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Januar 2002

 

Nur weil Gott es will

 

Liebe Gemeinde,

vor ein paar Tagen kam ein Mann ins Pfarrbüro mit der Bitte, dass ich eine Dienstleistung für jemand anderen übernehme. Weil sein Anliegen aber nicht zu meiner Pflicht als Pfarrer gehörte, habe ich überlegt, was ich tun sollte und gezögert. Aber dieser Mann sagte: "Herr Pfarrer, sagen Sie Ja, unser Herrgott wird Ihnen dafür DANKE sagen." Der einzige Grund für eine Arbeit, die mich einige Stunden kosten würden: Ein Danke von Gott? Sonst nichts? Es ist erfreulich zu sehen, dass es Menschen unter uns gibt, die aus der Überzeugung leben, dass sie nur für Gott etwas tun können; die in der Hoffnung leben, auch andere dafür motivieren zu können.

 

Wie weit ist Gott die einzige Motivation, um irgendetwas zu tun? Die modernen Menschen haben vielerlei Anreize - Geld, Anerkennung, Ruhm und Spaß stehen an erster Stelle. Aber Gott als die einzige Anregung - das ist für viele schwer zu verstehen.  Tun Sie es für Gott! Wir dürfen froh sein, dass es unter uns Menschen gibt, die Gott aus ihrem Leben nicht verbannt haben, die ihr Tun  von dem Willen Gottes leiten lassen. Sie fragen sich nicht nur, was sie brauchen, sondern was Gott von ihnen erwartet.

 

Von einem Wanderprediger konnte ich hören: "Ihr sagt, ihr braucht nur ein Kind. Aber was ist mit Gott? Ein Kind für euch - ein Kind für Gott!" Gibt es so etwas: Ein Kind für uns, ein Kind für Gott? Kinder als zukünftige Säulen der Gesellschaft? Als zukünftige Arbeitskraft, als spätere Beitragszahler der Rentenkasse - das kann man eher verstehen, aber Kinder als zukünftiges Werkzeug Gottes in dieser Welt - kann man das nachvollziehen? Wenn man bestimmte Menschen beobachtet, dann kann man doch feststellen, dass sie von ihren Eltern so erzogen sind, dass sie nicht für sich selbst, sondern für die anderen Menschen leben, als Werkzeug Gottes.

 

Eine neue Gesellschaft entsteht, nicht  wenn wir genügend Arbeitskraft haben, nicht wenn alle Menschen alle Vorteile der technischen Entwicklung erreichen, sondern wenn wir Menschen haben, die auch nach dem Plan Gottes ihr Leben gestalten. Je mehr solcher Menschen es unter uns geben wird, desto sichtbarer wird die von allen ersehnte neue Gesellschaft, in der alle in Frieden leben können. Wir müssen unsere Zukunft planen, auch die Zukunft unserer Gesellschaft, sollten aber dabei nicht nur das vor Augen haben, wie alles nach außen hin aussehen sollte, sondern auch, wie die Menschen leben, mit welcher innerlichen Zufriedenheit, denn "der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt".

 

Ein neues Jahr beginnt. Wir wissen nicht, was alles auf uns zukommen wird. Eines ist sicher, wir werden viel zu tun haben, einiges haben wir uns vorgenommen, für die Erhaltung unseres Lebens, für die Entfaltung unserer Fähigkeiten, für die Erfüllung unserer Wünsche, für die Gestaltung unserer Interessen. Was werden wir für Gott tun, nur für Gott und nur weil Gott es will, ohne irgendwelche privaten Interessen, auch wenn kein Mensch davon weiß, im Verborgenen, nur weil Gott so etwas von mir erwartet?

Wir tun dies oder jenes nicht nur, weil wir unbedingt Lust dazu haben, sondern weil Gott so etwas von uns erwartet. Wir tun es nicht, wenn wir sonst nicht anderes zu tun haben, sondern dann, wenn es getan werden sollte, weil Gott in unserer Prioritätsskala an erster Stelle steht.

 

Ich wünsche uns allen, dass wir in dem kommenden Jahr 2002 immer wieder Zeit und Möglichkeit finden, einiges auch für Gott zu tun, einiges, nur weil Gott so etwas von uns erwartet. Oder, darf Gott von uns nichts erwarten?

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

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Februar 2002

 

Trennung von Religion und Privatleben

 

Liebe Gemeinde,

Staat und Religion zu trennen - in vielen Ländern hat man das geschafft! So spielt bei politischen Entscheidungen eine bestimmte Religion keine Rolle mehr. Dies ist verständlich, weil alle in einem Staat lebenden nicht der gleichen Religion angehören. Dabei kann man beobachten, dass viele Staaten nicht gegen die Religion sind, sie verhalten sich nur allen Religionen gegenüber neutral, aber sie respektieren sie. Des weiteren sind sie der Überzeugung, dass die Religionen den Menschen Lebensorientierung geben, Maßstäbe für Gerechtigkeit setzen und so allen Menschen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Einige Länder fördern diese Trennung von Staat und Religion, nur um die Werte der Menschlichkeit zu unterdrücken, nur um den Konsum und Wohlstand als einziges Ziel des Lebens zu fördern. So ist diese Trennung von Staat und Religion gut oder schlecht, je nachdem was man als Ziel hat. Benötigen wir nur äußerliche Schönheiten und perfekte Verwaltung, oder auch Menschen, die mit ihrem eigenen Leben zufrieden sind?

        

Die Trennung von Gesellschaft und Religion - das kann man in letzter Zeit verstärkt beobachten. Religion und Gesellschaft gehen getrennte Wege, so nehmen viele Veranstaltungen und Angebote keine Rücksicht mehr auf religiöse Gefühle oder religiöse Feiertage; Religion ist nur dann wichtig, wenn sie einen Grund zum feiern gibt, zum Essen und Trinken. Sie unterstützen die Religion, wenn es um die Erhaltung der Feiertage geht - man ist froh über jeden zusätzlichen freien Tag. In so einer Gesellschaft könnte viel los sein, aber diese soll nicht unbedingt fördernd für ein menschenwürdiges Leben sein, denn der Mensch braucht nicht nur Unterhaltung, sondern auch Besinnung.

 

Trennung von Familie und Religion ist eine weitere Entwicklung unserer Gesellschaft. Das Leben in vielen Familien wird nicht nach der religiösen Regel geführt. In der Familie kommt das Thema Religion selten zur Sprache. Die religiösen Praktiken spielen keine Rolle mehr. Bei der Familienplanung werden nur die eigenen Interessen wahrgenommen und es wird nicht gefragt, was Gott will! Einige Gebräuche und Feste werden gefeiert, aber nicht als Anregung für ein religiöses Leben, sondern nur, um sich zu amüsieren. So eine Familie funktioniert als Keimzelle der Gesellschaft, aber nicht unbedingt als Keimzelle der Religion.

 

Trennung von Religion und Privatleben? Wie ist es aber, wenn jemand sein Privatleben von der Religion trennt? Dies ist ein Widerspruch, denn wozu ist es dann Religion? Wozu ist sie nützlich? Wenn man sein Privatleben von Religion trennt und nur einige Pflichten, die von der Religion verlangt werden, erfüllt, dann ist sie nicht sehr nützlich. Es darf keinen Bereich in unserem Leben geben, welcher vom Einfluss der Religion befreit wird, denn Gott will uns ganz, er will unsere Liebe, unser Vertrauen.

 

Nicht das Umfeld sollte unser Leben bestimmen, sondern umgekehrt, unser Leben nach bestimmten Lebenseinstellungen und Regeln bestimmt das Familienleben und beeinflusst die Gesellschaft und den Staat. Nicht die Politiker bestimmen wie wir leben sollten, sondern umgekehrt, unser Leben bestimmt, welche Entscheidungen die Politiker zu treffen haben, denn das Leben von jedem von uns ist wertvoll, viel wertvoller als schöne Häuser, saubere Strassen und unterhaltsame Veranstaltungen. Was "ergänzend" wirken sollte, darf nicht "anstatt" funktionieren.

 

In wenigen Tagen beginnt die Fastenzeit, wir werden von Umkehr und Umdenken zu hören bekommen. Ein Umdenken in der Gestaltung unseres Lebens ist für manche von uns evtl. lebenswichtig, denn was nützen uns unsere Verdienste, wenn wir letztendlich das Leben verlieren, hier auf dieser Erde und später nach dem Tod?

Es grüßt sie

George Chelappurath, Pfarrer

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März 2002

 

Was und wann "darf" Gott etwas von uns erwarten?

 

 

Liebe Gemeinde,

von einem Schneider wird erzählt: Er war im Dorf gerngesehen, seine Arbeit hat er termingerecht und ordentlich gemacht, der Preis für seine Arbeit war angemessen, alles ging gut, er war mit seiner Kundschaft und sie mit ihm zufrieden. Dann auf einmal konnte er die Termine nicht mehr einhalten, es gab Ärger und nach Erkundigungen wurde bekannt, dass der Schneider nun eine Freundin hatte. Die Kunden hatten dafür Verständnis, dass er nun auch Zeit für seine Freundin haben wollte. Die Zeit verging. Dann gab es wieder Probleme, dieses Mal aber nicht mit den Terminen, sondern mit der Verarbeitung: die bestellten Kleider wurden plötzlich zu eng, oder die Falten wurden weniger. Auf Reklamationen gab er zur Antwort: "Meine Kinder werden größer, woher soll ich den Stoff für ihre Kleider nehmen, wenn nicht von Ihrem Stoff?"

 

Wie ist es in unserem Leben? Am Anfang war alles in Ordnung! Dann wollte man eine Ausbildung haben. Als Azubi hatte man es schwer: der Meister, die Arbeit, die Prüfungen und dazu die Suche nach einem Lebenspartner. Die Eltern hatten Verständnis und auch der Pfarrer, dass man für Gott wenig Zeit hatte. Dann wollte man eine Familie gründen. Als die Kinder klein waren, war es unmöglich, alles unter einen Hut zu bringen und als dann auch noch der Bau eines Hauses dazukam, brach alles zusammen - zeitlich, finanziell und körperlich. Wo sollte man da noch Zeit finden für einen Gottesdienst? Als sich dann wieder alles normalisiert hatte - Familie und Haus - kam das "Ehrenamt". Inzwischen hat man Gott vergessen, was man nun sagen kann ist nur: "Ich bin doch gläubig!" aber für sein Glaubensleben tut man nichts. Man versucht, sein eigenes Leben immer schöner und schöner zu gestalten und vergisst dabei, dass die anderen immer weniger bekommen, vor allem Gott!

 

Einmal habe ich einen Mann um eine Spende gebeten. Er war ein ziemlich reicher Mann, aber er sagte mir, dass er zur Zeit Schulden habe und mir daher nichts geben kann. Ich hatte Mitleid mit ihm und wollte gehen, aber im weiteren Gespräch kam heraus, dass er nur Schulden habe, weil er noch ein weiteres Haus gekauft habe, als Investition für weitere Einnahmen. Was soll man dazu sagen? Dieser Mann hat nicht genug; was er hat, das braucht er für sich selber und was er eventuell erübrigen kann, benötigt er, um sein Vermögen zu vergrößern. Wann werden wir genug für uns haben? Wann dürfen die anderen von uns etwas erwarten, von unserem Geld, von unserer Zeit? Was und wann "darf" Gott etwas von uns erwarten?

 

In vier Wochen ist Ostern. Im Mittelpunkt dieses Festes steht unser Herr Jesus Christus. Vor der Auferstehungsfeier werden wir in der Kirche am Gründonnerstag an seine dienende Liebe denken und am Karfreitag an seinen Tod für uns Menschen. Ihm ging es nicht darum, was er für sich erreichen konnte, sondern nur darum, was er für uns Menschen tun konnte. Er war bereit, sein Leben für uns zu opfern, mit dem Motto: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt" (Joh 15,13).  Und Ostern ist die Antwort Gottes auf diese Liebe Jesu Christi. Gott hat ihn von den Toten erweckt. "Jesus lebt - Halleluja" werden wir singen. Dabei werden wir uns in Erinnerung rufen, dass auch wir ein schönes Leben haben werden, dass auch wir nach unserem Tod auferstehen und für immer leben werden. Voraussetzung für diese schöne Zeit ist unser Einsatz für Gott und unsere Mitmenschen. "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst" (Lk 10,27), war die Antwort Jesu auf die Frage: Was soll man tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Auferstehung und das ewige Leben, das sollten nicht nur die anderen, sondern auch wir und unsere Kinder erreichen. Mehr Zeit für uns, um über unser Leben und unsere "Zukunft" nachzudenken, das wünsche ich uns allen in dieser Fastenzeit.

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

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April 2002

 

Worüber freuen wir uns?

 

Liebe Gemeinde,

worüber freuen wir uns? Vielleicht dass wir viel Geld haben? Selbstverständlich dürfen wir uns darüber freuen, denn Geld ist notwendig um zu leben. Es sollte aber nicht alles sein im Leben, denn ich kenne Leute, die jede Menge Geld haben und mehrere Häuser und Wohnungen besitzen, aber sie leben nicht in einem ihrer Häuser oder Wohnungen, sondern im Altersheim.

 

Freuen wir uns über die vielen Freunde, die wir haben? Selbstverständlich dürfen wir uns darüber freuen, denn wer möchte schon alleine leben! Aber, ich kenne Leute, - die habe ich am Anfang meiner Zeit hier in Leingarten kennen gelernt - die hatten viele Freunde, jedes Wochenende waren sie unterwegs, um diesen oder jenen zu besuchen. Sie haben Feste gefeiert und waren auch aktiv im Vereinsleben. Ich konnte auch dabei sein, als sie für ihr Engagement im öffentlichen Leben geehrt wurden. Aber seit sie nicht mehr in der Lage sind, sich weiter zu engagieren, seit sie krank und gebrechlich sind, fragt kein Mensch mehr nach ihnen.

 

Freuen wir uns über die Dinge, die wir gesammelt haben, die schönen Sachen, die wir gekauft haben? Vor wenigen Wochen konnten wir bei der Sammlung für Afrika wieder mal erfahren, was die Nachkommen, die Erben mit dem tun, was sie überlassen bekommen haben: Wegwerfen, oder einfach anderen schenken!

 

Freuen wir uns über unsere Kinder und Enkelkinder? Steht hier die Freude über ihr Leben oder der Stolz über ihre Leistungen im Vordergrund? Immer wieder treffe ich Menschen, die voll Stolz von ihren Kindern erzählen, wo sie überall studiert haben, welche Talente sie entwickelt haben, welche Position sie erreicht haben, was aus ihnen geworden ist, kurzum - sie sind stolz auf ihre gescheiten Kinder. Aber, es kommt immer wieder vor, dass sie mit einem "Aber" enden wollen: Aber, mit der Familie? Die Geschichten sind unterschiedlich, aber in Sachen Berufung, wozu sie auf dieser Erde leben, hier sind sie gescheitert, hier haben sie keinen Erfolg! Den Beruf haben sie geschafft - beim Geldverdienen sind sie nicht zu übertreffen; Hobbys haben sie genug, aber bei der Berufung haben sie verloren. Darum sind die Eltern über die Leistung ihrer Kinder stolz, aber über ihr Leben allgemein, traurig! Wie schön wäre es, wenn sie stolz und freudig sein könnten?

 

Was werden wir nach 20 oder 30 Jahren über unsere Kinder und Enkelkinder erfahren? Erfolg im Beruf wünschen wir ihnen, ist das aber alles? Am 21. diesen Monats empfangen 28 Kinder unserer Gemeinde die Hl. Erstkommunion. Jedes Jahr machen wir die Erfahrung, dass, je näher der Erstkommuniontag rückt, desto begeisterter sind die Kinder, nicht nur über den Festtag, sondern auch über ihre Beziehung zu Jesus Christus - sie beten gerne, feiern den Gottesdienst aktiv mit. Wir wollen diese und auch andere Kinder unterstützen, ihre Beziehung zu Jesus zu vertiefen, denn diese garantiert ein Leben in Friede und Freude. So wünschen wir unseren Erstkommunionkindern die Möglichkeit zur Entfaltung ihrer Talente, eine gute Vorbereitung auf das Berufsleben und vor allem eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus und ein Leben nach seiner Lehre, damit sie Friede und Freude im Leben erfahren können. Eines Tages sollten wir nicht nur über ihren Erfolg im Beruf stolz sein, sondern auch über ihr Leben im allgemeinen froh sein können.

Es grüßt Sie,

George Chelappurath, Pfarrer

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Mai 2002

 

Weil er unser Gott ist!

 

 

Liebe Gemeinde,

"Ihr kennt mich nicht, aber vielleicht kennt ihr meine Geschichte: Damals ging alles gut. Die Kinder waren alle bei uns. Wir hatten alle füreinander Zeit. Nach und nach gingen die Kinder dann ihren eigenen Weg, aber sie kamen immer wieder zu uns, ihren Eltern, zurück. Sie hatten dann viel zu erzählen und wir haben uns gefreut, dass die Kinder nach Hause kamen. Als dann die Enkelkinder kamen, war es noch interessanter, trotz mehr Stress und Arbeit. Auch die Enkelkinder kamen gerne zu uns, zu Opa und Oma. Meine Geschichten haben sie gerne gehört und ich konnte auch gut erzählen wie es früher war, wie wir alles ohne Maschinen, alles von Hand geschaffen haben, wie wir mit der Natur zu kämpfen gehabt haben usw. Aber als die Enkelkinder älter wurden, verlies sie ihr Interesse an meinen Geschichten, sie wurden langweilig für sie. Sie kamen dann nur noch, wenn sie sich etwas von mir erhofft haben. Die Weihnachtsgeschenke haben sie immer rechtzeitig abgeholt, ihre Geburtstagswünsche haben sie immer rechtzeitig angemeldet und ab und zu noch etwas materielle Unterstützung für dies oder jenes erwartet. Aber Zeit für uns, ihre Großeltern, die hatten sie nicht und sich mit uns unterhalten, das wollten sie auch nicht mehr. Als dann noch die Ur-Enkel kamen - selbstverständlich wurden sie zu uns gebracht, um sie vorzuführen und zu zeigen, ansonsten wurde kein Kontakt aufgebaut. Als auch sie dann größer wurden, haben sie dann selber kein Interesse mehr an uns gehabt. Traf man sich zu einem Familientreffen, dann kamen sie nur widerwillig dazu, denn Sie wollten lieber bei ihren Freunden sein, als bei uns! Sie wollten nichts mehr davon hören, was wir für die Familie getan haben. Natürlich war ich darüber traurig, aber etwas dagegen tun, das konnte ich nicht. Meine Nachkommen hatten kein Interesse an mir, sie besaßen alles, aber wie sie dazu gekommen sind, das interessierte sie nicht: meine harte Arbeit beim Aufbau, die Ersparnisse aus meinem bescheidenen Leben und vieles mehr. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie alle immer wieder mit mir zusammengekommen wären, aber die jüngere Generation hat daran kein Interesse. "Wie könnte man so ein Treffen attraktiver gestalten?" dachte ich, auch laut! Der Idee, einen Unterhaltungskünstler zu engagieren, habe ich zugestimmt. "Warum nicht?" dachte ich. Alle haben sich auf dem Fest amüsiert, lustig und interessant war das Familientreffen anlässlich meines 95 Geburtstages. Niemand sprach von Langeweile, niemand meckerte über die alten Geschichten, alle waren zufrieden - aber ich? Ich nicht! Niemand hatte Zeit, sich mit mir zu unterhalten, niemand fragte nach mir. Geschenke haben alle gebracht, kaum etwas davon kann ich gebrauchen. Warum sie gekommen sind, das weiß ich nicht! Was ich wollte - das war eine Zusammenkunft aller Familienangehörigen, aber sie haben sich eher für den Unterhaltungskünstler interessiert als für mich, mir wären persönliche Gespräche lieber gewesen als das "Happy-Birthday-Lied".

 

Nein, so eine Geschichte wollen wir nicht hören, denn wir können uns in dem einen oder anderen wieder finden, vor allem, wenn wir diese Geschichte mit unserer Beziehung zu Gott vergleichen. Für viele von uns ist die Biblische Geschichte langweilig - wir wollen sie nicht mehr hören; viele interessieren sich nicht für das, was Gott für uns getan hat - einen Gottesdienst feiern, das wollen sie nur, wenn etwas Tolles angeboten wird. Beten wollen sie, aber nur, wenn sie von Gott etwas erwarten. Gott danken, ihn anbeten, einfach bei ihm sein, weil er unser Gott ist, weil er uns alles gegeben hat, darüber denken sie nicht nach. Ich wünsche uns allen ein Leben, in dem auch Gedanken über Gott vorkommen, immer wieder vorkommen.

