 84,5).
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
November 1998
Gott ist das Entscheidende in unserem Leben
Liebe
Gemeinde,
ihm hat alles gefallen: die neue Stelle findet er
super; die Arbeitskollegen sind in Ordnung; der Geschäftsführer ist nett
und freundlich; über die Arbeit kann er
nicht klagen, er ist gefordert aber nicht überfordert; mit dem Gehalt ist er auch zufrieden.
Aber mit
einem ist er gar nicht zufrieden; einer, der da immer wieder vorbei kommt; dieser
sieht eigentlich nur von weitem, wie er arbeitet; wenn jener dann tatsächlich mit ihm spricht, dann
zeigt er sich freundlich; aber seine
Besserwisserei behagt ihm nicht. "Wenn dieser
hier nicht wäre, wenn
er nicht vorbeikommen
würde, dann wäre
alles in Ordnung, er ist der einzige Störfaktor in dieser
Firma". Kaum war er mit solchen Gedanken fertig, hörte er
jemanden diesen mit "Chef" ansprechen; das kann doch nur ein Witz
sein, dachte er. An den darauf folgenden Tagen
wollte er sich
über diesen Eindringling erkundigen, aber
er kam nicht dazu. Obwohl er immer
wieder da war, hat
kaum jemand von ihm Notiz genommen; so ist es: er ist
ein Angeber, ein Eingebildeter, ein
Besserwisser, niemand nimmt ihn ernst.
"Vielleicht schaffe ich es doch, dass er geht, nur Geduld". Eines Tages konnte er mit seinen Kollegen über diesen
Eindringling sprechen: "Meinst Du unseren Chef" - fragten
seine Kollegen? "Welchen Chef"
war seine Reaktion. Als er feststellen musste,
dass derjenige, den er nicht
leiden konnte, der Besitzer der
Firma war, war er mehr als schockiert: "Nicht nur werde
ich ihn nicht loskriegen,
ich muß ihn akzeptieren, seinen
Willen erfüllen, sonst bleibt alles
in dieser Firma auch weiterhin in Ordnung, aber ohne
mich, denn ich werde hinausgeworfen".
Es gibt viele Menschen, die die Welt in Ordnung
finden: "Ich habe Arbeit, ich
besitze ein Haus, meine
Familie ist in
Ordnung. Das Einzige, das
mich stört, ist Gott. Seinen Namen möchte ich
nicht hören. Seine Gebote kann ich nicht leiden. Ich muss Freiheit
haben, ich muss mein Leben führen
können, ich entscheide, was für mich richtig
oder falsch ist. Ich komme auch
ohne diesen Gott weiter". Die vielen Menschen, die vor uns in dieser Welt
gelebt haben und die nicht mehr unter uns sind, derer wir in
diesem Monat November mehrmals
gedenken, sagen uns, dass dieser
Gott das Entscheidende
in unserem Leben
ist, ohne ihn
kommen wir nicht weiter, auch wenn er uns dies oder
jenes vorschlägt, was uns nicht so angenehm erscheint. "Mir geht es gut" - diese
Aussage muss man wirklich
überprüfen. Ohne Gott wird es uns nicht
gut gehen, denn er
ist der eigentliche Chef unseres
Lebens; zum Glück
ist dieser Chef unser
Vater. Wir müssen nur
einsehen, dass er uns
liebt, dass er für
uns sorgt. Nicht ohne ihn, sondern mit
ihm und nach seiner
Anweisung wollen wir unser
Leben gestalten. Er ist
kein Störfaktor, er ist unser Wohltäter;
er ist kein Besserwisser, er ist allwissend;
er mischt sich nicht in unser Leben ein, er hilft
nur und begleitet uns auf unserem Lebensweg, damit wir immer
das Richtige tun. Klug sind wir,
wenn wir nicht nur das sehen, was wir
haben und können, sondern auch den, der dies alles ermöglicht.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Dezember 1998
Ist Gelassenheit für uns wichtig?
Liebe
Gemeinde,
was
wünschen sich die meisten Eltern für ihre Kinder? Was sollen sie
einmal werden, was einmal erreichen? Wünschen
sie ihrem Kind das,
was ein Verein von ihm
erwarten könnte, nämlich,
es sollte sich für den Verein einsetzen, damit bei dem Verein
etwas läuft? Wünschen sie ihrem Kind das, was die Wirtschaft von
ihm erwartet, nämlich eine
Arbeitskraft, die Tag und Nacht
für die Firma da
ist, damit die Reichen
noch reicher werden
können? Wünschen sie ihrem Kind, dass es einmal berühmt wird, ein
Star, der von Millionen Fans
umschwärmt wird, der ständig von
Photographen und Reportern umgeben ist? Wünschen sie
ihrem Kind das, was sie selber
gut finden, oder das, was die anderen
empfehlen? Erziehen die meisten Eltern ihre Kinder selber,
oder lassen sie sie von anderen erziehen, z.B. von
Fernsehreportern oder von den Nachbarn,
oder von Eltern
der Freunde der
Kinder? Man braucht nicht
viel Klugheit, um zu verstehen, dass man einem nur das wünschen kann,
was man selber als richtig erachtet - wenn
einem das Geld
wichtig ist, dann wünscht man
sich, dass auch seine
Kinder an viel Geld "rankommen"; wenn Karriere wichtig ist, dann
sollen auch die Kinder Karriere machen. Macht man sich
in unserer Gesellschaft Gedanken darüber, dass die
Kinder einmal, wenn sie 40 oder 60 Jahre alt werden, in Ruhe
leben können, ich meine
ohne viel Stress und Sorgen? Ist Gelassenheit für uns wichtig?
Jetzt
kommt bald die Zeit der Weihnachts- und
Neujahrswünsche. Jeder wünscht
jedem "Frohe Weihnachten und viel Glück
für das neue Jahr".
Obwohl es für einige nur
ein Lippenbekenntnis ist, meinen
die meisten es ernst, denn in diesen Tagen der
Adventszeit erinnern wir uns daran, was Jesus uns gebracht
hat, Friede und Freude. Bei seiner Geburt in Bethlehem hat
der Engel zu den Hirten gesagt:
"Ich verkünde euch große Freude" und der Chor der Engel sang:
"Auf der Erde ist Friede bei
den Menschen seiner Gnade". Und wir wissen, dass
Friede und Freude nicht das ist, was
die Reichen mit
ihrem Geld kaufen, oder die
Einflussreichen mit ihren
Beziehungen erreichen können, sondern das, was alle Menschen durch eine
bestimmte Lebenseinstellung und Lebenshaltung bekommen können. Diese Lebenseinstellung und
Lebensform hat uns Jesus vorgelebt und
um uns dieses zu eigen zu machen, dazu lädt uns diese Adventszeit ein.
Gott
ist Mensch geworden und hat unter uns gewohnt. Seitdem ist nicht
nur das wichtig, was wir uns vornehmen, sondern auch das, was
dieser menschgewordene Gottessohn
uns gebracht und vermittelt hat. Wenn wir das tun, was die anderen
uns empfehlen, werden wir
vielleicht das erreichen, was sie wollen, nämlich
eine gute Arbeitskraft, ein
Star, oder ein Reicher zu sein, aber
das muss uns nicht
unbedingt glücklich machen. Aber wenn wir
das tun, was Jesus uns empfiehlt, können wir das
erleben, was er uns gebracht hat: Friede
und Freude. Ein bisschen Zeit,
in dieser Adventszeit darüber nachzudenken und
ein gesegnetes Weihnachtsfest wünsche ich uns allen.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer