Januar
1999
Die
Termine, die Gott für uns geplant hat
Liebe Gemeinde,
jetzt ist es zu spät, einen Prominenten für
das Jahr 1999 zu gewinnen, das neue Jahr ist schon ausgebucht. Bei den
Prominenten sagt man: "Sie beginnen das Jahr mit vollem
Terminkalender". Ist nur der Terminkalender von wichtigen Persönlichkeiten
voll? Wie ist es bei uns? Auch unsere Terminkalender sind voll, obwohl es bei
den meisten nicht so aussieht, weil sie nur das wahrnehmen, was sie selber
geplant haben. Aber wenn wir auch das berücksichtigen, was Gott für uns geplant
hat, dann sind auch unsere Terminkalender voll, denn Gott hat jede Sekunde des
neuen Jahres für uns geplant.
Selten erlebt man, dass alles nach fester
Planung läuft. Das gilt auch für wichtige Persönlichkeiten. Wie oft sagen sie
ihre Termine ab: "Es ist etwas dazwischengekommen, haben sie bitte dafür
Verständnis". Und die Leute haben meistens Verständnis: "Wenn es
nicht geht, dann geht es nicht!", "So etwas kann vorkommen!",
"So etwas kann jedem passieren!" oder "Wer konnte so etwas
voraussehen!" Aber wie oft erlebt man, dass dieses Verständnis ausgenutzt
wird. Je nachdem nach welchen Prinzipien man arbeitet, kann man die Termine
leichter oder schwerer ändern. Wer nach dem Motto: "Was einem mehr
nützlich ist, das wird zuerst erledigt", arbeitet, der kann leichter seine
Termine ändern. Aber wir kennen auch Leute, welche die Prioritäten nicht nach
Beziehung oder Beeinflussung setzen, sondern nach der Wichtigkeit. Sie erledigen
zuerst das Wichtige, unabhängig von dem, wer was gesagt oder verlangt hat.
Es wird für uns nicht so schwierig sein,
einiges in unserem Terminkalender zu ändern. Aber wir sollten nur das ändern,
was wir selber für uns geplant haben. Die Termine, die Gott für uns für das
Jahr 1999 geplant hat, was er von uns in diesem neuen Jahr erwartet, das wollen
wir einhalten. Nach seiner Planung gibt es Zeiten des Gebetes, des
Gottesdienstes, der Nächstenliebe; Zeit für Familie, Zeit für die Arbeit und
auch Zeit für Hobbys. Immer wieder werden wir in Versuchung kommen, diese
Termine zu ändern, etwas anderes tun, als das, was Gott vorschlägt. Gott
kontrolliert nicht, er reklamiert auch nicht, darum ist unsere Verpflichtung
und Verantwortung größer, alle Termine, die Gott uns vorschlägt, wahrzunehmen.
Das Jahr 1999 bietet allen die gleiche Menge an Zeit, niemand hat mehr oder
weniger. Die Frage ist nur, wie wir diese Zeit nutzen. Alles, was wir wollen,
werden wir nicht erledigen können. Darum müssen wir Prioritäten setzen, einiges
erledigen, anderes weglassen. Dabei sollten wir nicht vergessen: Nicht nur wir
planen unser Leben, sondern auch Gott plant für und mit uns. Wir wollen
versuchen, alles so anzunehmen, wie Gott es will, dann können wir am Ende des
Jahres 1999 mit erfülltem Herzen zurückblicken und sagen: Schön war es!
Mit der Bitte um Gottes Gnade, dass wir ein
gesegnetes Jahr erleben dürfen, grüße ich Sie
George chelappurath, Pfarrer
Februar
1999
Anerkennung
für das Geleistete und Verständnis für
das nicht Geleistete
Liebe Gemeinde,
ab und zu erlebt man in den Familien: die
Kinder "meckern" bei den Eltern, sie sind unzufrieden und fragen
z.B.: "Warum gibst du mir nicht mehr Taschengeld? Die Eltern meiner
Freunde, die geben mehr". Auch in der Kirche kann man Ähnliches hören:
"Irgendwo in einer Sekte ist das Gemeinschaftsleben besser als bei
uns". In der Politik ist es nicht anders: "In einem anderen Land sind
die Arbeitsverhältnisse besser". Und - wir müssen zugeben, dass diese oder
ähnliche Vorwürfe oder Kritiken stimmen. Man kann sich entschuldigen und
erklären, warum es bei uns so ist und bei den anderen anders. Viele bitten um
Verständnis für ihre Grenzen, indem sie den Kritikern eine Gegenfrage stellen:
z.B. an die Kinder, die mit ihren Eltern unzufrieden sind: "Dein Freund
hat eine "Eins" geschrieben, warum hast Du das nicht geschafft"?
Oder an die, die das Arbeitsklima in einer anderen Firma besser finden:
"Warum hilfst Du nicht mit, wenn es hier an Deiner Arbeitsstelle etwas für
die Allgemeinheit zu erledigen gibt"? Oder - "Dein Nachbar hat ein
Haus gebaut, warum hast Du das nicht geschafft"? Eine Gegenfrage ist keine
Entschuldigung für eigene Fehler aber sie könnte uns helfen, nachzudenken: auch
wir haben Grenzen. Wie alle anderen, die das Ideal nicht erreicht haben, haben
auch wir es nicht erreicht. Das könnte eine große Hilfe sein, anderen gegenüber
tolerant zu sein. Vergleichen darf und sollte man, sonst weiß man nicht, wo man
steht. Aber man kommt dadurch nicht weiter, auch das Lebensumfeld wird nicht
besser, indem man ständig das Leben und die Aktivitäten anderer mit etwas
Besserem vergleicht und das Gegebene einfach so beschimpft.
Man kann immer wieder beobachten, dass die
meisten, die höhere Ansprüche stellen, meistens diejenigen sind, die selber
nicht viel tun. Wer am meisten kritisiert, das sind die, die selber gar nichts
können. Weil sie es nicht können, weil sie nicht versucht haben zu lernen,
wissen sie auch nicht, wie schwer es unter Umständen ist, eine bestimmte
Aufgabe zu erledigen. Ein Fachmann hat Verständnis für die Fehler eines
Kollegen: So etwas kann vorkommen, sagt er verständnisvoll.
Wir sollten versuchen, das Beste aus den
gegebenen Situationen herauszuholen und wenn man an die Grenze gekommen ist,
dann muss man sagen können: Es reicht. Das gilt wenn es um das eigene Leben
geht und auch um das der anderen. Wenn es für uns schwer werden sollte, für die
Grenzen der Möglichkeiten der anderen Verständnis zu zeigen, dann sollten wir
uns fragen: Warum sind wir das und dies nicht geworden, warum haben wir nicht
das erreicht, was die anderen, meine Nachbarn, meine Arbeitskollegen oder evtl.
auch meine Geschwister schon erreicht haben? So wie wir bei unseren Fehlern und
Grenzen Verständnis haben, so sollten wir auch bei denen der anderen
Verständnis zeigen.
Versuchen wir das Geleistete anzuerkennen
und für das nicht Geleistete Verständnis zu zeigen. Das macht unser Leben in
der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gemeinde angenehmer.
Es grüßt Sie
George chelappurath, Pfarrer
März
1999
Mit
der Kirche ein noch schöneres Leben!
Liebe Gemeinde,
am kommenden Sonntag, dem 07. März,
empfangen 38 Jugendliche aus unserer Gemeinde das Hl. Sakrament der Firmung.
Zur Firmspendung kommt diesesmal unser Weihbischof Thomas Maria Renz zu uns. Es
ist sehr erfreulich für unsere Gemeinde, dass fast alle die in Frage kommenden
Jugendlichen sich für die Firmung entschlossen - was in unserer heutigen Zeit
keine Selbstverständlichkeit ist - und die Vorbereitung gut mitgemacht haben.
Begonnen hatten die Jugendlichen die
Vorbereitung mit der Frage: Warum soll ich mich firmen lassen? "Meine
Eltern wollen das", "es gehört einfach dazu", "ich bin
getauft, ging zur Kommunion und möchte nun gefirmt werden", "ich
möchte kirchlich heiraten" - so und ähnlich lauteten die Antworten. Aber
als die Vorbereitung weiter ging, konnten sie viel mehr dazu sagen. Mich hat es
gefreut, wie sie sich für die Themen Gott, Jesus und Kirche interessierten.
Dass sie ein glückliches Leben führen
wollen, darüber waren sich alle einig; dass sie dies auch ohne Kirche schaffen,
das wussten sie; aber mit der Zeit kamen sie zu der Überzeugung, dass sie mit
Jesus, mit der Kirche, ein noch schöneres Leben erreichen können. Als Vorbild
oder Beispiel konnten sie nicht nur die Heiligen nennen, sondern auch einige
lebende Personen aus ihrem Umfeld; für einige waren es ihre Großeltern - sie
sind glücklich, sie können richtig lachen, obwohl sie alt und gebrechlich
geworden sind, und wenn die Religion bzw. ein Leben nach den Vorschlägen der
Kirche dazu beigetragen hat, dann hat die Kirche doch eine Rolle in unserem
Leben zu spielen. Mit den Anweisungen der Kirche hatten unsere Firmlinge ihre
Probleme, vor allem mit dem, was der Papst sagt. Aber als wir über die
Alternative sprachen, konnte niemand eine alle zufrieden stellende Antwort
finden. So kamen sie zu dem Entschluss, dass die Kirche doch Anweisungen für
das Leben geben sollte.
Dass die Gebote Gottes zu alt sind, das
wussten sie; dass einige altmodisch sind, darüber hatten sie auch keine
Zweifel; aber dass man eine Weltordnung braucht, damit man in einer Welt, die
ein Mindestmaß an Freiheit und Gerechtigkeit allen Menschen der ganzen Erde
bietet, leben kann, das stand nicht zur Debatte. Als die Jugendlichen
versuchten, eine neue Weltordnung aufzustellen, war das Ergebnis das Gleiche
wie die 10 Gebote.
Ein bisschen "Blödsinn" muss
sein, sonst wäre das Leben der Jugendzeit trocken und langweilig, das konnten
sie aus ihrem eigenen Leben bestätigen. Aber sie waren sich einig, dass man bei
"Spaß" den anderen Menschen nicht weh tun darf; dass sie ab und zu
den einen oder anderen ein bisschen ärgern, das wollen sie nicht ganz aufgeben,
aber sie sehen selber ein, dass sie niemandem weh tun, oder nichts kaputt
machen dürfen.
Immer wieder kam zur Diskussion: "Wie
oft muß ich vor der Firmung in die Kirche gehen?" Die Antwort lautete:
"Genauso oft wie nach der Firmung!" Was nach der Firmung geschehen
sollte, ist wichtiger als das, was vor der Firmung zur Verpflichtung werden
kann. Hier half das Beispiel des Familienlebens: Wie oft sollten die Kinder,
die schon ausgezogen sind, ihre Eltern besuchen - einmal in der Woche oder
einmal im Jahr? Aus Dankbarkeit und Liebe oder aus Pflichterfüllung? Den
Jugendlichen war es klar, worum es geht: Gott will nichts von uns, was wir
nicht gerne tun.
Dass es zum Leben verschiedene
Möglichkeiten gibt, dass es verschiedene Religionen gibt, dass es
unterschiedliche Lebenseinstellungen geben darf, das wußten sie schon vor der
Firmvorbereitung. Weil sie sich aber für eine bestimmte entschieden haben, sind
sie auch bereit, Verpflichtungen zu übernehmen; wenn man sich allerdings nur
das Gute aussucht, nur die angenehmen Seiten einer Religion praktiziert, dass
so etwas keine Religion sein kann, das ist für sie eine klare Sache. Dass sie
faul sind, dies oder jenes zu praktizieren, das gaben sie auch zu. Nun wollen
sie mit der Kraft des Heiligen Geistes, ein Leben nach der Lehre Jesu führen.
Unseren Jugendlichen, die die Hl. Firmung
empfangen, wünsche ich viel Freude in ihrem Glaubensleben und uns Erwachsenen
die Bereitschaft, den Kindern und Jugendlichen unserer Gemeinde ein gutes
Beispiel des Glaubenslebens zu vermitteln.
Es grüßt Sie
George chelappurath, Pfarrer
April
1999
Aus
dem Gegebenen das Beste herausholen
Liebe Gemeinde,
in wenigen Tagen feiern wir Ostern, das
Fest der Auferstehung Jesu. Auf dieses Fest bereiten wir uns seit dem
Aschermittwoch vor; an diesem Tag haben wir gesehen, was mit den Palmen des
letzten Palmsonntags geschehen war - Asche: Die Palmen des letzten Palmsonntags
wurden verbrannt und dadurch wurde die Asche, womit die Leute am Aschermittwoch
das Kreuzzeichen empfangen haben, gewonnen. Dabei wurde uns bewusst, dass alles
was wir besitzen und haben, gleichgültig wie schön es ist - auch unser Körper,
für dessen Pflege und Gesunderhaltung wir viel Zeit und Energie aufbringen -
einmal nicht mehr sein wird, es wird einmal Staub und Asche. Diese Überzeugung
war der Beweggrund, warum wir versucht haben, in dieser Fastenzeit das
Unvergängliche ernster zu nehmen als das Vergängliche.
In der kommenden Karwoche werden wir
besonders an das Leben, Leiden, Sterben und die Auferstehung Jesu erinnert. Am
Palmsonntag denken wir an den feierlichen Einzug Jesu in Jerusalem und an die
jubelnde Menge, die ihn empfangen hat. Dann am Gründonnerstag steht der
Abschied Jesu von seinen Jüngern im Mittelpunkt: sein Beispiel des Dienens, die
Fußwaschung seiner Jünger und die Gründung der Eucharistie: "Tut dies zu
meinem Gedächtnis". Am nächsten Tag kommt es dann soweit, dass Jesus zu
seinem Vater sagen muss: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich
verlassen?" Aber die Geschichte endet nicht hier, das letzte Wort war
nicht ein Wort der Verzweiflung, sondern das Wort des Vertrauens: "Vater
in Deine Hände empfehle ich meinen Geist". Und dann, feiern wir das
Ereignis: Gott spricht das Machtwort, nicht Judas, der Jesus verraten hat,
nicht das Volk, das nach seinem Tod geschrieen hat, nicht Pilatus, der ihn zum
Tode verurteilt hat, nicht die Soldaten, die ihn gefoltert und gekreuzigt haben
- Gott spricht das letzte Wort! Er erweckt Jesus von den Toten, Jesus lebt.
Diese zentralen Gedanken unseres Glaubens
in den Vordergrund zu stellen, wird immer schwieriger. Es ist unsere Erfahrung,
dass wir nicht an zwei Sachen
gleichzeitig denken können. Wir sind so viel mit uns beschäftigt, mit unserem
Wohl, mit dem Sichtbaren, Hörbaren und Spürbaren, dass wir kaum Zeit haben,
über Dinge nachzudenken, die vor allem Übersinnlich sind. Und dazu kommt noch,
dass die christlichen Feiertage in den Ferien sind. Die Schulferien sind
gleichzeitig auch Urlaubszeit für die Erwachsenen, Zeit der Erholung, was die
meisten nötig haben. Nach den Ferien, vor allem nach den Osterferien, kommen
die Kinder wieder zurück und erzählen mir immer wieder: "Wir haben da oder
dort die Gottesdienste besucht, an Karfreitag und am Osterfest waren wir in der
Kirche". Das erzählen sie, nicht um zu zeigen, dass sie dort ihre
christliche Pflicht erfüllt haben, sondern um einfach zu sagen, was sie in
einer anderen Gegend erlebt haben. Dies zeigt aber, dass man, wenn man will,
trotz Erholung, trotz der Freiheit, die man am Urlaubsort genießt, seinen
Glauben leben und zum Ausdruck bringen kann. Was wir versuchen sollten, ist
nicht einen für alle geeigneten Termin und Ort zu finden - das werden wir nicht
schaffen: für die Ferienzeit hat jeder persönlich sein Programm
zusammengestellt, am Wochenende hat man mehrere Verpflichtungen und an den
Werktagen ist man beruflich gefordert - sondern aus der gegebenen Möglichkeit
das Beste herauszuholen. Gleichgültig, wo wir die kommenden Feiertage
verbringen, mit wem wir zusammen sind, was alles wir noch zu erledigen haben - wir
sind alle eingeladen, soweit es möglich ist, in den kommenden Tagen mehr als
sonst über Jesus, sein Leben, sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung
nachzudenken, den Kindern und Enkelkindern von dies allem zu erzählen.
Eine besinnliche Karwoche und ein
gesegnetes Osterfest wünsche ich Ihnen,
Ihr Pfarrer
George chelappurath
Mai
1999
Vater
unser
Liebe Gemeinde,
wenn man gebeten wird, eine Liste zu erstellen,
mit den Namen derer, die wir gerne haben, dann ist die Aufgabe schnell
erledigt, auch wenn einige Jugendlichen sagen sollten: Ich habe viele Freunde!
Viele Freunde? Was bedeutet das? Sollte man nicht flüchtige und lustige
Begegnungen von echten Freundschaften unterscheiden? Jeder von uns hat doch
eine oder mehrere Personen, mit denen man in Kontakt bleiben möchte, die man
nicht aus dem Herzen reißen möchte. In diesem Zusammenhang sollten wir uns
fragen: Kommt Gott auch auf die Liste derer, die wir gerne haben?
Jesus hat uns gelehrt, dass Gott unser
Vater ist. Können wir uns vorstellen, dass Gott unser Vater ist? Das Gebet
"Vater unser" haben wir als Kinder gelernt. Gehört das auch zum
"es war einmal", oder "so war es früher"? Jedes Jahr
begegne ich Kindern beim Erstkommunionunterricht, die von diesem Gebet nie
etwas gehört haben. Unsere Gesellschaft hat andere Interessen, als über Gott
und Gottes Angebot zu sprechen, aber sollten wir nicht doch anfangen,
umzudenken, die verborgenen Werte des Lebens zu entdecken?
Unser Papst hat das Jahr 1999 als
"Gott-Vater-Jahr" verkündet. Gott als unseren Vater lieben lernen -
das sollten wir in diesem Jahr ernster versuchen. Unser Bischof hat uns in
seinem Hirtenbrief zur österlichen Bußzeit dazu ermutigt, das Gebet "Vater
unser" neu zu entdecken. Was heißt "neu entdecken"? Wenn wir
aufgehört haben, dann versuchen wir es wieder zu beten, sei es als Tischgebet,
oder als Abendgebet. Ist es zuviel verlangt, dieses Gebet zumindest einmal am Tag
als Familie, als Ehepartner zu beten? Gebete gibt es viele, man kann auch seine
Gedanken und Bitten durch eigene Worte zum Ausdruck bringen, auch kann man ohne
Worte beten. Aber wir haben ein Gebet, das nicht von einem Dichter formuliert
wurde, sondern das wir von Jesus gelehrt bekommen haben. Darin sind alle unsere
Anliegen zusammengefasst, auch die Ehre Gottes kommt darin zur Geltung. Ich
möchte mich der Anregung unseres Bischofs anschließen, das Gebet in der Familie
regelmäßig zu beten.
Diesem Blickpunkt liegt eine Karte mit
diesem Gebet bei. Stellen Sie diese auf ihren Arbeitstisch, oder geben Sie sie
ihren Kindern für das Kinderzimmer, eine solche Karte auf dem Esstisch wird
unsere Gedanken zu Gott aufsteigen lassen. Wir Menschen sind auf Hilfsmittel
angewiesen, um bestimmte Sachen nicht zu vergessen, und jeder hat seine
Methoden, welche Hilfsmittel er benützt, wie z.B. der bekannte Knoten im
Taschentuch. Versuchen wir, eine Methode zu finden, wie wir an unseren Vater im
Himmel immer wieder denken können, mit ihm unser Leben gestalten können.
Mit unserem Vater im Himmel wollen wir
jeden Tag unseres Lebens beginnen, mit ihm wollen wir ihn auch beenden. Dabei
sollte uns dieses Gebet "Vater unser" helfen. Wenn wir es immer
wieder beten, dann werden wir mit der Zeit merken, dass es unser Leben
beeinflusst. Eine Neuentdeckung des Sinnes des Gebetes, vor allem des
"Vater unser" wünsche ich uns allen.
Es grüßt Sie
George chelappurath, Pfarrer
Juni
1999
Sinn
des Lebens entdecken
Liebe Gemeinde,
stellen Sie
sich vor: Ein
Blinder sagt: "Die Welt ist nicht schön,
es ist überall dunkel; gehen und
arbeiten kann man auch wenn es dunkel ist, ich habe keine Probleme damit; was habe ich mehr, wenn ich sehen
kann? Ich möchte nicht sehen,
ich bin mit meiner Situation
zufrieden." Aber die anderen
werden sagen: "Nicht, dass er nicht sehen möchte, sondern dass
er nicht sehen kann; er
weiß nicht, was ihm fehlt." So
ist es bei vielen Menschen, wenn
es um Religion geht. Sie
sagen, dass sie Gott
nicht erfahren möchten, dass sie nicht beten möchten,
aber die Tatsache ist, dass
sie es nicht können. Sie sind wie blind, sie sind geblendet durch die vielen Angebote der materialistischen Welt, durch die
vielen Triebe, die
sie einfach erfüllen möchten, und
solange sie nicht wissen, was ihnen, wenn
sie nicht religiös sind, fehlt, dann ist es schwer, ihnen klar zu
machen, dass es mit Religion noch schöner
sein könnte.
Bei den
Tieren kann man beobachten - und je unentwickelter
sie sind, desto deutlicher wird es - dass
sie, wenn sie
genug Futter bekommen, zufrieden
sind. Sind sie unterwegs, dann nur
um Futter zu suchen.
Wenn das Wetter
schön ist, zeigen sie, dass es ihnen
besser geht, als wenn das Wetter
schlecht ist. Aber, dass
sie etwas von
der Natur genießen, das
erkennt man bei den Tieren nicht.
Entwickelte Menschen
sind nicht nur jene,
welche moderne Apparate erfinden
und bedienen können, sondern
jene, welche den Sinn ihres
Lebens entdecken. Sie sind nicht zufrieden mit
Essen und Trinken, Geld
und Karriere, Haus und Auto. Sie
wollen nicht nur Nützliches wissen, sie
wollen ihre geistigen Fähigkeiten
soweit entfalten, damit sie den Sinn des Lebens, die Ursache des Geschehens in
der Welt, erkennen können. Man sollte entweder in der
Lage sein, selber zu forschen, um Grund und Sinn für
das Leben zu
finden, oder man sollte
bereit sein, das,
was die anderen,
die Fachleute, bereits entdeckt haben, zu übernehmen. In
der Religion haben wir die Möglichkeit,
von Menschen zu hören,
die Gott entdeckt haben, die das
"Woher" und
"Wohin" des Lebens erforscht haben.
In der
Gotteserkenntnis kann man verschiedene Stufen feststellen. Zuerst kommt die Phase
des Denkens. Man beobachtet die Welt
und stellt dabei fest, dass man
nicht alles unter Kontrolle hat, aber
man kommt dabei zu der Erkenntnis, dass
bestimmte Regelmäßigkeiten und Gesetze die Natur
verwalten. Man sucht nach einem
Grund für das Geschehen, oder sucht
den Verursacher und entdeckt
dabei Normen, die das Leben nicht nur für ein paar
Tage, sondern für
die ganze Zeit glücklich machen können. Als zweite Phase hört man von
gelehrten Menschen, die
die gleichen Fragen gestellt
und die Antworten gefunden
haben. Bei uns Christen ist es
Jesus und seine Botschaft. Wenn man sich für seine
Lehre entschieden hat,
und wenn man bereit ist, nach
seiner Lehre zu leben, und wenn man einige Zeit
in diesem Leben bestanden hat, erlebt man eine
Freude, die nur
der Glaube an Gott
schenken kann. Dann hat man Freude am Gottesdienst,
Freude bei den
Taten der Nächstenliebe. Es gibt
eine Freude, die nur der
Glaube an Gott
uns geben kann. Diese Freude
ist viel schöner und viel
wichtiger, als alles andere, was diese Welt uns bieten kann.
Religion ist nicht etwas, was uns
nur auf Tod und Himmel vorbereitet; wer
religiös lebt, kann schon hier auf
dieser Erde eine
Freude erleben, die nicht
mit anderer Freude zu vergleichen ist. So
eine Freude im und am Leben wünsche ich uns allen.
Es grüßt Sie
George chelappurath, Pfarrer
Juli
1999
Leben
ohne Religion
Liebe Gemeinde,
als das Haus unserer
Kirchengemeinde, im Neugärtle, nicht bewohnt war, fragten immer wieder Leute,
ob wir es verkaufen oder vermieten wollen. Seitdem es aber vermietet ist, erkundigt
sich keiner mehr nach diesem Haus. Wenn etwas besetzt ist, dann haben die
anderen keine Chance mehr. Die höfliche Frage bei Veranstaltungen kennen wir:
"Ist dieser Platz besetzt?" Wenn jemand in einem bestimmten Verein
aktiv ist, wird man kaum angesprochen, in einem anderen aktiv zu werden. Einem
Arbeitenden wird keine neue Stelle angeboten. So ist es auch in der Religion.
Wenn jemand in einer Religion aktiv ist, nach dieser Religion lebt, wird er
meistens in Ruhe gelassen. Wenn er aber keine hat, wird er immer wieder
angesprochen, eine neue anzunehmen!
Vor einigen Tagen hatte
ich die Gelegenheit, mit einem Jugendlichen zu sprechen. Ich kenne ihn gut, er
ging vor einigen Jahren zur Kommunion, die Firmung hat er auch empfangen. Ich
erinnere mich, wie es damals war, gleichgültig worum es ging, kam von ihm die
Antwort: "Ich habe keine Zeit"! Seine Mutter hat ihn von diesem zum
anderen gefahren, er hatte einen vollen Terminkalender, immer beschäftig mit
dem einen oder anderen Hobby. Und nun ist er dabei, Mitglied einer anderen
Religion zu werden, welche mit unserem christlichen Glauben nichts zu tun hat.
Die Eltern wollten ihren Sohn damals nicht beeinflussen, sie haben ihrem Sohn
freigestellt, was er glauben sollte, was er in dem Glauben praktizieren sollte.
Aber jetzt entscheidet nicht er, nicht der Sohn selber, sondern die Eltern
seiner Freundin. Und er? Er findet die Religion seiner Freundin gut und
vergleichen, ob seine eigene Religion gut ist, das kann er nicht, weil er von
ihr kaum etwas weiß. Was die eigenen Eltern nicht mitgeben konnten, geben nun
die Eltern seiner Freundin. Weil er nichts Eigenes hat, hat er nun auch keine
Schwierigkeiten, etwas anderes anzunehmen.
Viele Menschen unserer
Zeit fragen sich, ob die Religion in unserer modernen, aufgeklärten,
konsumorientierten Gesellschaft eine Bedeutung hat. Die Geschichte aller
Kulturen und Völker lehrt uns, dass das Leben ohne Religion - wenn überhaupt -
nur eine kurze Phase ist, sei es im Leben einzelner Personen, oder Völker. Wenn
man auf der Suche ist, etwas zu erreichen, so z.B. Gründung einer Familie, der
Anfang des Berufslebens, dann ist man so damit beschäftigt, dass man kaum Zeit
und Ruhe findet, über den Sinn des Lebens nachzudenken. Aber, wenn man einiges
erreicht hat, dann fragt man: "Warum soll ich dies alles haben, wie lange
kann ich dies alles noch gebrauchen?" Philosophische Antworten gibt es
genug, aber eine befriedigende Antwort bekommt man nur aus der Religion. Bei
der Suche nach dem Sinn des Lebens, wenn man sie ehrlich und konsequent macht,
landet man bei der Religion.
Wenn man seinen Kindern
keine Religion beibringt, werden sie später irgendeine annehmen, die könnte
eventuell "heikel" sein. Die Suche nach dem Sinn des Lebens, die
werden auch unsere Jugendlichen irgendwann einmal beginnen. Was sie dann finden
werden, hängt davon ab, mit wem sie zusammen sind, wer alles ihr Leben
beeinflusst. Schade, wenn unsere Kinder oder Enkelkinder etwas anderes
erreichen als das, was wir selber eigentlich sehr gut gefunden haben, aber
durch unsere Nachlässigkeit versäumt haben, weiterzugeben. Die Weitergabe des
Glaubens, das sollte unsere Aufgabe sein. Lieber jetzt bei den Eltern
untergeordnet leben, als später diesem oder jenem auf der Straße folgen.
Es grüßt Sie
George chelappurath, Pfarrer
Oktober
1999
Ruhe
Liebe Gemeinde,
die Ferien sind vorbei,
die Schule hat wieder angefangen, in den Betrieben läuft alles auf Hochtouren,
man steht mitten in der Arbeit. Kaum hat man wieder angefangen, spürt man den Druck
der Arbeit. Die Kinder sind im Lernstress, die Eltern haben es schwer, die
eigenen Termine mit denen der Kinder zu koordinieren. Entspannen, sich erholen,
das wünscht man sich. Kaum sind die Ferien und der Urlaub vorbei, träumt man
schon vom nächsten. Weil dieser aber in weiter Ferne steht, ist man auch mit
dem Wochenende zufrieden, auch wenn es nur ein oder zwei Tage sind.
Kommt man am Wochenende
tatsächlich zur Ruhe? Ja, wenn man auf den Straßen unserer Gemeinde am
Sonntagvormittag entlang geht, dann spürt man, dass die Leute zur Ruhe gekommen
sind, denn die Rollläden sind auch noch viele Stunden nach Tagesanbruch zu. Ist
das alles, was wir unter Ruhe verstehen sollten? Brauchen wir Menschen nur das,
was auch die Tiere brauchen: Genug fressen und wenn sie satt sind, schlafen bis
sie wieder hungrig sind?
"Komm zu uns, bei uns
kannst Du Dich erholen" - diese Einladung gibt es von mehreren Seiten. Die
Reiseunternehmer bieten mehrere Ziele an, wo man sich erholen und abschalten
kann. Aber, welche Erfahrung machen diejenigen, die dieser Einladung folgen:
Ruhe oder mehr Streß? An den Wochenenden erleben viele mehr Streß als an den
Arbeitstagen: diese und jene Verpflichtung, diese Einladung, jener Besuch usw.
Auch bei den Kindern ist es nicht besser. Viele von ihnen sind an beiden
Wochenendtagen voller Verpflichtungen, auch wenn man sie Hobbies nennt.
Angefangen hat es als Freizeitbeschäftigung, die Kinder sollten etwas zu tun
haben, aber jetzt stehen sie unter Leistungsdruck, auch wenn viele Angebote für
die Kinder interessant sind. Statt zur Ruhe kommen sie zu mehr Streß, statt
Erholung ermüden sie.
Viele Menschen sind der
Meinung, dass wir keine Ruhe haben, weil wir so viel arbeiten. Aber, was sagen
die älteren Menschen unter uns? Wieviele Tage haben sie früher gearbeitet? Wie
viele Stunden am Tag? Wie viele Urlaubstage hatten sie? Viel Arbeit ist nicht
unbedingt der Grund, warum wir nicht zur Ruhe kommen. Die Zeiten sind anders
geworden, unsere Gesellschaft ist nicht mehr so wie früher. Aber auch in unserer
Zeit kann man zu sich selber finden. Wenn die bisherigen Programme uns die
gewünschte Erholung nicht gebracht haben, sollten wir etwas Neues probieren.
Wir Christen hören eine
andere Einladung zur Erholung: "Kommt alle zu mir, die ihr geplagt und
beladen seid. Ich werde euch ausruhen lassen" (Mt 11, 28). Dieses Angebot
ist von Jesus. Und er sagt weiter: "Lernt von mir; denn ich bin gütig und
selbstlos. So werdet ihr in eurem Herzen Ruhe finden" (Mt 11, 29). Also,
wir sollten von Jesus lernen wie man zur Ruhe kommen kann. Jesus hatte auch ein
volles Programm. Die Leute kamen in Scharen zu ihm. Auch seine Jünger hatten
alle Hände voll zu tun. Das Evangelium berichtet über diese Situation:
"Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die
Leute, die kamen und gingen" (Mk 6, 31). Aber Jesus hat für sich und seine
Jünger Zeit der Stille gesucht und gefunden: "Da sagte er zu ihnen: Kommt
mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus" (Mk
6, 31). Diese Einladung können auch wir brauchen. Ein Leben im Einklang mit der
Natur, anderen Menschen und mit Gott - das ist es, was uns Ruhe gibt. Also
probieren wir in den nächsten Wochenenden aus, unser Leben anders zu gestalten
als bisher. Lassen wir uns nicht von den vielen Angeboten verführen. Nehmen wir
die Einladung Jesu: "Kommt zu mir" ernst. Das bedeutet nicht
unbedingt eine Stunde in der Kirche sitzen, aber ein Leben führen, in dem auch
Gott und die Familie mehr Zeit in Anspruch nehmen darf. Diese Einladung Jesu
können wir ohne jedes Risiko annehmen, ohne irgendwelchen Verpflichtungen.
"Ein schönes Wochenende" sollte für uns wirklich schön sein,
streßfrei und ruhig, in dem auch Gott eine Rolle spielt.
Es grüßt Sie
George chelappurath, Pfarrer
November
1999
Freude
am Leben
Liebe Gemeinde,
nur wenige Leute unter uns
haben näheren Kontakt zu
anderen Religionen und wir
wissen auch wenig über
sie. Aber durch
die Medien erfahren wir immer wieder über ihre
Lebenseinstellung und ihren Lebensstil.
Wenn wir die Lehren
der anderen Religionen genauer betrachten, dann können
wir feststellen, dass sie viel
Ähnlichkeit mit unserer
Religion haben und dass
auch sie den Menschen Lebensorientierung schenken können.
Wir können aber auch
beobachten, dass es den
Mitgliedern bestimmter
Religionen an Lebensfreude fehlt; gerade bei
den Mönchen dieser Religionen und
den anderen streng praktizierenden Mitglieder können wir
dies feststellen. Hier fragt
man dann automatisch: "Warum sind
sie nicht fröhlich"?
Die Antwort
könnte lauten, dass sie
in ihrem Leben unsicher sind;
sie wissen nicht,
was mit ihnen passieren wird; obwohl sie an ein Leben
nach dem
Tod glauben, sind sie
unsicher, was mit ihnen später passiert. Sie strengen sich an,
damit sich die
Götter ihnen gegenüber gnädig
erweissen. Sie meinen, dass sie für
die Rettung ihrer Seelen
noch viel zu leisten haben. Sie denken, dass sie alles selber tun müssen. Dieser Zwang,
immer mehr für die
Rettung der Seele zu tun, und
die Unsicherheit, was mit ihnen
nach dem Tod geschieht, macht
sie ängstlich und sorgenvoll.
Aber wenn wir unsere Religion betrachten, dann sehen
wir, dass wir
diese Ur-Angst überwunden
haben, denn wir wissen, dass Gott uns
schon gerettet hat. Wir glauben an einen Gott, der
unser Vater ist.
Wir glauben, dass wir nach
unserem Tod diesen Gott
erreichen werden. Darum
können wir mit anderer Einstellung leben, als die der anderen Religionen.
Wenn man
nach den Merkmalen der
Christen fragt, erhält man
spontan die Antwort: "Nächstenliebe und
Feindesliebe". Oder man erzählt
von dem Hauptgebot der Gott- und
Nächstenliebe. Aber das ist nicht
alles, die Christen haben
noch ein Merkmal, nämlich die Freude am Leben.
Freude am
Leben kann man nicht
herbeizaubern. Vielleicht müssen wir unsere Einstellungen und Lebensgewohnheiten ändern. Je früher wir die
Wahrheit über unser zukünftiges Leben erfahren, je früher wir uns mit dem
Ziel unseres Lebens
auseinandersetzen, desto früher
können wir uns diese Freude
am Leben zu eigen machen. Eigentlich
ist das, was wir als Ziel haben das, was unserem Leben Orientierung gibt. Je
konkreter das Ziel,
je näher wir am
Ziel sind, desto glücklicher sind
wir. Stellen wir uns vor: Eine Familie will ein Haus
bauen. Solange
sie nur denkt: Irgendwann wollen
wir irgendwo ein Haus
bauen, ist ihre Freude an einem eigenen Haus nicht sehr
groß. Je weiter
man das Haus aber
fertig hat, und je näher
der Einzugstermin rückt,
desto grösser ist die Vorfreude. Wir
Christen leben in der
Vorfreude auf das kommende
Leben, ein Leben bei unserem Vater
im Himmel. Die Millionen Menschen,
die dieses Ziel schon erreicht
haben, ermutigen uns, das
Unvergängliche mehr zu schätzen, als
das Vergängliche. Das
Ziel unseres Lebens ständig
vor Augen zu haben,
und mit dieser Vorfreude zu
leben, dazu sollten
uns die Festtage im
Monat November - Allerheiligen und
Allerseelen - helfen.
Es grüsst Sie
George chelappurath, Pfarrer
Dezember
1999
Neubeginn
Liebe Gemeinde,
schlimm ist
es, wenn wir immer
mit dem weitermachen müssen, was uns eigentlich gar nicht gefällt. Schlimm ist es, wenn
wir in einem
Haus wohnen müssen, das
uns nicht gefällt; schön ist es, wenn
wir umziehen können. Schlimm ist
es, wenn wir eine Arbeit
weitermachen müssen, die uns
nicht gefällt; schön ist es, wenn wir
kündigen und neu anfangen
können. Neu anfangen - das
ist das Schönste,
wenn etwas schief gegangen ist.
Vieles, was wir in unserem Leben erlebt haben, war vielleicht schrecklich, es gibt eventuell
auch Ereignisse, an die wir nicht mehr erinnert werden wollen. Ab und zu
wünscht man sich: Schön wäre es,
wenn dies oder
jenes nicht passiert wäre!
Vergessen können wir nicht
alles, ungeschehen machen
können wir es auch nicht, die
Folgen vieler unserer
Taten begleiten uns weiterhin. Das Schöne, das
wir erlebt haben, bleibt genauso bestehen, wie das Schreckliche, und
für alles, was wir
getan haben, für alles was in unserem
Leben passiert ist, gibt es Konsequenzen, gibt es Folgen. Aber
das Schönste bei all dem ist, dass wir die
Möglichkeit haben, neu zu
beginnen. Das hat Gott für uns Menschen getan.
Das war
ein Neubeginn, Gott beginnt
mit den Menschen neu.
Was gleich nach der Schöpfung der
Menschen schief gegangen war, wollte
Gott von sich aus wieder in Ordnung
bringen. Gott ergreift die
Initiative, den Menschen
wieder mit sich in Verbindung zu bringen, er sendet seinen Sohn
in die Welt. Das feiern wir in drei
Wochen - Weihnachten
ist das Fest des Neubeginns.
Gott kommt zu
uns, steht vor der
Tür unseres Herzens, klopft an
und fragt, ob
er reinkommen darf
- und wie
lautet unsere Antwort? Viele
lehnen ihn ab mit der Begründung, dass
sie keine Zeit haben. Und tatsächlich, sie haben
auch keine Zeit,
sie sind so beschäftigt mit der Suche nach
dem Glück. Sie suchen
es hier und dort, bei der Arbeit,
beim Verdienen von immer mehr
Geld, beim Zusammensein mit
anderen Menschen, durch das unternehmen von diesem und jenem. Aber sie
vergessen dabei, dass
das, was sie suchen, bei Jesus leichter zu finden ist; sie begreifen
nicht, dass das, was sie suchen,
sonst nirgends zu finden ist.
Es könnte
so aussehen, dass es
niemanden interessiert, was mit
uns geschieht. Es kann sein,
dass wir zum "Abgeschriebenen Kapitel" gehören. Es kann sein,
dass viele, auf
die wir unsere Hoffnung
gesetzt haben, uns lange vergessen
haben. Aber einer möchte, dass wir weitermachen,
ihn interessiert nicht,
was bis jetzt war,
sondern nur die Zukunft.
Er ermutigt
uns, neu anzufangen - neue
Lebensregeln, neuer Tagesablauf, Neuregelung der Wochenenden, neue
Lebenseinstellung.
Wir können neu anfangen, neu
anfangen mit einem
Leben mit Gott, mit einem
Leben nach der Anweisung Jesu. Das ist der
Weg zum Glück. Wenn wir diesen Weg
bis jetzt nicht
gefunden haben, versuchen wir ihn
in den Tagen der Adventszeit zu
entdecken und wenn wir sehen, dass wir damit Erfolg haben, versuchen wir es
weiter.
Ein Neubeginn, den wünsche ich
uns in dieser
Adventszeit, und ein
gesegnetes Weihnachtsfest.
Es grüsst Sie
George chelappurath, Pfarrer