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

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Juni 2002

 

Gott unser Ratgeber?

 

Liebe Gemeinde,

stellen Sie sich vor, jemand hat ein schweres Verbrechen begangen, eine Straftat, wie z.B. ein Mord. Der Straftäter weiß nicht, was er tun soll, er will darüber mit jemandem sprechen. Wie werden die anderen reagieren?

 

Geht er zu einem Rechtsanwalt, der wird - je nachdem welche Einstellung er hat - ihm raten, niemandem etwas davon zu erzählen; evtl. wird von ihm die Hilfe angeboten, Spuren zu beseitigen und ein Alibi zu verschaffen. Geht der Täter zu einem Polizisten, muss er mit einer Inhaftierung rechnen. Geht er zu den Angehörigen oder Freunden des Opfers, dann können die Folgen sehr schlimm für ihn sein, er muss mit einem Racheakt rechnen. Geht er zu seiner Mutter, dann kann er vielleicht eine weinende und schreiende Person antreffen, welche die Frage stellt: "Was hast du, Junge, getan? Womit habe ich das verdient?" Geht er zu seinem Freund, dann kann er bestimmt mit seiner Hilfe rechnen, er wird ihm raten, die Ruhe zu bewahren und Mittel und Wege zu finden, die ihn aus der Klemme herausbringen. Geht er zu einem Psychologen, vom "Aufarbeiten von Schuldgefühlen" kann man dann hören.

 

Kommt Gott für einen Hilfe- oder Ratsuchenden in Frage? Wie reagiert Gott, wenn wir mit unseren Vergehen zu ihm kommen? Aus der Bibel kennen wir, dass die Reaktion von Gott davon abhängig ist, mit welcher Einstellung wir zu ihm kommen. Das Gleichnis vom barmherzigen Vater, das Jesus erzählt hat, lehrt uns, dass wir mit einem vergebenden Gott rechnen dürfen, vorausgesetzt dass wir mit Reue kommen, und auch mit dem Vorsatz: Ich werde dies nicht mehr tun! Einen Vater, der seinen Sohn umarmt, konnte der "verlorene Sohn" vorfinden, nur weil er mit der Einstellung kam: "Vater, ich habe gegen dich und gegen den Himmel gesündigt".

 

Selbstverständlich können wir Lösungen für all unsere Probleme in der Bibel nicht finden. Wir haben nicht nur mit unserer Schuld zu kämpfen, wir haben auch mit anderen, vielleicht betroffenen Menschen zu tun, mit Normen und Rechtsvorschriften. Es geht nicht immer darum, ob wir vor Gott schuldig geworden sind, sondern auch darum, ob wir vor einem menschlichen Richter bestehen können. Aber die Bibel kann uns eine große Hilfe sein. Sie gibt uns nicht immer konkrete Antworten auf konkrete Fragen; wir können auch nicht immer mit einem JA oder NEIN rechnen, aber dort finden wir Orientierung, Hilfe für die richtige Einstellung, womit wir diese Probleme angehen sollten. Die Anweisungen in der Bibel sind eher dafür da, uns für bestimmte Lebensstile vorzubereiten, als Lösungen für konkrete Probleme anzubieten. Wenn z.B. ein rücksichtsloser Jugendlicher mit seinem Auto mit 150 kmh durchs Dorf fährt, dann wäre er vielleicht nicht bereit, auf einen Rat zur Geschwindigkeitskontrolle zu hören, aber er wäre vielleicht bereit gewesen, wenn man ihn schon bei seiner Erziehung auf Gefährdung anderer Menschenleben auf den Straßen hingewiesen hätte. - Wenn der Patient tot ist, dann nützt es nicht mehr, über das Wirken eines Medikamentes zu diskutieren, dann kann man nur noch über die Beerdigung sprechen, aber zuvor hätte man vielleicht doch die Möglichkeit gehabt, heilende Medikamente zu finden. Aus der Bibel können wir erfahren, was Gott von uns Menschen erwartet, er, der uns geschaffen und alle Fähigkeiten gegeben hat. Nicht warten, bis es nicht mehr geht, sondern mit der richtigen Lebenseinstellung an das Leben herangehen - dazu hilft uns die Bibel, die Anweisung von Jesus und die Lehre der Kirche.

 

Wer in der Bibel eine Antwort sucht, der findet sie bestimmt. Aber wer eine Unterstützung für seine Entscheidung sucht, wer die Bestätigung für seinen Lebensstil sucht, der wird dies dort vielleicht nicht finden. Dort finden wir nicht unbedingt das, was wir wollen, sondern das, was Gott von uns erwartet. Wollen wir seine Stimme hören? Ist ER auch ein Ansprechpartner für uns, für unser Leben?

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer 

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Juli 2002

 

Schön, dass man ein guter Mensch ist,

schade, dass man kein guter Christ ist

 

Liebe Gemeinde,

beim Vorbereitungsgespräch zu einer Beerdigung höre ich immer wieder die Angehörigen sagen: "Er/Sie war kein guter Kirchgänger, aber ein guter Mensch". Damit wollen sie, dass ein guter Eindruck übermittelt wird und somit bei der Ansprache etwas Gutes über den Verstorbenen gesagt werden kann. Schön ist es, wenn jemand ein guter Mensch ist - aber ist es nicht schade, dass man nicht besser ist?  Wem wollen wir sagen, dass jemand ein guter Mensch war? Wenn es um Jesus geht, dann lautet die Frage: "Ist man ein guter Christ?" "Er war ein guter Mensch" diese Aussprache ist in Ordnung, aber kann man damit nach seinem Tod etwas anfangen? Ja und Nein, je nachdem was darunter zu verstehen ist, denn alles ist nicht allen und überall nützlich. Viele Fähigkeiten, Talente oder Eigenschaften nützen einem nur für bestimmte Zeiten und in bestimmten Bereichen. Was nützen z.B. einem Schriftsteller seine literarischen Fähigkeiten, wenn er einen Schiffbruch erleidet und nicht schwimmen kann? Ein Baby braucht z.B. eine liebevolle Frau als Mutter und keine z.B. in vielen Sprachen begabte Karrierefrau. Ein Arzt ist nur einem Kranken nützlich, der Hungrige braucht eher einen Koch als einen Künstler. Wer im Regen steht, der braucht einen Regenschirm, mit einem Buch kann er dann nicht viel anfangen, gleichgültig, wie gut es sein sollte. Was nützt es einer Familie, wenn ein Mitglied ein "Gassenengel" ist aber in der Familie ein "Hausteufel". Beliebt sein bei allen, hilfsbereit und engagiert in vielen Vereinen, geschätzt von den Kollegen, anerkannt vom Arbeitgeber - aber zu Hause eine Katastrophe? Auf dem Sterbebett ist die entscheidende Frage: War diese Person ein gutes Kind Gottes?

 

Viele Menschen unter uns sagen: Ich tue nichts Falsches, ich helfe, wo ich kann, ich bin doch ein guter Mensch! Ja, ein guter Mensch, aber kein guter Christ. Im Alltag nach der Lehre Jesu leben ist wichtig, aber das ist für uns Christen nicht alles. Christus, seine Person soll in unserem Leben eine wichtige Rolle spielen. Lieb und nett sein ist gut, ohne Sünde zu leben ist gut, anderen Menschen helfen, ist auch gut, aber das ist für uns Christen zuwenig. Wir benötigen die Person Jesu, ihn, der uns rettet, der uns erlöst.  Christ sein, religiös sein, ist mehr als nur gut sein, mehr als die Gebote Gottes zu halten, mehr als ab und zu zu beten und die Gottesdienste mitzufeiern. Auch wenn wir mit unserem Leben zufrieden sind, mit unserem Leben mit Gebet, mit unseren Taten der Nächstenliebe, mit der Ausübung von Gerechtigkeit - auch wenn wir mit all dem zufrieden sind, sollte dies nicht alles sein. Die wichtigste Frage für uns lautet: Wie ist meine persönliche Beziehung zu Jesus? Wie weit kenne ich ihn? Weiß ich, dass ich zu ihm unterwegs bin? Ein guter Mensch muss nicht unbedingt ein guter Christ sein; ein guter Christ ist immer ein guter Mensch, aber er ist noch etwas mehr.

 

Schön, dass man ein guter Mensch ist, schade, dass man nicht besser ist. Die Eltern wollen einen guten Sohn/eine gute Tochter haben, die Lehrer fleißige Schüler, die Firmen gute Arbeiter. Gott erwartet von uns, dass wir gute "Gotteskinder" sind. Schaffen wir das?

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

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Oktober 2002

 

Risiken und Nebenwirkungen

 

Liebe Gemeinde,

"Nach Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie die Menschen, welche die Freude im Leben verloren haben oder deren Angehörige, bzw. Bekannte, oder lesen Sie in den Biographien von Menschen, die ohne die Gebote Gottes gelebt haben". Dieser Satz - einen ähnlichen Werbespot aus dem Fernsehen kennen wir fast auswendig - sollte eigentlich auf alle Lebenseinstellungen und -gestaltungen hinführen, denn es gibt kaum einen Lebensstil, der total falsch ist, oder keine gute Seiten hat. Fast alles was man tut ist gut, zumindest für einige Menschen und für eine bestimmte Zeit. Das Problem ist nicht der Mangel an Wirkung, sondern die Schäden durch die Nebenwirkung.

 

"Nehmen Sie diese Tabletten, dann können sie essen und trinken was sie wollen, sie brauchen keine Diät zu halten, genießen Sie das Leben" - wir kennen diese oder eine ähnliche Werbung. Garantiert man auch, dass die Einnahme dieser Tabletten keine Schäden an den Organen verursacht? Ohne Diät das Leben genießen - aber nur für eine kurze Zeit - oder mit Verzicht ein längeres Leben führen. Nicht der Mangel an der Wirkung bestimmter Medikamente ist das Problem, sondern die Nebenwirkungen.

 

Viele - fast alle - Vorschläge die wir für unser Leben aus der Gesellschaft bekommen, sind an sich gut, aber sie haben meistens schlimme Folgen. Was für den einen gut ist, das schadet vielleicht einem anderen. Nehmen wir z.B. Freiheit: alles, was man ohne Rücksicht auf andere Menschen tun möchte, ist für den Betreffenden gut, aber die anderen müssen dadurch ihre Freiheit einschränken oder ganz darauf verzichten. Des einen Gewinn ist der Verlust des anderen; jeder Zusatzgewinn ist immer eine Zusatzbelastung für jemand anderen.

 

Religion sagt uns nicht, dass das, was uns Spaß macht, immer schlecht ist. Sie leugnet nicht, dass uns viele Angebote unserer Zeit und Gesellschaft Freude bringen. Aber, sie macht uns auf die Nebenwirkungen aufmerksam, auf das, was schlecht für unsere geistige Entwicklung ist oder anderen Menschen schadet. Sie sagt nicht, dass viele Vorschläge, die man als Lösung für die Probleme des Alltags in der Familie, in der Kindererziehung, im Beruf, in der Freizeitgestaltung bekommt, schlecht ist; sie sagt nur, dass wir, wenn wir nach diesen Vorschlägen unser Leben gestalten, eventuell in noch tiefere Probleme stürzen. Unsere Kirche möchte nicht, wenn sie bestimmte Lebensregelungen vorschlägt, unsere Freiheit einschränken, sondern uns nur vor größeren Gefahren schützen. Wenn man nur an sich denkt und nur nach seinen Vorteilen lebt, dann kann es sein, dass es einem für einige Zeit scheinbar gut geht, aber eines Tages fällt alles zusammen. Dann kann es eventuell zu spät sein, das Leben wieder in Ordnung zu bringen, es wieder in Griff zu bekommen. Die Medikamente haben jahrelang geholfen, aber nun ist die Lunge so kaputt, dass man "nichts mehr machen kann", das Beerdigungsinstitut ist dann der Ansprechpartner, nicht mehr der Arzt.

 

Die Botschaft der Bibel, das Leben von tausenden von Menschen, die vor uns nach der Lehre Jesu gelebt haben, macht uns auf die Nebenwirkungen von bestimmten Lebensstilen aufmerksam. Es kann sein, dass uns die Gebote oder Verbote der Kirche nicht gefallen, aber haben wir eine Alternative, die unser Leben retten kann?

 

"Nach Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie die Menschen, die nicht nach der Lehre Jesu leben, oder erfahren Sie aus dem Leben derer, die den Anweisungen der Religion nicht folgen, oder lesen Sie in der Bibel oder anderen religiösen Büchern"

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

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November 2002

 

Streit im Himmel?

Liebe Gemeinde,

"Fritzle kommt in den Himmel! Der liebe Gott sagt zu ihm, dass nur noch ein Platz frei ist. Fritzle freut sich, denn er braucht doch nur einen Platz für sich, aber als er sah, wo sich der Platz befand, war er mehr als wütend, denn sein Platznachbar war jemand, den er zu Lebzeiten auf der Erde überhaupt nicht leiden konnte. Gott versucht ihm klar zu machen, dass es im Himmel nur "seine Kinder" gibt und er, Fritzle, sollte doch mit seinem Nachbarn auskommen. Auf seine Frage hin, was ein solcher Verbrecher überhaupt im Himmel zu suchen hat, bekam er von Gott zur Antwort: "Ja, er war ein Verbrecher, aber er hat alles wieder gut gemacht, und mir geht es nicht darum, was einer war, sondern was einer ist!" Daraufhin wollte Fritzle lieber zur Hölle gehen, als bei so einem Platznachbarn zu bleiben. Gott erfüllte ihm diesen Wunsch, aber als er in der Hölle ankam, war sein Ärger grenzenlos, denn dort sah er nur Leute, die er nicht leiden konnte und dazu kam noch, dass auch sie ihn nicht leiden konnten. Hier erfuhr er am eigenen Leibe, was es heißt, in der Hölle zu sein! Nein, dachte er bei sich, ich verdiene diese Hölle nicht! Gott nahm ihn zurück und wollte ihm nun doch einen anderen Platz anbieten. Aber hier kennt Fritzle seinen Nachbarn überhaupt nicht, wie sollte er da mit ihm, einem Unbekannten, die Ewigkeit verbringen? Er geht zu Gott und beginnt zu argumentieren: "Da im Himmel keine Wünsche unerfüllt bleiben dürfen, hätte er noch eine Bitte: er möchte nochmals zurück zur Erde!" Und siehe da, er kam zurück zur Erde. Ihm ist inzwischen klar geworden, dass er hier auf der Erde versuchen muss, Freundschaften zu gewinnen, und zwar solche, welche auch im Himmel Bestand haben werden. Daher war er nun bestrebt, zu jedem nett zu sein, denn er wusste ja nicht, mit wem er dann im Himmel Zusammensein würde. Er wusste, es durfte nicht mehr vorkommen, dass er beim nächsten Mal wieder zur Hölle geht, nur weil im Himmel jemand sitzt, den er nicht leiden kann."

 

Woher wollen wir wissen, dass sich im Himmel so etwas abspielen kann? Wir wissen es nicht, aber eines wissen wir, nämlich, dass es im Himmel nur Menschen geben kann, die miteinander und mit Gott in Freundschaft leben können, sonst würde es zwischen Himmel und Hölle keinen Unterschied geben, denn wo Streit besteht, Hass und Unterdrückung, Machtstreben und Ausbeutung, dort kann kein Himmel sein. Wir wissen über den Himmel keine Einzelheiten, aber wir können uns doch vorstellen, was es dort bestimmt nicht geben wird: Streit!

 

Streit oder Meinungsverschiedenheiten sind hier auf dieser Erde kaum zu vermeiden. Jeder Mensch ist anders, die Einstellungen und Wünsche sind unterschiedlich. Der Interessenkonflikt ist vorprogrammiert, aber können wir nicht zumindest denken, dass es diese Auseinandersetzungen nur für eine gewisse Zeit geben darf? Es kann zwar so weit kommen, dass wir sagen müssen "nie mehr", aber dieses "nie mehr" heißt für uns Gläubige, für uns, die an das Leben nach dem Tod glauben, "vorläufig"!

 

Der Monat November, an dem wir besonders an unsere Toten denken und für sie beten, sollte für uns Anlass genug sein, auch über unser Leben nachzudenken und es dann so zu gestalten, dass wir nach unserem Tod nur von Freunden umgeben sind und keinen Feinden. Ist dies möglich? Wollen wir es nicht zumindest mal versuchen?

Es grüßt Sie

George Chelappurath, Pfarrer

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Dezember 2002

 

Selber tun!

Liebe Gemeinde,

kann man, auch wenn man viel Geld hat, alles kaufen, was man braucht?

 

Es gibt vieles, was andere für uns tun; einiges, weil sie uns gerne haben - das erlebt man am besten in der Familie oder bei Freunden; einiges können wir uns erkaufen - für uns wird etwas getan, weil wir dafür bezahlen. Einige haben die Möglichkeit, wegen ihrer Position, ihrem Beruf oder ihrer Situation, Menschen für sich arbeiten zu lassen - sie haben Bedienstete, Angestellte oder moderne Sklaven, die sie für sich arbeiten lassen. So können einige in Luxus leben, sie bekommen mehr, als ihnen zusteht. (Ob wir diese Situation "Ungerechtigkeit" nennen, oder als Nachteil bestimmter politischen oder sozialen Systeme betrachten, ist ein Thema für sich.) Aber es gibt einiges, was wir selber tun müssen, egal wie viel Geld man hat, egal wie viel Angestellte um einen herumstehen, egal in welchem Luxus man leben darf. So z.B. Sport oder Gymnastik für die Gesundheit - das kann uns niemand abnehmen, egal wie reich und einflussreich wir sind; lesen oder lernen für die geistige Entwicklung - das kann man nicht kaufen, das muss man selber tun. Auch wenn die Eltern ihren Kindern alles Mögliche anbieten - jede Menge Hilfsmittel - auch wenn der Staat alle Voraussetzungen dafür schafft, lernen müssen die Kinder selber.

 

Auch was man zum religiösen Leben benötigt, muss man selber erarbeiten - weder der Papst, noch die Bischöfe, noch irgendwelche Verantwortlichen in der Kirche können dies abnehmen. Beten müssen wir selber, das Gespräch mit Gott müssen wir selber führen. Die Gebote einhalten - auch das ist unsere Aufgabe. Tugenden wie Demut, Bescheidenheit, Geduld, Nächstenliebe usw. muss man selber praktizieren.

 

Kinder, die von ihren Eltern verwöhnt werden, die alles bekommen, was sie haben möchten, haben es schwer, von sich aus etwas zu tun. Am Computer zu spielen ist ihnen lieber, als ein Computerprogramm zu lernen; Fernsehen ist attraktiver, als mit Freunden ein kreatives Spiel zu organisieren. Ihnen fehlt die Motivation, selber etwas zu tun! Sie haben es auch schwer, eine gute Ausbildung zu machen und im Leben Fuß zu fassen. So sehen wir, dass die dritte Generation alles kaputt macht, was die erste Generation aufgebaut hat. Für diese Generation ist es auch schwer, etwas über Gott zu erfahren, denn auch das ist anstrengend.

 

Menschen, die alles für sich machen lassen, arbeiten lassen, die sich alles Mögliche leisten können, haben es schwer, in der Religion Fuß zu fassen, denn sie suchen nur das Bequeme, und darin kommt Religion nicht vor. So verstehen wir, warum Menschen, die unter schwierigen Lebensbedingungen leben, die hart arbeiten müssen, bessere Voraussetzungen haben, religiös zu sein, als jene, die in Saus und Braus leben.

 

Auf das Christkind warten - auch das muss man selber tun. Für eine Advents-Atmosphäre, dafür sorgen die Geschäftsleute; für die Weihnachtsstimmung, dafür sorgt unsere Gesellschaft mit allen möglichen Gebräuchen, Traditionen und Feierlichkeiten; Jesus in unserem Herzen empfangen, in unser Leben hereinlassen - das müssen wir selber tun. Seine Stimme hören - das müssen wir selber tun. Es wird bei uns Weihnachten, nur wenn wir bereit sind, etwas für dieses Fest selber zu tun - ein Gebet, Lesen der biblischen Geschichten, mitfeiern der Gottesdienste...

 

Eine besinnliche Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen allen 

George Chelappurath, Pfarrer

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